Kürzer und kälter duschen, stromsparende Geräte kaufen und im Winter weniger heizen: Die gängigsten Energiespartipps kennen wir inzwischen wohl alle – auch dank Bundeswirtschaftsminister Robert Habecks Presseauftritten. Dabei gibt es, zumindest was den Kostenfaktor betrifft, jetzt eine Möglichkeit, ganz einfach und unkompliziert pro Monat weniger für den eigenen Stromverbrauch zu zahlen.
Denn ab dem 1. Juli fällt die EEG-Umlage weg. Der Grund? Der Staat finanziert diese Vergütung für erneuerbare Energien an die Stromkonzerne ab sofort komplett selbst. "Das bedeutet 3,7 Cent pro Kilowattstunde (kWh) weniger Abgaben, inklusive Mehrwertsteuer sogar 4,4 Cent", verrät der Chefredakteur und Geschäftsführer des Verbraucherportals Finanztip, Hermann-Josef Tenhagen, im Wochenmagazin "Spiegel".
Da die EEG-Umlage schon zum 1. Januar dieses Jahres bereits das erste Mal gesenkt wurde, müsse der Strom für Bestandskunden gegenüber dem Vorjahr allein durch den Wegfall der EEG-Umlage nun um rund ein Viertel billiger geworden sein, um insgesamt 7,7 Cent pro kWh. Dies könnte jeden Monat einen Betrag von rund 10 oder 20 Euro ausmachen.
Die Berliner Stadtwerke gehen allerdings von einem geringeren Einsparungspotential aus: "Bei einem 2-Personen-Durchschnittshaushalt mit 1.800 kWh-Jahresverbrauch beträgt die jährliche Einsparung durch den Wegfall der EEG-Umlage 79,74 Euro im Jahr bzw. rund 6,50 Euro pro Monat", so der Konzernsprecher auf Nachfrage von watson.
Wer nun noch keinen Brief von seinem Stromversorger bekommen hat, dem rät Finanztip-Chef Tenhagen, die Absenkung selbst einzufordern, mit Verweis auf den entsprechenden Paragrafen im Energiewirtschaftsgesetz (§ 41b Abs. 3 EnWG).
Denn Verbraucher haben ein Recht auf die Anpassung des Abschlags, wie die monatlichen Vorauszahlungen genannt werden: Diese richtet sich nach dem persönlichen Durchschnittsverbrauch, entsprechend der geltenden Preise. Sinken diese, verringert sich auch die Abschlagshöhe.
Was allerdings beachtet werden sollte: Wer seine monatlichen Stromzahlungen verringert, riskiert, am Ende des Jahres wegen gestiegener Energiepreise eine noch größere Nachzahlung zu kassieren. Wer also von seinem geltenden Recht Gebraucht machen will, sollte genug Geld beiseite legen für die Jahresabrechnung – oder aktiv sparen.
Sven Kirrmann, der Unternehmenssprecher von Naturstrom sagt dazu gegenüber watson:
Ein e.on-Unternehmenssprecher rät den Kunden dagegen eher zu einer Erhöhung der Abschläge: "Aufgrund der steigenden Beschaffungskosten ist eine Erhöhung des Abschlags derzeit in vielen Fällen sinnvoll. So können Kundinnen und Kunden mögliche Nachzahlungen in der Jahresrechnung vermeiden."
Viele Stromanbieter wie Green Planet Energy, Berliner Stadtwerke oder e.on kündigen die monatliche Preissenkung ihren Kunden nicht direkt, sondern nur über ihre Website an. Wer also nicht regelmäßig die Internetpräsenz seines Vertragspartners überprüft, könnte von seiner Ersparnismöglichkeit erst am Ende des Jahres erfahren. "Das ist zwar explizit erlaubt – aber nicht fair", schreibt Tenhagen.
Ein Sprecher des Stromkonzerns e.on sagt auf Nachfrage von watson: "Die Aussetzung der EEG-Umlage wird für alle unsere Strom-Kunden für die Verbräuche ab dem 1. Juli 2022 automatisch in der betreffenden Jahresabrechnung berücksichtigt. Die Kunden müssen sich um nichts kümmern, sie werden darüber in der entsprechenden Jahresrechnung informiert."
Der Öko-Stromkonzern Naturstrom dagegen hat nach eigenen Angaben eine Mitteilung an die Kunden verschickt: "Alle unsere Bestandskunden wurden vorab, beziehungsweise zum Stichtag per Brief auf die Absenkung der EEG-Umlage und die damit verbundenen günstigeren Strompreise hingewiesen", sagt der Konzernsprecher Sven Kirrmann.
Wahrscheinlich, so die Vermutung Tenhagens, habe die mangelnde Transparenz aber auch noch andere Gründe: Manche Anbieter wollen oder müssen ihre Preise in diesem Jahr noch mal drastisch erhöhen. So wäre die Einsparung für den Kunden ohnehin gleich wieder dahin.
Zum anderen "wollen sich die Stromkonzerne offenbar über Monate ein gehöriges Maß an Liquidität aus der Steuerkasse sichern", mutmaßt Tenhagen in seiner Kolumne.
Wer also monatlich mehr Geld zu Verfügung haben will, sollte die Preissenkung der Abschläge aktiv beantragen. Ansonsten könnten selbst fleißige Energiesparer am Ende des Jahres kein bares Geld sehen.
Denn Bestandskunden erhalten häufig am Ende der Abrechnungsperiode statt einer Rückzahlung des Guthabens eine Verrechnung mit den kommenden Abschlägen. Der Stromkunde zahlt am Anfang des neuen Vertragsjahres einfach weniger, der Konzern braucht es so nicht auszuzahlen.
Auf die Frage, ob die Strompreise dieses Jahr noch erhöht werden, wollten sich die angefragten Stromkonzerne nicht konkret äußern. Trotzdem könnte es für den Gelbeutel der Deutschen noch eine weitere staatliche Entlastung eben.
Derzeit arbeitet die Bundesregierung offenbar an einem neuen Umlagesystem für Gas: Dies sieht ein Entwurf für eine Änderung des Energiesicherungsgesetzes als zusätzliche Option vor. Damit könne die Belastung "gleichmäßiger" auf die Gesamtheit der Verbraucherinnen und Verbraucher verteilt werden, hieß es in dem Entwurf, der der dpa vorliegt.