Auf Tiktok während eines Live-Feeds die präsentierten Produkte shoppen oder per Smartphone zur Wahlurne gehen – das alles sind Entwicklungen, die in nicht allzu weiter Ferne auf uns zukommen werden und das Leben massiv verändern. Das sagt zumindest die aktuelle "Trendstudie 2025" vorher, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.
Für die Studie wurden im vergangenen November und Dezember Menschen zwischen 16- und 89-Jahren in drei Schritten zu Konsum- und digitalem Verhalten befragt. Dabei wurden sowohl qualitative Erkenntnisse (65 Expert:inneninterviews) als auch quantitative Ergebnisse (Online-Befragung unter 2030 Teilnehmer:innen) durch das Institut für Generationenforschung analysiert.
Studienleiter Hartwin Maas und Dr. Rüdiger Maas fassen zusammen, welche Entwicklungen der Zukunft sich für die Gen Z (ab 1995), Alphas (ab 2010) und Betas (ab 2025) abzeichnen.
Tiktok ist die Plattform der Gen Z, wie die Studie zeigt. 81 Prozent der zwischen 1996 und 2006 Geborenen geben an, Tiktok zu nutzen. Dieser Wert wird zwar noch von Youtube (95 Prozent) und Instagram (97 Prozent) überholt, es zeichnet sich aber ein Trend zugunsten der Plattform aus China ab. Die deutschen User:innen der jüngeren Generation schätzen ihre Tiktok-Nutzungszeit am Tag auf über zwei Stunden.
Dabei geht es bald nicht mehr nur um reines Entertainment. Immerhin 28 Prozent der Gen Z gab nämlich an, schon jetzt Produkte zu kaufen, "wenn sie von Influencern beworben werden". Bei der Generation X sind das gerade einmal 6,9 Prozent.
Das Potenzial, das Tiktok als Konsumplattform hat, würde in Deutschland noch völlig unterschätzt, glauben die Studienleiter. Das seien allerdings keine guten Nachrichten für die Konsument:innen, denn: der bislang noch unbekannte Tiktok-Shop wird laut den Zukunftsforschern in 2025 Fahrt aufnehmen und könnte für Käufer:innen verheerende Konsequenzen haben.
"In Ländern, in denen es den Shop schon länger gibt, gingen die Zahlen durch die Decke", sagt Hartwin Maas zu ebenjenem Tiktok-Shop, der in Deutschland noch nicht existiert, aber "gerüchteweise an Ostern" auch hierzulande schon online gehen könnte.
Dann böte die Plattform ein Feature, mit dem direkt innerhalb der App die Produkte gekauft werden können, die Influencer:innen just in dem Moment vorstellen. Kaufentscheidungen fielen dann "emotional", "spontan" und "überall", wie es in der Studie heißt. Unnötige Impulskäufe sind kaum mehr zu bremsen. Weltweit sollen schon 27 Prozent aller aktiven Tiktok-User:innen über die Plattform geshoppt haben (Statista).
"Das Potenzial ist vielen überhaupt noch nicht bewusst und junge Menschen sind am vulnerabelsten dafür", warnt Rüdiger Maas deutlich vor unkontrolliertem Konsum. "Den Usern wird am Ende nicht mehr bewusst sein, wie viel Geld sie ausgegeben haben." Er führt aus:
Auch auf politischer Ebene wird die digitale Unmittelbarkeit zunehmen. So gab die Mehrheit der befragten Gen-Z-Vertreter:innen an, den Gang zur Wahlurne gerne durch einen Klick am Smartphone ersetzen zu wollen.
Auf die Frage: "Würden Sie bei anstehenden politischen Wahlen ausschließlich über Ihr Smartphone wählen, wenn es möglich wäre?" antworteten rund 52 Prozent mit "Ja" (im Vergleich zu 46 Prozent der Gen Y und 32 Prozent der Gen X).
Hartwin Maas dazu:
Nichtsdestotrotz ist die Gen Z nicht völlig unkritisch gegenüber Social Media. Im Gegenteil: die Sparte der Gen Z gibt mehr als alle anderen Generationen an, sich nach dem Konsum von Social Media wie Tiktok schlechter zu fühlen als davor (18,66 Prozent).
Dazu passt, dass die Mehrheit, nämlich 52 Prozent, von ihnen sich dafür ausspricht, eine Altersbeschränkung von 16 Jahren auf Social-Media-Plattformen einzuführen (Gen Y 48 Prozent). Weitere 36 Prozent fände ein Verbot bis 12 Jahre angemessen. Nur fünf Prozent würden die Portale altersmäßig unbegrenzt freigeben.
Auch die Einführung von Tablets an Grundschulen wird nur von 17 Prozent der Gen Z als sinnvoll empfunden – im Gegensatz zur Elterngeneration X, die sich das zu rund 36 Prozent wünscht. Besonders krass: 92 Prozent der Teilnehmenden, die selbst noch Schüler sind, sprachen sich für ein absolutes Tablet-Verbot an Grundschulen aus.
"Uns hat das schon schockiert", gibt Rüdiger Maas angesichts dieser Zahlen zu. "Hier sehen wir (...), dass ältere Menschen eine andere Form von Naivität haben." Er zieht einen Vergleich:
Schließlich gäbe es ja bereits einen Anstieg von Handy- und Internetsüchten. Das Problembewusstsein der Digitalisierung sei bei jungen Menschen größer, glaubt er: "Je betroffener die Personen sind, desto mehr realisieren sie die Gefahren."