Tim Mälzer zog im Kochduell erneut den Kürzeren.Bild: RTL / Hendrik Lüders
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andrea zschocher
Die zwei Platzhirsche unter den Köchen sind zurück! Und auch die zweite Folge von "Mälzer und Henssler liefern ab" macht Lust auf gutes Essen und raubeinige Küchenchefs, die sich gegenseitig nicht das Schwarze unterm Fingernagel gönnen. Tim Mälzers Fokus während der Kochshow: sich als "kulinarisch gebildet" darstellen. Seine Meinung über Steffen Henssler? "Ich koche hier mit dem würzenden Atomkrieg Steffen, der mit Kanonen auf kulinarische Spatzen schießt." Die Kanonen treffen dabei aber fast immer ins Schwarze. Denn wie auch in der ersten Folge gewinnt der Mann, der vor allem für sein Sushi bekannt geworden ist.
Die Regeln sind auch in Runde zwei gleich: Beide TV-Köche haben 70 Minuten Zeit fürs Kochen und müssen anhand von Hinweisen, die als Foto, Text- oder Sprachnachricht über die gesamte Kochzeit in der Hamburger Küche eintrudeln, ihre Essensvision bestmöglich an die Geschmäcker der unbekannten Gäste anzupassen. Diesmal bekocht werden zwei Freundinnen mit ihren Kindern, die sie selbst als "picky eaters" bezeichnen, zwei Foodnerds mit, wie Henssler vermutet, toten Geschmacksnerven, ein Vater-Tochter-Gespann und die Belegschaft eines Chinarestaurants.
Essen vom Restaurant liefern lassen, um es dann ins Restaurant zu liefern
Der besonders Clou beim Restaurant: Tim Mälzer hatte, weil er davon ausging, dass er irgendwann leckeres asiatisches Essen brauchen könnte, die, laut Eigenaussage "beste Peking-Ente der Welt" im Dim Sum Restaurant bei seinem Freund bestellt. Natürlich ganz zufällig, wie wir alle glauben sollen. Was Mälzer nicht wissen konnte: Für eben jenes Restaurant sollte er kochen.
Mälzer und Henssler haben immerhin auch Spaß.Bild: RTL / Hendrik Lüders
Um zu verhindern, dass "Harakiri" in der Küche ausbricht, hatte Steffen Henssler vorgeschlagen, für die letzte Challenge nur eine Schale mit unterschiedlich vielen Gerichten zu kochen, statt eine weitere riesige Essenschlacht einzuläuten. Mälzer ließ sich darauf ein, die Kontrahenten wirkten in der letzten Runde allerdings nicht mehr selbstsicher, sondern vor allem gestresst.
Ein bisschen "Chicken- Scheiße"
Als dann noch "die Trümmertruppe" Revolverheld als Promigäste ins Restaurant spazierte und sich bekochen lassen wollte, lagen die Nerven blank. Kurzfristige Entscheidung aus Fairnessgründen: Die Band bekam die Peking-Ente, dafür musste kein Koch wertvolle Zeit mit dem Zubereiten weiterer Gerichte verbringen. Ein Fehler, wie Mälzer später einsah, denn sie hätten dem Restaurant, dass sie beliefern sollten, ja auch einfach das hauseigene Gericht servieren können. Stattdessen entschied sich Henssler für "ein bisschen Chicken- Scheiße" und Mälzer sich für Varianten, die für ihn "chinesisch" schmeckten.
Ein bisschen Rassismus war da natürlich schon dabei, im Ergebnis konnte sich die Belegschaft des Restaurants dann eher für Hensslers massentaugliches Gericht entscheiden.
Das war wenig überraschend, die gesamte Sendung über wurde klar, dass der Hamburger einfach mehr den Geschmack der Mehrheit trifft. Der Pinneberger Mälzer, der immer wieder damit kokettierte, dass er in seiner wilden Zeit vor allem als Elternschreck in Hamburg bekannt war, lag immer einen Hauch neben dem, was den meisten gefällt. Als sich die beiden Freundinnen mit ihren Kindern "ungewöhnliche" Essenskombinationen wünschten, überlegte Mälzer, wie groß die Erfahrungen bei den Bekochten im Bereich flavour pairing wirklich sind. Letztlich entschied er sich doch lieber für die sichere Bank, Salat mit Blüten, pürierte Gemüsesoße mit Nudeln und ein etwas besonderes Hühnerfrikassee. Mälzer war siegessicher. "Ich war immer drei Minuten schneller" als die Hinweise, es gab "nicht eine Minute Raum zum Zweifeln".
Hensslers Philosophie setzte sich durch.Bild: RTL / Hendrik Lüders
Und doch: Er konnte nicht überzeugen, lediglich seine Schoko-Avocado-Mousse wusste zu begeistern. Die gesundheitsbewussten Mütter, die in der Sendung behaupteten, ihre Kinder seien beim Essen wählerisch, würden grundsätzlich aber sehr gesund und vielfältig ernährt, waren dem optisch ansprechenderen Menü von Steffen Henssler sehr viel zugewandter. Ob das oberflächlich ist? Selbstverständlich. Denn ob das Essen wirklich besser schmeckte, spielte einfach weniger eine Rolle als das Aussehen. Das wurde zum einen in dem Moment klar, als eins der Kinder Hensslers Essen ausspuckte, zum anderem im Dialog der beiden Frauen, die darüber philosophieren, dass ihnen das Frikassee zwar sehr gut geschmeckt hatte, sie es aber aus rein visuellen Gründen nicht im Restaurant bestellen würden.
Mälzer in seiner Kochehre gekränkt
Mälzer war aufgrund der Bewertung extrem angefressen. "Mit der Visualisierung von Steffens Essen kann ich nichts anfangen. Ich habe schon Essen hinfallen lassen, das sah geiler aus", mopperte er. Der Koch wirkte ernstlich angegriffen. "Gob smacked", verblüfft, sei er, und überlegte, ob er nicht zu gebildet sei für diese Art des Kochens. Über die Bildung von Mälzer lässt sich wenig sagen, Fakt ist aber: In dem Moment, als ihm alles wumms wurde, und er für zwei Film- und Foodlover jede Menge Soulfood kochte, das scharf war und ob der Kalorien auch schnell mal zum Infarkt führen kann, bekam er fünf Punkte.
Der Grund: "Scheiß auf Intellekt, ich koche nach Bauchgefühl!", auch wenn er darauf nach eigener Aussage eigentlich gar keine Lust hatte. Nach dem ersten Hinweis schaute Mälzer nicht noch mal auf weitere Informationen, gab sich stattdessen bockig. Er fühlte sich in seiner Kochehre gekränkt.
Henssler feierte derweil die Niederlage seines Konkurrenten und orakelte, dass er ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen würde. "Man gesundet auch an seinen Niederlagen" schwadronierte Henssler, was logischerweise auf wenig Verständnis bei Mälzer traf. Bevor die Küche vor lauter Ego-Gehopse explodierte, kam Steven Gätjen als Streitschlichter um die Ecke. Mälzer und Gätjen scheinen sich wirklich zu mögen, denn der Moderator schaffte es mit Witz und Leichtigkeit, Mälzer aufzuheitern, auch wenn dieser sich zunächst beschwerte, Gätjen würde ihm "von Anfang an auf den Sack" gehen.
Steven Gätjen schaut vorbei.bild: RTL / Hendrik Lüders
Geschmacklich im Todesland
Dass Tim Mälzer die Runde mit seinem sehr scharfen Soulfood für sich entscheiden konnte, lag laut Steffen Henssler vor allem daran, dass die zwei Bekochten sich geschmacklich im "Todesland" befinden. Großzügig verwies er darauf, als "gestandener Fernsehkoch" diese Runde gar nicht gewinnen zu wollen. Als in der Bewertung für Tim Mälzer erwähnt wurde, dass einer der beiden Bekochten glaubt, in Mälzer sein "geschmackliches Soulmate" gefunden zu haben, ist der auferstanden aus seiner schlechten Laune und entschuldigte sich bei Henssler für seine "leichte bockige Zickigkeit".
Anschließend sollen die beiden Köche vegetarisch für ein Vater-Tochter-Gespann kochen. Henssler war davon schwer angenervt. Diese ganze "Veggie-Kacke" gehe ihm auf die Nerven. "Ich kann das nicht mehr hören", wütete er. Mälzer probierte mit einer Auswahl an Gemüse zu punkten, Henssler mit Erfindungen wie einem französisch-tunesischen Risotto. Am Ende konnte wieder mal er überzeugen und holte sich fünf Punkte für seine Lieferung. "Ich glaube", analysierte Tim Mälzer, "sein Trick ist, dass er nicht kompliziert denkt. Er hat gut gekocht, aber für mich ist das trotzdem Gelumpe."
Gelumpe für die Massen
Dieses Gelumpe ist es aber, was die Leute eben gern essen. Und bei der Zubereitung des Gelumpes und dem Sprüche klopfen in der Küche gucken wir eben gern zu. Deswegen scheint es, als seien weitere Folgen der Sendung geplant. Mehrfach waren Aufforderungen eingeblendet, man möge sich melden, wenn man sich von den beiden für die Sendung bekochen lassen möchte. Während Mälzer und Henssler also Gefahr laufen, wie sie selbst sagen, Freunde zu werden, kann sich Fernsehdeutschland auf neue Folgen von "Mälzer und Henssler liefern ab" freuen. Und vielleicht hilft die Sendung ja auch den Lieferdiensten dabei, ihre Arbeit auf ein neues Level zu heben. Das immerhin war einer der Grundgedanken, mit denen Mälzer laut eigener Aussage angetreten war.