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Sven Lehmann: Queerfeindlichkeit an Schulen auch wegen rechter Politik

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Die Diskriminierung gegenüber queeren Teenager:innen steigt an, zeigen Umfragen. Bild: pexels / Keira Burton
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Queerfeindlichkeit an Schulen nimmt zu – auch wegen rechter Politik

24.06.2024, 14:41
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In Deutschland dürfen gleichgeschlechtliche Paare seit 2017 heiraten. Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern wollen, haben es seit diesem Jahr dank des Selbstbestimmungsgesetzes leichter.

Und jetzt, im Juni, feiern Hunderttausende Menschen deutschlandweit den Pride Month. Sie tanzen auf der Straße, wedeln mit Regenbogenflaggen und zeigen: Wir tolerieren queere Menschen.

Aber ist das wirklich so?

Aktuelle Umfragen zeichnen ein anderes Bild. Der Verein Schlau NRW schreibt, die Diskriminierung queerer Personen nehme zu. Das habe eine Umfrage unter mehr als 100.000 queeren Menschen in der ganzen EU ergeben.

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Einer Befragung der Kölner Jugendeinrichtung anyway zufolge hat jede:r zweite Jugendliche in der Domstadt schon einmal Queerfeindlichkeit erlebt. Fast jede:r zehnte wurde sogar körperlich angegriffen.

Einen Bereich nimmt der Verein dabei besonders in den Fokus: die Schule. Dort richtet er Workshops zur Aufklärung über Vielfalt aus. Und dort komme die "zunehmend queerfeindliche Stimmung in der Gesellschaft" verstärkt an.

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Queere Jugendliche erleben verstärkt Mobbing in der Schule.Bild: IMAGO / photothek

"Neben vielen Schüler:innen, die offen und zugänglich sind, gibt es immer mehr, die dem Thema deutlich ablehnend gegenüberstehen", sagt Projektleiter Dominik Weiss. "Sie äußern dies auch zunehmend laut, stören die Workshops bewusst durch ihr Verhalten und sind in Teilen verbal aggressiv."

Immer mehr Eltern würden ihre Kinder sogar an der Teilnahme an den Workshops hindern oder sie auf deren eigenen Wunsch hin entschuldigen. Vor dem Kölner Schulausschuss spricht der Verein von einer schweren "Polarisierung".

Queer-Beauftragter nimmt rechte Politik in die Verantwortung

Die Befragung von anyway wurde nur einen Tag nach der Europawahl veröffentlicht. Nur einen Tag, nachdem 16 Prozent der Jugend ihre Stimme an die AfD gegeben und sie damit zur zweitstärksten deutschen Partei im Europaparlament gemacht haben.

"[Die Pläne der AfD] erinnern mich stark an die Antihomosexualitätsgesetze aus Russland oder Ungarn."
Queer-Beauftragter Sven Lehmann

Für queere Menschen und insbesondere queere Jugendliche könnten sich mit dem steigenden Einfluss rechter Politik die Lebensumstände weiter verschlechtern. "In einer völkischen Ideologie mit dem Leitbild der traditionellen Familie gibt es für LSBTIQ* keinen Platz", sagt Sven Lehmann (Grüne), Queer-Beauftragter der Bundesregierung, auf watson-Anfrage.

Erst vor Kurzem hatte die AfD gefordert, den Aktionsplan "Queer leben" der Bundesregierung wieder abzuschaffen und jegliche Form von Akzeptanzprojekten, die sich an Kinder und Jugendliche richten, die Finanzierung zu streichen, sagt er. "Das erinnert mich stark an die Antihomosexualitätsgesetze aus Russland oder Ungarn."

Queerfeindliche Inhalte auf Social Media sorgen für Mobbing

Auch Lehmann, selbst Kölner, kennt die Berichte über steigende Queerfeindlichkeit an Schulen in NRW. Die Entwicklung wundert ihn nicht: "Gerade in Krisenzeiten gewinnen Ideologien der Ungleichwertigkeit an Attraktivität."

Sven Lehmann, Parlamentarischer Staatssekretaer im Bundesministerium f
Sven Lehmann (Grüne) ist seit 2022 Queer-Beauftragter der Bundesregierung.Bild: IMAGO/photothek

Rechtsextreme und auch islamistische Akteur:innen seien stark in den sozialen Medien unterwegs – dort, wo sich viele Jugendliche ihre Informationen holen. "Damit kommen sie fast zwangsläufig auch mit queerfeindlichen Inhalten in Kontakt", sagt Lehmann. "Das wirkt sich auch auf den schulischen Alltag aus."

Und so komme es zu Studien, die von Mobbing, Beleidigungen oder sogar körperlicher Gewalt gegenüber jungen, queeren Menschen an Schulen berichten. "Die Schule ist leider oft kein sicherer und diskriminierungsfreier Ort für jugendliche LSBTIQ*", sagt Lehmann.

"Lehrkräfte müssen bei Schimpfwörtern, Abwertungen und Mobbing eingreifen."
Sven Lehmann

Für junge Menschen, die alltäglich mit Diskriminierung konfrontiert sind, könne das langfristige Konsequenzen haben. "Wenn man nicht gern zur Schule geht, weil man sich dort nicht sicher und akzeptiert fühlt, kann es dazu führen, dass man auch schlechter lernt und nicht sein ganzes Potenzial ausschöpft", erklärt Lehmann.

Das habe Auswirkungen auf die Zeugnisse, den Bildungsweg, auf das gesamte spätere Leben.

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Lehrkräfte greifen laut einer Befragung bei Mobbing oft nicht konsequent ein.Bild: IMAGO / YAY Images

Das Problem: Lehrkräfte scheinen oft überfordert mit queerfeindlichem Verhalten. 30 Prozent der Befragten gaben gegenüber anyway an, dass Lehrkräfte nie gezeigt hätten, dass sie Schimpfwörter wie "Schwuchtel" oder "Transe" nicht dulden.

"Oftmals sind Lehrkräfte mit diesen Themen unsicher und fühlen sich auch nicht kompetent genug, um bei Diskriminierung und Mobbing zu intervenieren, selbst wenn sie das eigentlich wollen", sagt Lehmann.

Er fordert, dass Lehrpersonal schon in der pädagogischen Ausbildung und im Rahmen von Fortbildungen auf solche Situationen vorbereitet wird. "Lehrkräfte müssen bei Schimpfwörtern, Abwertungen und Mobbing eingreifen."

Nur so könne gewährleistet werden, dass junge, queere Menschen keine Angst vor dem Schulalltag haben müssten. "Für mich ist klar: Es gehört zum Bildungsauftrag der Schule und außerschulischer Einrichtungen, Diskriminierungen entgegenzuwirken und allen Kindern und Jugendlichen eine gleichberechtigte und angstfreie Teilhabe zu ermöglichen", sagt Lehmann.

In Köln sollen sich nun verschiedene Gremien der Stadt mit der Problematik beschäftigen.

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