Algen wecken bei vielen vielleicht zunächst Assoziationen mit einem Schwimmverbot, doch das glitschig-grüne Gewächs ist zugleich auch Superfood und Klimaretter. So halten Algen nicht nur als Lebensmittel und Heilpflanze her, sie sind oft auch in Naturkosmetika, Tierfutter und Dünger enthalten. Und nicht nur das: Das Multitalent ist auch ein hervorragender CO₂-Speicher und reduziert zugleich Methan.
Die Nachfrage nach Algen wächst, weshalb der Meeresbiologe Stefan Kraan in Buchten Irlands mithilfe einer sogenannten "Seaweed Company" erste Versuche unternimmt, die Bestände der Pflanze zu sichern und sie in Aquakulturen anzubauen.
Früher galt die Alge in Irland als Speise der armen Menschen. Heute wird ihr Geschmack insbesondere in der gehobeneren Küche geschätzt. Auch ihr hoher Jodgehalt tragen zu ihrer Beliebtheit bei. Zum Superfood katapultierte die Alge aufgrund ihres hohen Gehalts an Mineralien, Vitaminen, Spurenelementen, Proteinen und Antioxidantien – und das bei geringer Kaloriendichte.
Als Klimaretter ist seit 2021 die Rotalge bekannt. Im Futter von Kühen kann sie den Methanausstoß der Tiere um bis zu 98 Prozent senken, das zeigt eine australische Studie von 2021. Was die Kühe weniger pupsen und rülpsen lässt, ist das in der Rotalge enthaltene Bromoform – ein Molekül aus Brom-, Kohlenstoff- und Wasserstoff-Atomen. Bromoform schaltet dabei ein Enzym im Magen der Kuh aus, das Methan erzeugt. Die ultimative Lösung für unbekümmerten Milch- und Fleischkonsum ist die Alge dennoch nicht.
Die "Asparagopsis taxiformis" kommt nur sehr selten vor, hauptsächlich wächst sie an den Küsten der Südhalbkugel. Ein irisches Forschungsteam suchte deshalb eine heimische Algenart, die ähnliche Eigenschaften hat. Und tatsächlich: Sie fanden die "Asparagopsis armata", die der australischen, methanreduzierenden Alge ähnlich ist. Um den Methanausstoß von Kühen weltweit reduzieren zu können, bräuchte man allerdings massenweise Rotalgen.
Algenforscherin Simona Paolacci erklärte gegenüber dem SWR2:
Das Problem: Bromoform in hoher Konzentration. Wurden die Kühe mit den entsprechenden Algen gefüttert, ließen sich Rückstände davon in der Milch nachweise. Zum Verzehr geeignet ist sie somit nicht.
In Europa stammen 95 Prozent der Algenernte aus natürlichen Vorkommen aus Norwegen, Frankreich und Irland. Weltweit stammen 97 Prozent der geernteten Algen aus Aquakulturen. Die künstlichen Zuchtanlagen befinden sich an den Küsten von China, Indonesien, Südkorea und den Philippinen. Bis sie erntereif sind, benötigen Algen zwischen drei bis fünf Jahren. Um das Geschäft mit den Algen langfristig aufrechterhalten zu können, fordern "Ressource Scientists" einer irischen Algenfirma eine Strategie für eine nachhaltige Algenernte in Europa.
Algenfelder sind nicht nur ein wichtiger Lebensraum, sie senken auch das weltweite Vorkommen von Kohlenstoff. Um die Bestände zu sichern und die Alge weiter als Superfood und Klimaretter nutzen zu können, gibt es an der Küste von Galway in Irland deshalb erste Aquakulturen für den Anbau der Algen.
(sp)