
Das Problem mit gemütlichem Durcheinander: wenn dein Kopf vollauf mit Krempel beschäftigt ist, kann das mental belastend werden.Bild: E+ / Alex Potemkin
Analyse
Sich um möglichst wenig Kram kümmern zu müssen, ist eine Hoffnung, die viele Menschen zum Minimalismus treibt. Deshalb baten wir eine Expertin um Tricks für Student:innen und Azubis, die genug vom Chaos haben.
06.05.2025, 08:0206.05.2025, 08:04
So gemütlich der "Cluttercore"-Trend aussieht, zuweilen ist das Gewimmel im WG-Zimmer oder der eigenen Küchenschublade vor allem eins: Nervtötend.
Den Kopf auszuschalten, obwohl im Umfeld Chaos herrscht, fällt nicht allen Menschen leicht. Doch wer sich für Minimalismus entscheidet, landet oft bei teuren Ordnungssystemen aus Plastik oder Tipps, die in der WG null Komma null nützen, wenn nicht alle mitziehen.
Wie funktioniert Minimalismus in der ersten Wohnung? Und wie lässt sich Ordnung in der WG halten, am besten ohne zusätzliche Kosten?
Angela Straßburger ist Aufräum-Expertin, hat ein Buch zum Thema verfasst ("Weniger Zeug, mehr Freiheit", mvg Verlag) und stellte für watson Tipps zusammen.

Angela Straßburger ist Aufräum-Expertin.Bild: privat / Nina Wellstein
Ergibt Minimalismus schon im ersten eigenen Haushalt Sinn?
Zwar würde Minimalismus "oft als etwas gesehen, das man erst entdeckt, wenn sich zu viel Zeug angesammelt hat", aber "gerade wenn du frisch in deinen ersten eigenen Haushalt ziehst, kannst du es dir so viel leichter machen", ist Angela überzeugt.
Denn jedes Teil, das du besitzt, "nimmt mentale Energie in Anspruch." Wie schwer das wiegt, merkt man spätestens beim Umzug. Auch im übertragenden Sinn. Die Expertin führt aus:
"Wer schon mal mit zu viel Zeug umgezogen ist, weiß, wie belastend das ist. Kisten schleppen, Schränke auseinanderbauen, tausend Kleinteile verstauen, nur um nachher festzustellen, dass man vieles davon gar nicht wirklich nutzt."
Neue Ausbildungsstätte, Studienwechsel oder Auslandssemester machen Umzüge in den 20ern nicht selten. Dann ist es besser, wenn man keinen Keller voller Krempel hat. "Weniger Besitz gleich mehr Freiheit", sagt Angela. "Warum also nicht von Anfang an bewusst auswählen, was in dein Leben darf? Minimalismus ist eine Entscheidung für mehr Leichtigkeit und Flexibilität."
Ich lebe in einer WG – wie setze ich Minimalismus da um?
Das Dilemma mit der Wohngemeinschaft sei "ein Klassiker", sagt Angela. Mit Glück kannst du alle von deiner Idee begeistern, in dem du beschreibst, "warum DU gerne mehr Ordnung möchtest." Vielleicht lässt sich auf dieser Basis ein Grund-Level an Ordnung vereinbaren (zum Beispiel Jacken im Flur aufhängen, alles Geschirr direkt in den Spüler), ohne dass es nach Vorschrift klingt.
Scheinen deine Mitbewohner:innen aber "in einem ganz anderen Film zu leben", rät Angela sich auf die Bereiche zu konzentrieren, die du in der Hand hast: "Dein Zimmer ist dein Safe Space – gestalte es minimalistisch und funktional." Auch in den Gemeinschaftsräumen wie Bad, Küche und Flur sei es möglich, "Mini-Zonen" zu schaffen:
"Wenn du zum Beispiel in der Küche oder im Bad eine Schublade für dich hast, kannst du dort dein eigenes Ordnungssystem umsetzen. Dort ist dann ganz klar deine organisierte Zone."
Kein Geld für Organizer: Gibt es kostenlose Ordnungssysteme?
Auf Social Media wird Organizing oft mit ausgeklügelten Systemen in geräumigen Häusern dargestellt, doch "ehrlich gesagt ist es oft sogar effektiver, wenn man das nutzt, was schon da ist", glaubt die Aufräum-Expertin und erläutert die drei wichtigsten Organizing-Tipps:
- Weniger Zeug bedeutet weniger Chaos: Der beste Ordnungs-Hack ist, erst zu reduzieren. Je weniger du hast, desto weniger musst du wegräumen.
- Richtiges Kategorisieren: Der Schlüssel zur Ordnung ist, einen festen Platz für deine Sachen zu finden. Wenn du Kategorien aufstellst (Sport, Lehrmaterial, Hobby), kannst du besser abschätzen, wie viel Platz die jeweiligen Kategorien benötigen.
- Upcycling statt Neukauf: Anstatt Plexiglas-Boxen zu kaufen, kannst du alte Schuhkartons, kleine Gläser oder Dosen als Stauraum nutzen (auch clever: ein alter Bilderrahmen wird mit Drähten zum DIY-Schmuck-Display).

Bild: mvg Verlag
Angela macht nochmal deutlich: "Du brauchst keine Pinterest-Küche mit perfekt beschrifteten Glascontainern, sondern eine durchdachte Struktur, die für DICH funktioniert."
Welche Angewohnheiten sollte man im ersten Haushalt entwickeln?
Das Fiese im Haushalt ist: Ordnung hält sich nicht von allein. "Das Chaos baut sich langsam auf – ein Tag keine Lust, dann ein paar Tage Stress, und plötzlich stapeln sich Dinge überall", weiß auch die Minimalismus-Expertin. Deshalb lohne es sich, gleich von Anfang an Routinen zu entwickeln, erklärt sie:
- Jeden Tag eine Mini-Aufgabe, statt Putz-Marathons. Viele denken, Ordnung und Sauberkeit bedeuten stundenlange Putzsessions am Wochenende. Das sorgt für Frust. Stattdessen nimm dir jeden Tag fünf bis zehn Minuten, um eine kleine Aufgabe zu erledigen: Nach dem Kochen direkt die Küche aufräumen, statt "später". Jeden Abend vor dem Schlafengehen den Couchtisch freiräumen.
- Die meisten Menschen haben viel mehr Dinge, als sie nutzen. Frage dich regelmäßig: Nutze ich das? Oder habe ich es nur "zur Sicherheit"? Würde ich es nochmal kaufen? Falls nein, warum bewahre ich es auf? Wenn du dir angewöhnst, Dinge loszulassen, wirst du nie in einer Wohnung voll "hätte, könnte, sollte"-Besitz ersticken.
- Einer der größten Gründe für Unordnung ist, dass Dinge keinen festen Platz haben. Wenn du nicht weißt, wo etwas hingehört, landet es irgendwo. Die Lösung: Jedes Ding bekommt seinen eigenen Platz. Schlüssel? Eine Schale am Eingang. Ladekabel? Eine Schublade. Kosmetik? Ein Platz im Bad, statt verteilt auf Taschen.
- Die größte Unordnung entsteht durch das "Ich lege es kurz hier ab"-Phänomen. Du hältst etwas, aber hast keine Lust, es jetzt an seinen Platz zu bringen – also landet es irgendwo. So entstehen Stapel. Ein Trick dagegen ist die One-Touch-Regel: Wenn du etwas in die Hand nimmst, bring es dorthin, wo es hingehört. Statt die Jacke über den Stuhl zu werfen, hänge sie direkt in den Schrank. Statt die Post auf den Tisch zu legen, öffne sie und entscheide direkt, was in den Müll kommt. Wenn du diese Regel konsequent anwendest, brauchst du nicht mehr extra aufräumen.
- Bewusst konsumieren – nicht alles, was schön aussieht, muss bei dir einziehen. Bevor du etwas Neues kaufst, frage dich: Habe ich dafür einen festen Platz? Wo? Brauche ich es wirklich? Ersetzt es etwas oder kommt es als zusätzliches Ding in mein Zuhause? Wenn du von Anfang an bewusst wählst, was in deine Wohnung kommt, musst du später nicht ausmisten.
Welchen Ordnungs-Trick hättest du gern selbst mit 20 Jahren gewusst?
"'Jedes Ding, das du besitzt, besitzt auch dich.' Das ist weniger ein Trick, als eine Weisheit", meint Angela:
"Jedes einzelne Teil fordert etwas von dir: Es nimmt Platz ein, braucht Pflege, sammelt Staub. Ich hätte mir gewünscht, dass mir früher klar gewesen wäre, dass mehr nicht gleich besser ist, sondern oft nur mehr Verantwortung bedeutet."
Es fiele uns schwer, Dinge loszulassen, weil wir Angst hätten, das Weggeben später zu bereuen oder dass mit dem Gegenstand auch eine Erinnerung verloren ginge.
Dabei sei Loslassen auch "Freiheit", macht Angela deutlich. "Freiheit von der mentalen Belastung. Freiheit von dem Gefühl, dass dein Zuhause dich erdrückt." Sie rät:
- Besitze weniger, aber besser. Investiere in Dinge, die dir wirklich dienen und Freude machen, statt in Impulskäufe, die Platz und Geld fressen.
- Erfahrungen statt Dinge. Die besten Erinnerungen entstehen nicht durch Besitz, sondern durch Erlebnisse. Investiere in Erinnerungen.
- Sei mutig beim Loslassen. Dein Wert, deine Identität und deine Zukunft hängen nicht an den Dingen, die du behältst. Lass los, was dir nicht dient. Fang klein an. Ein Gegenstand, eine Schublade, eine Kiste – kleine Schritte bringen dich sicherer zum Ziel.
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