Zusammengekauert liegt man seit Tagen mit Husten und Fieber im Bett. Das ärztliche Attest für die Arbeit liegt bereits auf dem Tisch, bereit zum Verschicken. Und plötzlich der Schock: Im Briefkasten steckt ohne Vorwarnung die Kündigung. Ist das wirklich erlaubt und ist die Kündigung in diesem Fall rechtskonform?
Viele Arbeitnehmer:innen leben in dem Irrglauben, dass sie durch eine Krankschreibung für eine gewisse Dauer vor einer Kündigung geschützt sind. Doch das ist nicht der Fall: Nach deutschem Arbeitsrecht ist dies ordentlich und außerordentlich grundsätzlich rechtens. Die Wirksamkeit hängt aber von unterschiedlichen Faktoren ab.
Wenn der Arbeitnehmende unter besonderem Kündigungsschutz steht, kann die Entlassung nur aus ganz bestimmten Gründen erfolgen. Wenn der Mitarbeitende die Probezeit von sechs Monaten überschritten hat und mehr als zehn Arbeitnehmer:innen im Unternehmen beschäftigt werden, dann greift der Schutz. Unter diesen Umständen kann der Mitarbeitende auch nach einer Abfindung nach der Kündigung fordern.
Es gibt aber Gründe, vor denen auch der Kündigungsschutz nicht bewahrt:
Die Krankheit selbst kann auch einen personenbedingten Kündigungsgrund darstellen. Zu den Gründen zählen wiederholte Kurzerkrankungen, Langzeiterkrankungen, Minderung der Leistungsfähigkeit durch die Krankheit oder dauerhafte Arbeitsunfähigkeit.
Hierfür müssen laut der Anwalt-Plattform "advocado" auch bestimmte Kriterien erfüllt werden, damit die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Zum einen muss eine negative Prognose festgestellt werden. Das bedeutet, dass auch zukünftig weitere Krankheiten des Arbeitnehmers zu erwarten sind.
Außerdem muss der/die Chef:in beweisen, dass die Krankheit die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens gefährdet – beispielsweise Planungsunsicherheit oder Beeinträchtigung des Betriebsablaufs. Zusätzlich muss eine Interessenabwägung veranlasst werden. Hier wird geprüft, ob der Arbeitnehmende weiter beschäftigt werden kann, ohne den Arbeitgebenden zu belasten.
Viele Angestellte stellen sich die Frage: Werde ich während meiner Krankheit weiterhin normal bezahlt? Bei einem gültigen Arbeitsverhältnis wird der Lohn bei Erkrankung für sechs Wochen weiterhin bezahlt. Dabei spricht man von einer Entgeltfortzahlung. Danach wird der Mitarbeitende mit dem Krankengeld von der Krankenkasse vergütet – also der geringere Betrag aus 70 Prozent vom Bruttolohn oder 90 Prozent vom Nettolohn.
Falls dem Arbeitnehmenden vor dem Ablauf der sechs Wochen gekündigt wird, so endet auch die Entgeltfortzahlung mit Beschäftigungsende. Bei einer Kündigung wegen Krankheit läuft es anders ab: Hier muss der Lohn trotz Ende des Arbeitsverhältnisses für sechs Wochen gezahlt werden.
Kündigungen während Krankschreibung oder krankheitsbedingte Kündigungen sind also nach dem Gesetz rechtens. Doch das bedeutet nicht sofort, dass sie auch wirksam sind. Wenn der Arbeitgebende gesetzliche Vorgaben nicht beachtet hat, darf der Arbeitnehmende Widerspruch einlegen.
Bevor du deine:n Chef:in mit Anrufen und der Frage "Warum?" bombardierst, solltest du geschickter vorgehen: Wenn dir während einer Krankheit oder krankheitsbedingt gekündigt wird und du an der Wirksamkeit zweifelst, dann solltest du dir Rechtshilfe holen. So kannst du deine Kündigung prüfen lassen und dich über mögliche Optionen bei der Anfechtung beraten lassen. Denn du kannst entweder mit einer Kündigungsschutzklage widersprechen oder über eine Abfindung verhandeln.