Zum zweiten Mal in Folge hatten Joko und Klaas in ihrer ProSieben-Duell-Show 15 Minuten Sendezeit bei ihrem Haus-und Hofsender gewonnen. Am Mittwochabend waren die Fans gespannt: Welchen TV-Stunt hatten sich die beiden Entertainer für ihren zweiten Streich überlegt, nachdem sie vergangene Woche einfach das RTL-Live-Bild abgefilmt hatten?
Doch diese Ausgabe von "Joko und Klaas Live" sollte einen ganz anderen Ton bekommen. Die beiden Entertainer hatten sich ein sehr ernstes Thema vorgenommen.
Tatsächlich traten Joko und Klaas in den 15 Minuten kein einziges Mal in Erscheinung. Klaas hatte diese sehr besondere (und, wie sich wenig später herausstellen sollte, sehr aufwühlende Sendung) kurz vor Beginn bei Twitter angekündigt, sprach von den "speziellsten 15 Minuten", die sie je gemacht hätten.
Begrüßt wurden die Zuschauer in einem düsteren Ausstellungsraum von Journalistin Sophie Passmann. "Diese Ausstellung ist nichts für Kinder und auch nicht für schwache Nerven", warnte sie die Zuschauer. "Es wird hart, es wird bitter, aber wir müssen da jetzt gemeinsam durch. Willkommen bei der Ausstellung 'Männerwelten'."
Was folgte, war eine 15-minütige Kampagne für Female Empowerment. Gegen ungewollte Sexualisierung, gegen Sexismus im Alltag, gegen Übergriffe auf der Straße, im Arbeitsleben, in der Freizeit. Es folgten Schilderungen und auch Bilder, die unter die Haut gingen.
So zeigte Moderatorin Palina Rojinski gleich zu Beginn ein Dick-Pic, das sie ungefragt zugeschickt bekommen hatte. Und nur wenige Sekunden später präsentierte sie eine ganze Galerie, von, wie sie es nannte, "Schwänzen." Dazu erklärte sie:
Übrigens: Das Verschicken von Dick-Pics ist strafbar.
Auch die Moderatorinnen Jeannine Michaelsen und Visa Vie kamen zu Wort, lasen diffamierende Nachrichten vor, die sie ungefragt von Männern zugeschickt bekommen hatten. So stand in einer Nachricht an Visa Vie: "Die lutscht bei jedem Rapper, damit sie Interviews bekommt."
Auch Influencerin und Model Stefanie Giesinger reihte sich ein, las aus ihren privaten Nachrichten vor: "Du bist kein Model, geh Playboy", hieß es da. Oder: "Meine Güte, das ist ein Klappergestell! Hat sie sich ihre Brüste amputieren lassen oder hatte sie noch nie welche?"
Collien Ulmen-Fernandes und Katrin Bauerfeind lasen im nächsten Ausstellungsraum Instagram- und Whatsapp-Chatverläufe vor, in denen Frauen sexuell erniedrigt oder beleidigt wurden.
ProSieben-Kolleginnen und deren Freundinnen berichteten danach von sexuellen Übergriffen im Alltag: Da war der Taxifahrer, der plötzlich die Hand auf den Oberschenkel legte, der Mitbewohner eines Freundes, der übergriffig wurde. Oder der Fremde auf der Straße, der anzügliche Sprüche abfeuerte. Für viele Frauen in Deutschland Alltag.
Diese in den 15 Minuten gezeigten "Männerwelten" würden auch nach dieser Sendung weitergehen, erklärte die Moderatorin. Abschließend nahm sie die Zuschauer noch mit in einen Raum, den Joko und Klaas zusammen mit der Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" realisiert hatten. Sie kuratierten die Ausstellung "What we were wearing", in der Frauen offenlegen, was sie während einer Vergewaltigung anhatten.
Minirock? Tief ausgeschnittenes Kleid? Nur Klischee-Denken.
Die Aufnahmen und die Stimmen der Frauen aus dem Off schnürten beim Anschauen und Zuhören die Kehle zu: "Ich trug ein dunkelblaues Top, Shorts, Sandalen, nicht einmal Make-up." Oder: "Ein Top und ein Shirt, nichts Besonderes. Ich hatte dieses Outfit schon hundertmal an."
Die Reaktionen der TV-Zuschauer? Grandios, wie diese Tweets zeigen:
Die Sendung beendeten Joko und Klaas übrigens mit einem schwarzen Banner: "Bis heute werden nur knapp 10 Prozent aller Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht."
(ab)