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"Anne Will": Habeck weicht bei Finanzminister-Debatte aus – "Schattenboxen"

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SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Grünen-Vorsitzender Robert Habeck zeigen sich harmonisch bei Anne Will.Bild: screenshot ard
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Habeck weicht bei "Anne Will" aus: "Das ist alles Schattenboxen"

25.10.2021, 06:46
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Zwar waren mit SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und dem Grünen-Bundesvorsitzenden Robert Habeck zwei der drei Koalitionsparteien am Sonntagabend bei Anne Will vertreten, doch der Beginn der Sendung dreht sich um die, die fehlt. Verhandelt die FDP, die kleinste der drei Parteien, wirklich am Besten? Viele Umverteilungs- und Steuerentlastungsziele der SPD finden sich nicht im Sondierungspapier, die Grünen konnten ihr Tempolimit nicht durchsetzen und auch sonst wirkt der Verkehrssektor dünn. Wie viele Wahlversprechen stecken noch in der Ampel und reichen die Ideen im Sondierungspapier wirklich, um Deutschland zu modernisieren?

Diese Gäste diskutierten am Sonntagabend in der Sendung von Anne Will:

  • Olaf Scholz, Vizekanzler, Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat
  • Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen
  • Claudia Kemfert, Abteilungsleiterin Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung
  • Ursula Münch, Politikwissenschaftlerin
  • Rainer Hank, Wirtschaftsjournalist

"Alle Parteien sollen sich wiederfinden in dieser Regierung", sagt Scholz diplomatisch, so wie auch Habeck noch vieles im Verlauf der Sendung wohlüberlegt beantworten wird. Viele seiner Ideen seien in diesem Sondierungspapier – sozialer Wohnungsbau, stabiles Rentenniveau, Bekämpfung von Kinderarmut und natürlich der Mindestlohn von 12 Euro. "Ich bin mir sicher, das sieht auch Herr Habeck so", sagt er in Richtung des potenziellen Koalitionspartners.

Habeck zeigt sich genervt von FDP-Vergleichen und "Sandkastenspielchen"

Der allerdings scheint müde von ständigen Vergleichen mit der FDP zu sein: "Dieses 'Wer gewinnt, Wer verliert?', und dann macht man dieses Sandkastenspielchen, nervt mich fürchterlich," sagt Habeck, Scholz nickt. Es sei eine enorme politische Leistung, dass diese drei Parteien mit vielen verschiedenen Perspektiven – insbesondere die der FDP – auf dem Weg sind, gemeinsam eine Regierung zu bilden. Doch vieles, was die Grünen für den Klimaschutz durchsetzen wollten, findet sich nicht im Sondierungspapier, insbesondere auf das Tempolimit einigte man sich nicht.

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Grünen-Chef Habeck ist genervt von den ständigen Vergleichen mit der Verhandlungsbasis der FDP.Bild: screenshot ard

"Ich bin schon enttäuscht, weil ich glaube, das wäre drin gewesen", sagt Wirtschaftsprofessorin Claudia Kemfert. Das Tempolimit wäre ein Symbol gewesen. Zudem bemängelt sie, dass der Kohleausstieg im Jahr 2030 mit dem Zusatz "idealerweise" im Sondierungspapier genannt wurde, jedoch in Wahrheit bitter notwendig sei. Man werde die Ziele des Pariser Klimaabkommens damit nicht erreichen, warnt Kemfert. Habeck schüttelt nur den Kopf.

"Der Verkehrssektor ist der, der am meisten enttäuscht."
Wirtschaftsprofessorin Claudia Kemfert

Das Maximale habe die FDP aber auch nicht aus den Sondierungsgesprächen herausgeholt, findet Wirtschaftsjournalist Rainer Hank. Die Liberalen wollten Steuersenkungen, davon lese er aber nichts. Der FDP einen Gewinn zuschreiben, würde auch Politikwissenschaftlerin Ursula Münch nicht. "Das halte ich für übertrieben", sagt sie. Es sei doch nur ein Sondierungspapier.

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Politikwissenschaftlerin Ursula Münch ist nicht der Meinung, dass die FDP ein klarer Gewinner der Ampel-Sondierungen ist.Bild: sceenshot ard

Scholz und Habeck geben Fehler bei Steuerentlastungen zu

Scholz hat im Wahlkampf davon gesprochen, dass Reiche mehr Steuern zahlen sollten – im Sondierungspapier steht dagegen klar und deutlich, dass Einkommens-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuern nicht erhöht werden. Entlastungen für geringe und mittlere Einkommen konnte man noch nicht so schaffen, wie man das wollte, doch daran werde man weiterarbeiten und vertiefen – erneut ganz diplomatisch. Und: "Wir können den Klimawandel schon aufhalten mit unseren Maßnahmen," entgegnet Scholz Kemfert.

Ja, man habe bei Steuerentlastungen etwas verpasst, gibt auch Habeck zu. "Das ist nicht das grüne Parteiprogramm, aber wir sind jetzt mit einer Partei in der Regierung, die das anders sieht." Doch wieder beim Thema FDP, die fairerweise auch nicht alles durchgesetzt habe, was sie wollte: Der Soli bleibt, keine Entlastungen für Unternehmen, zählt Habeck auf.

"In dem Bereich Steuerpolitik ist keine große Bewegung, das muss man ehrlicherweise sagen."
Robert Habeck

Kemfert wirft ein, dass die hohen Energiepreise nun aber am meisten die Menschen mit niedrigen Einkommen belasten würden. Von einer Entschädigung, dem sogenannten Energiegeld der Grünen, lese sie nichts. Habeck grätscht dazwischen mit der Vermutung, dass der Begriff Sondierungspapier publizistisch noch nicht ganz verstanden wurde. "Das Sondierungspapier ist das Dokument, das man sich zutraut, einen Koalitionsvertrag zu schaffen", sagt er. Über alles, worüber man noch nicht gesprochen habe, werde man also noch sprechen. Die Abschaffung der EEG-Umlage sei der erste Schritt zur Entlastung. Eine vierköpfige Familie würde um 300 Euro entlastet werden, sagt Habeck, Scholz wiederholt es wenige Minuten später.

"Das ist die größte Modernisierungsaufgabe Deutschlands wie es sie zuletzt Ende des 19. Jahrhunderts geben hat."
Olaf Scholz

Denkt Habeck jetzt, anders als noch eine Woche vor der Bundestagswahl, dass Scholz ein Klimakanzler wäre, möchte Will wissen. "Wir werden gemeinsam eine gute Klimaregierung," geht Habeck der Frage diplomatisch aus dem Weg. Scholz lacht, gibt Daumen hoch. Dann sagt Habeck aber doch: "Wenn Olaf Scholz gewählt wird, wird er Klimakanzler sein – auch, weil wir in der Regierung sind."

Journalist: "Sie tun als könnte Deutschland den Klimawandel stoppen"

Dass die Grünen aber mit verpassten Klimaschutz-Maßnahmen im Sondierungspapier das größte Glaubwürdigkeitsproblem haben, gesteht Habeck ein. "Den Klimaschutz aber nur bei den Grünen abzuladen, entspricht nicht der Wirklichkeit", verteidigt er sich dennoch. Scholz stimmt zu, stichelt dann gegen seine noch aktuellen Regierungspartner und unterstreicht, dass eine weitere Beteiligung mit CDU und CSU diese Ziele nicht erreicht hätte. "Ist das jetzt nicht ein bisschen billig, dass jetzt nur der Union in die Schuhe zu schieben?", unterbricht Politikwissenschaftlerin Münch den Vizekanzler. Auch Wirtschaftsjournalist Hank scheint Scholz und Habeck deren gemeinsame Argumentationslinie nicht so abzukaufen.

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Wirtschaftsjournalistin Rainer Hank sieht die Argumentationslinie der Ampel-Koalierer zum Teil kritisch.Bild: screenshot ard

"Sie tun so, als könnte Deutschland den Klimawandel stoppen", sagt er zu Scholz und Habeck. Es brauche einen "internationalen Klimaclub" mit wechselseitigen Verpflichtungen. Das sei doch schon seit mehreren Jahren in Arbeit, unterbricht Scholz den Journalisten, er sei selbst immer dafür gewesen. "So, als hätte ich Sie schon gehört, habe ich mich dafür gesetzt", neckt Scholz. "Wie freundlich von Ihnen", entgegnet Hank. Man werde Vergleichsparameter entwickeln, so Scholz, das werde gegenwärtig weltweit diskutiert, und: Wenn in einem der wirtschaftlich stärksten Länder weltweit fortschrittlicher Klimaschutz gelinge, sei das "unser bescheidener Beitrag zur Welt, um zu zeigen, dass es geht."

Habeck zu Finanzminister-Debatte: "Das ist alles Schattenboxen"

Wills letzte Frage: Besteht Habeck auf das Klimaministerium mit Veto-Recht? Erneut antwortet er diplomatisch: Über die Sortierung der Klimapolitik, ob in einem Ressort oder nicht, würde man nachdenken, sobald es um die Ressorts geht – am Ende der Verhandlungen. Es gehe noch nicht um Personen und Positionen. "Das ist alles Schattenboxen", sagt Habeck. "Ich würde hier nie die Unwahrheit erzählen", legt er nach. Natürlich würde man Ressortmöglichkeiten abwägen, sagt Münch. "Da verhandelt man doch anders." Scholz grinst derweil – um sein Ressort streitet sich auch keiner mehr. Für die Bürger spiele das aber doch eine Rolle, ob Habeck oder Christian Lindner Finanzminister werde, sagt Hank. "Umso dringlicher wird's, dass Sie irgendwann sagen, wie es aussieht", findet er. Habeck stimmt ihm zu: "Ja, irgendwann."

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