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Klima & Umwelt

Luisa Neubauer zu Klimaschutz und Inflation: "Dann fehlt das Geld für Bio-Essen"

Buchmesse Frankfurt. Luisa Neubauer, Aktivistin und Autorin, im Gespraech bei 3 SAT auf dem Blauen Sofa
Luisa Neubauer während der Präsentation ihres Buches "Gegen die Ohnmacht" auf der Frankfurter Buchmesse.Bild: imago / Hannelore Förster
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Luisa Neubauer zu Klimaschutz und Inflation: "Dann fehlt das Geld für Bio-Essen"

24.10.2022, 14:18
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Die aktuelle Inflation ist auch ein Problem für den Klimaschutz.

Im Rahmen der Gesprächsserie "Reden wir über Geld" der "Süddeutschen Zeitung" spricht Luisa Neubauer darüber, wie sich die steigenden Energiepreise und die Inflation auf den Klimaschutz auswirken. Wie sie im Interview erklärt, wird mit Geldsorgen das bundesweite Konsumverhalten klimaschädlicher: "Das Konsumverhalten, das sich gerade ändert, ist nicht per se nachhaltig und gerecht ohnehin nicht."

"Dann fehlt eben das Geld für Bio-Essen oder fair gehandelten Kaffee."
Klimaaktivistin Luisa Neubauer

Statt mit weniger Geld weniger zu konsumieren, verändere sich das Konsumverhalten, indem weniger auf Klimaschutz geachtet wird, sagt die 26-jährige Klimaaktivistin. "Dann fehlt eben das Geld für Bio-Essen oder fair gehandelten Kaffee."

Klimaschutz nicht nur als Projekt der Privilegierten sehen

Mit steigenden Lebenshaltungskosten nun Klimaschutz jedoch wieder nur zur Konsumfrage zu erklären und "als ein Projekt der Privilegierten" zu betrachten, lehnt Neubauer jedoch ab:

"Volkswirtschaftlich ist es das Teuerste, die Klimakrise auf uns zuwandern zu lassen. Uns weder auf die Katastrophen vorzubereiten, die wir nicht mehr vermeiden können, noch jene zu verhindern, die man vermeiden kann."

Im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung "reflektiert Neubauer die Privilegien, die ein finanziell abgesichertes Leben mit sich bringt. Darüber hat sie auch in ihrem neuen Buch mit ihrer Großmutter Dagmar Reemtsma diskutiert, die darin ihre Perspektive aus der Boomer- und Silver-Generation teilt.

Besonders durch die Gespräche mit ihrer Großmutter, die das Bewusstsein der Enkelin für Unrecht und die Zerstörung der Natur geprägt hat, habe sie verstanden, dass mit Privilegien auch Verantwortung mit einhergehe. "Auch weil ich Privilegien habe, kann ich machen, was ich mache", folgert Neubauer.

"Meine Großmutter und ich haben auf unterschiedliche Art die Erfahrung gemacht, dass Privilegien dazu verleiten, die Fehler im System nicht zu sehen", sagt Neubauer. So hätte sie ihre privaten Lebensumstände früher als normal angenommen. "Mit meiner Zukunftsperspektive, die mir als junge, gut gebildete Frau skizziert wurde, war ich bereit anzunehmen: Alle hätten mehr oder weniger das, was ich habe."

"Einige meiner Freunde fahren große Autos."
Klimaaktivistin Luisa Neubauer

Ökologische Konflikte auch im Freundeskreis besprechen

Wie sie betont, sei so eine Diskussion über Privilegien und ökologische Konflikte aber nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch im Freundeskreis wichtig zu führen: "Einige meiner Freunde fahren große Autos. Früher hätte ich probiert, denen das schlechte Gewissen auszureden", sagt Neubauer. Heute sei das jedoch anders, wie sie erzählt:

"Ich muss nicht um jeden Preis so tun, als würde es nicht alle angehen. In dieser Welt ist das Private nicht nur politisch, es ist auch planetar."

Im Privaten und im Freundeskreis Kritik zu Klimafragen konstruktiv anzubringen, sei ihrer Ansicht nach eine der großen Herausforderungen in diesem Jahrzehnt: "Jeden Konflikt, den die Regierung nicht löst, setzen wir im Privaten, in den Familien, in den Beziehungen fort." Mit Freunden müsse man sich da einen Weg bahnen, vor allem aber einander ernst nehmen, wie sie rät.

Um aber wirkliche Lösungen für die vielen unterschiedlichen ökologischen Konflikte, sowohl im Privaten als auch in der Gesellschaft, generell zu finden, müssten klarere Regeln im Klimaschutz her, wie die Fridays-for-Future-Aktivistin betont:

"Für mich ist Klimaschutz, der mit Regeln und auch mal mit Verboten arbeitet, etwas ganz Fundamentales, wenn es darum geht, Gesellschaften zusammenzuhalten."

Andernfalls würde die Gesellschaft immer mehr daran zerbrechen, statt sich gemeinsam dem Klimawandel stellen zu können.

Fridays for Future kritisiert Ampel: Schöngerechnet statt gut gemacht

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