Die Zahlen sprechen für sich. Laut Dr. Rüdiger Krech, dem Direktor für Gesundheitsförderung bei der WHO, kosten durch Rauchen verursachte gesundheitliche Schäden und Ausfallzeiten die Krankenkassen in Deutschland Jahr für Jahr 97 Milliarden Euro. Im Gegenzug nimmt der Staat etwa 15 Milliarden Euro an Tabaksteuer ein.
Die Weltgesundheitsorganisation forderte deshalb kürzlich, dass eine Schachtel Zigaretten in Deutschland 23 Euro kosten müsste. Auch weil der Anteil der Raucherinnen und Raucher in Deutschland im Vergleich zu den Nachbarländern hoch ist und die Politik relativ wenig tut, um das Rauchen einzudämmen. "WHO fordert 23 Euro pro Packung: Wie viel sollte eine Schachtel Zigaretten kosten?", fragte deshalb "Stern TV am Sonntag" unter der Leitung von Moderator Dieter Könnes.
Was eine spannende Diskussionsrunde hätte werden können, war aber über weite Strecken ein Austausch von populistischen Argumenten, da bei der Auswahl der Gäste offenbar auf maximale Konfrontation gesetzt wurde. Niemand war bereit, auch nur ein kleines bisschen nachzugeben oder Verständnis für das Gegenüber aufzubringen.
Zunächst war da die Kioskbesitzerin Margret Jonen aus Köln, die um ihren Umsatz fürchtet. "Das jetzt noch mehr hochzusetzen und den Kleinen noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, das ist Verarscherei", ärgerte sie sich, der Staat verdiene schließlich gut an den Rauchern. Die Leute, die bei ihr einkaufen würden, hätten ab dem 15. Tag des Monats kein Geld mehr, berichtete die Kioskbesitzerin weiter. "Sie kaufen auf Pump", sagte sie, ohne die Idee zu berücksichtigen, dass vielleicht gerade bei den Zigaretten ein gewisses Sparpotenzial besteht.
Zugeschaltet war Sebastian Frankenberger, der 2010 Initiator eines Volksbegehrens war, das zu einem Rauchverbot in der Gastronomie in Bayern führte. "Die Schachtel Zigaretten darf ruhig 50 Euro kosten", sagte Frankenberger provokant und belehrte dann Kioskbesitzerin Jonen von oben herab. Wenn das Business nicht mehr laufe, müsse sie sich eben etwas anderes überlegen.
Jonen war sichtlich wütend und wollte etwas sagen, doch das übernahm Mario Basler. "Den Mann kann man ja nicht ernst nehmen", schimpfte der frühere Fußball-Star, dessen Zigaretten-Konsum fast schon legendär ist. Erst Bayern, dann Deutschland, dann der Rest der Welt, ärgerte sich Basler mit Blick auf Frankenbergers Herkunft weiter, der Mann habe nichts verstanden. "Was soll denn dann ein Friseur kosten? Pauschal 100 Euro?", führte Basler ein unpassendes Beispiel an.
"Ich zahle mit meinen Steuern das Gesundheitssystem", entgegnete Frankenberger: "Das Rauchen kann gar nicht teuer genug sein." Während eine Schachtel Zigaretten in Deutschland derzeit sieben bis acht Euro kostet, liegt der Preis beispielsweise in Irland bei 15 Euro, auch in England, Frankreich oder der Schweiz ist das Rauchen teurer.
In anderen Nachbarländern sind Zigaretten jedoch billiger, weshalb der CDU-Bundestagsabgeordnete Sebastian Brehm befürchtete, dass bei einer Erhöhung des Zigarettenpreises die Zigaretten eben auf anderem Weg besorgt werden könnten, ohne dass der Staat daran verdiene.
Brehm, der selbst Raucher ist, verwies darauf, dass es auch schädlich sei, Bier zu trinken, Süßigkeiten oder Fleisch zu essen. "Dann müssten wir alle vegan leben", sagte er und bediente damit das derzeit von der CDU gerne verbreitete Narrativ, dass die aktuelle Regierung alles verbieten wolle.
"Aber dann Cannabis legalisieren…", schlug der Christdemokrat den Bogen zu einem anderen umstrittenen Thema. Was eine weitere Steilvorlage für Mario Basler war. "Wir kriegen in Deutschland ja nur noch Vorschriften gemacht", schimpfte "Super Mario", Deutschland sei zwar noch ein demokratischer Staat, aber mit Abstrichen: "Wir können alles kaputtmachen in Deutschland, dann gehen wir alle zum Arbeitsamt."
Die Ärztin Dr. Katharina Abbing zählte dann auf, welche gesundheitlichen Folgen durch Rauchen drohen. 90 Prozent aller Lungenkrebs-Erkrankungen gehen auf das Rauchen zurück, 65 Prozent aller Herzinfarkte. "Zigaretten müssen teurer werden", forderte sie, das eingenommene Geld müsse in Entwöhnungsprogramme investiert werden.
Letztlich war es eine bekannte Diskussion, die so ähnlich um den Klimaschutz oder das Tempo-Limit auf der Autobahn geführt wird. Es stehen sich zwei Lager unversöhnlich gegenüber, das eine fordert klare Regeln und verweist auf das Wohl der Allgemeinheit, das andere pocht auf die persönliche Freiheit.
"Wissen Sie, wie geil das ist, morgens einen Kaffee zu trinken und eine Zigarette zu rauchen?", fragte Basler in Richtung von Frankenberger. Der Nichtraucher-Aktivist konnte natürlich nur mit dem Kopf schütteln und lachen. Am Sonntagabend wurde zu später Stunde bei RTL ausschließlich aneinander vorbeigeredet, was sich auch in den sozialen Medien fortsetzte.
Auch beim zweiten Thema des Abends wurden nicht wirklich Ergebnisse erzielt. Basler, die vierfache Mutter Jennifer Schiegl, Cathy Hummels und Simon Gosejohann diskutierten mit Professor David Martin, einem Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, darüber, wie viel Zeit Kinder am Tablet verbringen sollten.
Während Corona habe sich die Bildschirmzeit verdoppelt, erklärte Martin, aber auch die Anzahl der psychischen Erkrankungen bei Kindern. "Ich habe so viele Haushalte gesehen, die keine Medien hatten. Die schaffen das auch", sagte der Mediziner und gab Eltern noch einen Ratschlag: "Keine Konsole vor neun, am besten nicht vor zwölf Jahren."
Zum Abschluss ging es noch um das Bilden von Rettungsgassen bei Unfällen. Dass dies oft nicht funktioniere und Rettungskräfte behindert würde, liege auch an dem "europäischen Flickenteppich", was die Regeln betreffe, erklärte der Polizeidirektor Stefan Pfeiffer.
In fast jedem europäischen Land gebe es andere Vorgaben zur Rettungsgasse, teilweise auch gar keine, so Pfeiffer. Hier müsse die EU dringend tätig werden und eine einheitliche Regelung schaffen, forderte der Polizist.