Hast du schon mal etwas von Google Pixel gehört? Nicht? Komisch, dabei handelt es sich um die Smartphones des größten Tech-Unternehmens der Welt. Vielleicht liegt es daran, dass die Geräte trotz des Namens nicht allzu verbreitet sind. Bereits seit vier Jahren arbeitet Google daran, seine Smartphone-Sparte auszubauen. Mit bescheidenem Erfolg. Der Marktanteil in den USA liegt bei drei Prozent. Tauchen Googles Ableger in europäischen Statistiken auf, dann unter der Sparte "Andere". Der Anteil ist also zu klein, um ihn gesondert zu erwähnen.
Und trotzdem stellte Google kürzlich neue Geräte vor: das Pixel 5 und das Pixel 4a 5G. Eine beeindruckend bunte Präsentation für eher farblose Geräte. Technisch sind die Smartphones nicht herausragend, worauf wir später eingehen werden. Bisher scheint es nicht so als könne Google Konkurrenten wie Huawei, Samsung oder Apple auch nur erahnen, der Abstand ist schlicht zu groß. Künftig wird sich der auch nicht verkleinern. Dafür hat Google zu viele Fehler gemacht.
Viel zu spät. Das erste Pixel-Smartphone erschien im Oktober 2016, vor vier Jahren also. Recht spät, wenn man bedenkt, dass Apple bereits 2007 mit dem ersten iPhone-Modell an den Start ging. 2009 folgte Huawei. Samsung ließ nicht lange auf sich warten, setzte mit dem Galaxy S ein Jahr darauf nach. Die drei Unternehmen entwickelten sich zu Marktführern. Huawei lag Anfang 2020 sogar auf Platz 1, trotz dürftigen Starts und starker Konkurrenz. Google dürfte das aber nicht passieren.
Samsung, Apple und Huawei konnten über Jahre hinweg Vertrauen aufbauen, was an eine wachsende Fangemeinde mit sich brachte. Zeit, die Google fehlt. So gut die Technik auch sein mag, letztlich wird es schwer, jemanden zu überzeugen, auf einen neuen Smartphone-Anbieter umzusteigen. Wer etwa ein Samsung Galaxy nutzt, bleibt wahrscheinlich dabei – immerhin gibt es jedes Jahr Nachschub.
Bei Apple-Produkten ist die Hürde für einen Wechsel noch höher. Nehmen wir mal das iPhone: iTunes, iCloud und der eigene App Store sorgen für einen goldenen Käfig, Nutzerinnen und Nutzer sind quasi abhängig. Mit einem Wechsel zu einem Android-Gerät geben sie im Grunde alles auf, was sie über Jahre anhäuften.
Jetzt könnte man argumentieren, dass das Android-System unter dem Dach von Google entwickelt wird, weshalb Pixel-Smartphones Updates als erstes erhalten. So exklusiv das auch sein mag, Geräte anderer Hersteller bekommen sie genauso. Blöd, wenn ein Alleinstellungsmerkmal binnen kurzer Zeit verpufft.
Bis auf die Kamera. Google Smartphones machen stets gute Bilder, dafür sind sie bekannt. Das Pixel 4 hatte sogar bis dato eine der besten Kameras überhaupt. Gleich zwei Linsen auf der Rückseite, eine mit 16 Megapixeln und ein Weitwinkelobjektiv mit zwölf. Ein extra Chip für Bildverarbeitung ließ sogar Bilder bei schlechten Lichtverhältnissen hübsch aussehen. Dafür kostete das Gerät mit 749 Euro auch einiges – die XL-Variante mit, Überraschung, größerem Display, besserer Auflösung und stärkerem Akku, sogar 899 Euro
So versuchte Google, bei den Big Playern im Hochpreissegment mitzuspielen. Das iPhone 11 kostet 800, das Galaxy S10 900 Euro, das Huawei P30 sogar stolze 1000 Euro. Die verbesserten Varianten waren wesentlich teurer, die Preise sparen wir uns. Immer wieder orientierte sich Google an den beiden Smartphone-Giganten und lieferte die Kamera als Hauptargument. Leider ist das aber ein dürftiges.
In dem Punkt machte die Konkurrenz ebenfalls eine gute Figur, was für Google eher schlecht sein dürfte. Allenfalls eine kleine Zielgruppe, bestehend aus Fotografie-Nerds, dürfte die Kamera zum Kauf eines Pixel 4 bewegt haben. Die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher griffen weiterhin auf die üblichen Verdächtigen Samsung und Apple zurück.
Mittlerweile hat Google das verstanden. Zwar ist die Kamera beim kommenden Pixel 5 nach wie vor hochwertig: wieder zwei Module, wieder ein Weitwinkelobjektiv. Doch die restliche Technik bewegt sich eher im Mittelfeld, was das Gerät um einiges günstiger macht.
Keine Gestensteuerung, also steuern ohne direkten Kontakt, keine Gesichtsentsperrung. Darüber hinaus ein okayer Prozessor (Snapdragon 765G), okayer Arbeitsspeicher (8 Gigabyte), okayer interner Speicher (128 Gigabyte). Knapp 610 Euro soll es kosten. Damit weicht Google dem direkten Kampf mit Apple und Samsung aus.
Doch in der Preisklasse tummeln sich nicht nur die preiswerteren Vertreter, sondern auch Unternehmen wie der chinesische Elektronik-Hersteller Xiaomi, der mit seinen Kampfpreisen an Beliebtheit gewinnt. Und auch wenn Google für seine gute Kameratechnik bekannt ist – mittlerweile verbauen die meisten Hersteller vier Module, das Xiaomi Mi Note 10 für 549 hat sogar fünf und konnte bereits in Tests überzeugen. Ob da das "die macht tolle Bilder wegen der Software"-Argument zieht, sei dahingestellt.
Und was für eins. Klar, die meisten werden die Google-Suchmaschine nutzen. Sie ist beinahe konkurrenzloser Marktführer. Finanziert wird das Unternehmen mit Werbung, personalisierter Werbung. Entsprechend gilt das Unternehmen als Datenkrake, über den Außenstehende quasi nichts wissen.
Es brauchte Zeit und das Drängen Dritter, etwa der Europäischen Union, bis Google überhaupt offenlegte, welche Informationen es über seine Nutzerinnen und Nutzer sammelt. Auch können wir das Tracking pausieren. Ein wichtiger Schritt, auch wenn er spät kommt.
Denn seinen schlechten Ruf trägt das Unternehmen weiterhin. Es ist irgendwie unangenehm, wenn wir nach dem Shoppen die Anfrage bekommen, ob wir eine Bewertung für den eben besuchten Laden abgeben wollen. Oder wenn wir Werbung zu Produkten auf dem Smartphone sehen, die wir uns vor wenigen Minuten auf Amazon angeschaut haben.
Natürlich hängt das mit den Android-Apps auf unserem Smartphone zusammen. Aber zum Kauf eines Smartphones, von dem Hersteller, der quasi alles über einen weiß, können derlei Anfragen wohl kaum motivieren. Und das, obwohl das für alle Android-Nutzer gilt und sich abstellen lässt. Die Funktion ist ja mit dem Google-Konto verknüpft, nicht mit dem Smartphone. Der Datenkrake bleibt in vielen Köpfen präsent.
Nun, das Pixel 5 sowie das Pixel 4A 5G werden wahrscheinlich nicht das goldene Smartphone-Zeitalter für Google einläuten. Dem Konzern wird es trotzdem nicht schaden, so viel ist sicher. Haupteinnahmequelle ist und bleibt die Software-Sparte. Die Suchmaschine, YouTube oder Android sind nur ein paar Beispiele. Die Hardware sorgt im Vergleich zu den Einnahmen daraus höchstens für ein kleines Taschengeld.
Warum Google aber weiterhin daran festhält, lässt sich nicht wirklich erklären. Vielleicht Leidenschaft, vielleicht Selbstkasteiung. Vielleicht will das Unternehmen aber auch Samsung, Apple und Huawei eins auswischen. In Anbetracht des Erfolgs läuft der Schlag aber ins Leere.