Die Sparkasse überweist bald in Echtzeit – 7 Fakten und 1 Risiko
09.07.2018, 20:06
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Eigentlich geht es ja schon. Seit November sind in Europa schon Überweisungen in Echtzeit technisch möglich. Solche Instant Payments versprechen: Kein langes Warten mehr aufs Geld, direkte Sicherheit beim Bezahlen.
Klingt gut? Bislang bot das in Deutschland nur die HypoVereinsbank (HVB) an. Am 10. Juli
folgen nun die Sparkassen. Und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die anderen Banken nachziehen.
Was heißt "Echtzeit"?
Bislang ist es in der Bankenbranche üblich, Überweisungen zu sammeln
und dann stapelweise abzuarbeiten. Auch Aufträge, die Kunden online
einstellen, werden in der Regel erst mit Zeitverzug ausgeführt.
Bei
Instant Payments versprechen die Anbieter, dass das Geld binnen zehn
Sekunden von einem Konto auf das andere Konto übertragen wird. Die
Bundesbank stellt klar: "Zahlungsdienstleister, die
Instant-Überweisungen anbieten, müssen rund um die Uhr an allen Tagen
des Jahres für die Abwicklung dieser Zahlungen erreichbar sein."
Seit wann gibt es Instant Payments?
In Europa sind seit dem 21. November 2017 die "SCT Inst" genannten
schnellen Überweisungen möglich. Noch am selben Tag testete die zum
italienischen Unicredit-Konzern gehörende HVB das System.
"Als wir
unsere erste Transaktion von Deutschland nach Italien in 2.5 Sekunden
abgewickelt haben, waren wir schon stolz", erinnert sich Gerhard
Bystricky, der bei der HVB führend für die Produktentwicklung im
Zahlungsverkehr zuständig ist. "
Auch heute werden mehr als 95 Prozent
der Instant-Payments-Überweisungen in weniger als drei Sekunden
durchgeführt." Seit dem 27. November können HVB-Kunden über das
reguläre Online-Banking Überweisungen in Echtzeit in Auftrag geben.
Was haben Kunden von Echtzeitzahlungen?
"Der große Vorteil bei Instant Payments ist: Anders als bei einer
Papierüberweisung oder einer herkömmlichen Online-Überweisung weiß
man direkt, ob das Geld angekommen ist. Denn die empfangende Bank
muss eine Bestätigung ausstellen", erklärt Ernst Stahl von der
Universität Regensburg, der wiederholt zu dem Thema geforscht hat.
Wer zum Beispiel sein altes Auto privat verkauft, muss bisher
zumindest das Risiko einkalkulieren, dass der Käufer nicht zahlt.
Würde das Geschäft via Echtzeitzahlung abgewickelt, hätte der
Verkäufer direkt die Gewissheit, dass das Geld auf seinem Konto ist.
Auch wer online shoppt, hat Vorteile: Je schneller der Händler das
Geld hat, umso schneller wird die Ware verschickt. Experte Stahl
sieht zudem großes Potenzial für Firmen: Ein Spediteur könnte bei der
Warenübergabe insbesondere an Neukunden im Ausland erst Bezahlung
fordern, ehe der Lastwagen entladen wird. Allerdings gilt bislang
eine Obergrenze von 15.000 Euro für Instant-Payments-Zahlungen.
Welche deutschen Banken machen noch mit?
In Deutschland war die HVB lange alleine auf weiter Flur, denn die
Teilnahme am Verfahren ist für Banken freiwillig. Somit waren die
Nutzungsmöglichkeiten von Instant Payments eingeschränkt: Denn
Echtzeitzahlungen funktionieren nur, wenn auch die Bank des
Empfängers diese anbietet. Vom 10. Juli an können es nun auch die
rund 50 Millionen Kunden der 385 Sparkassen in Deutschland nutzen.
Bringt der Markteintritt der Sparkassen den Durchbruch?
"Das ist ein ganz wesentlicher Schritt für den deutschen Markt",
meint Accenture-Experte Oliver Hommel. "Aber für einen echten
Durchbruch von Instant Payments wäre es notwendig, dass die anderen
Banken und Bankengruppen nachziehen."
Die Volks- und Raiffeisenbanken
wollen die technischen Voraussetzungen bis Ende November schaffen,
2019 soll es dann für deren Kunden losgehen. "Wir sind überzeugt,
dass langfristig, also in fünf bis zehn Jahren, Instant Payments die
normale Überweisung komplett ablösen wird, weil es für die Institute
keinen Sinn macht, zwei parallele Systeme anzubieten", sagt Hommel.
Wie sieht es in Europa aus?
Auch da ist noch Luft nach oben. Nach einer Übersicht von EBA
Clearing aus dem Juni bieten aktuell 22 Institute in 12 Ländern
Instant Payments an. Zählt man die Institute hinzu, die sich klar zur
Teilnahme an dem Verfahren positioniert haben, kommt man auf fast
1100 Zahlungsdienstleiter in 15 Ländern.
Der Zahlungsverkehrsraum
Sepa ("Single Euro Payments Area"), der Überweisungen, Lastschriften
und Kartenzahlungen grenzüberschreitend standardisieren und so
beschleunigen soll, umfasst 34 Länder mit insgesamt 4200
Zahlungsdienstleistern: Neben den 28 EU-Staaten sind Island,
Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz, Monaco und San Marino dabei.
Kostet der neue Service etwas?
Das hängt vom Kontomodell ab. Manche Sparkasse veranschlagt 50 Cent
je Transaktion - das sei "für das ganze Thema Instant Payments
natürlich nicht förderlich", sagt Experte Stahl.
Was passiert, wenn es Probleme bei Echtzeitüberweisungen gibt?
In einer Studie von 2016 warnen die Regensburger Wissenschaftler um
Stahl: "Im Falle einer unwissentlich oder versehentlich
durchgeführten Überweisung - wie es beispielsweise bei einem Hacker-
oder Phishing-Angriff passiert - kann die Transaktion nicht
rückgängig gemacht werden und der überwiesene Betrag ist verloren."
Banken versichern, bei Instant Payments sei es wie bei einer
herkömmlichen Überweisung möglich, einen irrtümlich transferierten
Betrag zurückzuholen. "Wenn ein falscher Betrag eingetippt wird, ist
das Geld erstmal weg. In einem solchen Fall kann der Kunde dann aber
einen normalen Überweisungsrückruf machen", sagt HVB-Mann Bystricky.