"Corona ist gar nicht gefährlich", "das Virus ist nicht schlimmer als eine Grippe", "die Corona-Maßnahmen sind völlig überzogen". Das sind Sätze, die wir in letzter Zeit häufig gehört haben. Vor allem auf Demos gegen die Corona-Maßnahmen wurden sie verbreitet. Aber nicht nur die sogenannten "Querdenker" und radikale Impfgegner vertreten diese Meinung, auch andere Menschen werden zunehmend skeptisch.
Der Virologe Hendrik Streeck gilt als einer der Experten, der sich immer wieder kritisch zum Umgang mit der Corona-Pandemie geäußert hat. Zuletzt plädierte er für einen Strategiewechsel. Man solle sich bei der Bewertung der Pandemie nicht allein auf die Infektionszahlen stützen, sagte er in einem Interview.
Gegenüber der Deutschen Welle (DW) äußerte sich Streeck nun zu den häufigsten und am weitesten verbreiteten Corona-Mythen. Die meisten Aussagen weist er als Irrglaube entschieden zurück. Nur bei einem Thema gibt er den Corona-Kritikern teilweise recht.
"Das stimmt nicht", weist Streeck die Behauptung zurück. Aus allen Studien würde klar hervorgehen, dass das Coronavirus "eine höhere Sterblichkeit hat als die saisonale Grippe". In seiner Studie im Kreis Heinsberg habe er mit seinem Team herausgefunden, dass Covid-19 "mindestens viermal gefährlicher ist als eine saisonale Grippe". Man müsse das Virus also ernst nehmen. Gleichzeitig mahnt er aber, man dürfe es nicht überdramatisieren.
Auch diese Aussage weist Streeck gegenüber der DW zurück. Es gebe sehr wohl Corona-Tote in Deutschland. Dass die Zahlen in den USA und in Italien so viel höher sein, liege daran, dass sich das Virus dort wesentlich schneller ausbreiten konnte. "Das Virus ist dort in Bereiche reingekommen, wo Patienten oder Menschen ein hohes Risiko haben, daran zu versterben. In Deutschland haben wir es geschafft, diese Bereiche freizuhalten", analysiert Streeck.
"Beide Thesen sind eindeutig falsch", hält Streeck dagegen. Eine Impfung greife nicht in das humane Genom, also in die DNA, ein. Auch RNA-Impfstoffe, die als Antigen wirken, können demnach nicht in die DNA eingreifen, weil dazu das Enzym im menschlichen Körper fehle, erklärt Streeck.
Von der These, dass die Pharmaindustrie nur daran verdienen möchte, hält er auch wenig. Dafür lohne sich das Geschäft mit den Impfstoffen zu wenig. Denn "was die Krankenkassen jedes Jahr für Impfstoffe ausgeben, ist nur 0,3 Prozent des Budgets im Vergleich zu dem, was wir für Medikamente ausgeben". Das Impfstoff-Budget sei also "wirklich sehr gering".
Es sei bekannt, dass die AHA-Regeln (Abstand halten, allgemeine Hygiene und Alltags-Maske tragen) Wirkung zeigen, betont Streeck. Außerdem hätten diese Maßnahmen den Effekt, dass Menschen – wenn sie sich anstecken – einen milderen Krankheitsverlauf erleben. "Wenn man viele Viren aufnimmt, hat man eine schwere Symptomatik, wenn man wenig Viren aufnimmt, hat man nur eine leichte Symptomatik. Die Dosis macht das Gift."
Die AHA-Regeln würden also dazu führen, dass im Falle einer Infektion die Wahrscheinlichkeit für eine hohe Dosis geringer ist.
"Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieses Coronavirus in einem Labor generiert wurde", meint Streeck. Der Versuch, solche Viren zu generieren, sei viel zu gefährlich. Deswegen würden solche Forschungsstränge seines Wissens nach überhaupt nicht verfolgt. Labore, wie die in China, hätten außerdem Hochsicherheitsschleusen, die es quasi unmöglich machen, ein Virus versehentlich nach draußen zu schleppen.
Allerdings gibt er zu bedenken, dass man das nicht beweisen könne. "Genauso wie man das Gegenteil nicht beweisen kann."
Diesem Statement widerspricht Streeck nicht so deutlich, wie den anderen. "Es ist nach der Statistik richtig, dass junge und fitte Menschen keine oder nur milde Symptome haben", gibt der Virologe zu. Und fügt hinzu: "Es kann aber immer sein, dass auch junge Menschen und fitte Menschen sehr schwere Symptome haben oder sogar daran versterben." Das hätten Fälle bereits gezeigt. Es ist also durchaus mit einem Risiko verbunden, sich auf die Statistik zu verlassen.
(lau)