Jeder Tag startet in Deutschland derzeit mit einem neuen Rekord – einem traurigen: "Der heutige Höchststand der Corona-Infektionen beträgt 5.385.585", hörte man es am heutigen Montag aus den Radiosendern tönen. Die Hoffnungen liegen nun auf dem neuen Regelwerk der sondierenden Ampel-Koalition, die strengere Maßnahmen gegen Corona erlassen hat.
Auf einer Pressekonferenz des DIVI (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V.) nahm der Vorsitzende Gernot Marx heute zur aktuellen Situation Stellung: "Die Corona-Situation ist sehr besorgniserregend und derzeit nicht unter Kontrolle. Wir machen uns angesichts steigender Inzidenz wirklich Sorgen", so Marx. Der Modellierer Andreas Schuppert zeigt seine Simulation, die von der heutigen Dynamik mit aktuellem Status Quo in die Zukunft rechnet:
"Ende der Woche würden wir die Ausbreitung bei knapp über 4000 Intensivbetten stoppen", sagt Schuppert in der Pressekonferenz. Danach würde die Kurve wieder leicht abfallen. DIVI-Präsident Gernot Marx bestätigt diese Einschätzung: "Es werden mindestens 4.000 Intensivpatienten, selbst wenn jetzt alle Maßnahmen gut greifen. Deswegen müssen wir jetzt alles tun, um die Situation einzudämmen."
Doch wer soll all diese Patienten und Patientinnen betreuen? "Viele unserer Pflegekräfte haben aufgrund der Erschöpfung ihre Pflegetätigkeit gekürzt oder sogar ganz gekündigt. Es sind etwa 4000 Intensivbetten weniger als vor einem Jahr“, so Gernot Marx. Auf Nachfrage von watson, wie viele Pflegekräfte denn seit Beginn der Pandemie gekündigt haben, sagt der wissenschaftliche Leiter des DIVI, Christian Karagiannidis: "Eine genaue Zahl der Pflegekräfte wird an keiner Stelle, in keinem Register erhoben, das wird aber definitiv eine große Zukunftsaufgabe in Deutschland." Man könne immer nur indirekt zurück rechnen anhand des Betreuungsschlüssel der Intensivbetten, woraus man Rückschlüsse auf die Zahl der Betten ziehen könne.
Professor Karagiannidis fügt hinzu:
Die Notfallreserve habe sich zudem in den letzten 4 Wochen dezimiert. Was dagegen hilft? Laut Marx: "Finanzielle, aber auch strukturelle Anreize". Denn wenn die Entwicklung der Inzidenz so weiter gehe wie bisher, müsse man davon ausgehen, "dass die allgemeine Gesundheitsversorgung nicht auf dem guten Standard zur Verfügung steht, wie man das gewohnt ist."
Eine Impfpflicht lehnt der DIVI-Präsident jedoch ab: "Wir sind gegen eine Impfpflicht für einzelne Gruppen", sagte er in der Pressekonferenz. Es gebe aber eine "moralisch-ethische Verpflichtung von Ärzten und Pflegern zur Impfung".