Der Wohnungsmarkt der deutschen Großstädte ist angespannt. Allein von 2006 bis 2018 hat sich laut dem "ZDF" die durchschnittliche Miete verdoppelt. Eine Entwicklung, die sich in den darauffolgenden Jahren nur noch weiter verschärft hat. Berlin, Hamburg, München, Köln: Hier sind Wohnungen überteuerte Mangelware.
Bei Wohnungs-Suchenden erhöht das die Bereitschaft, mehr zu geben als angemessen – sowohl Geld als auch persönliche Daten. Das wiederum verleitet Kriminelle zu mehr und mehr Betrug. Auch ein watson-Redakteur ist diesem bereits beinahe zum Opfer gefallen.
Wir schildern euch den persönlichen Erfahrungs-Bericht, zeigen euch, wie sich der Wohnungs-Betrug über die Jahre perfektioniert hat – und wie ihr ihn dennoch rechtzeitig erkennt.
Vor einiger Zeit bin ich für meinen Job nach Berlin gezogen. Der Umzug allerdings ist für mich alles andere als eine schöne Erinnerung. Monströse Mieten für wenig Raum, und dennoch stehen die Leute Schlange dafür. Massen-Besichtigungen, für die man von weither anreist, nur um eines von 50 Gesichtern zu sein. Schnell wird einem dabei klar: Ohne Kompromisse kommt man hier nicht weit.
Der erste Kompromiss in meinem Fall: eine Ferien-Wohnung über Airbnb. Eine Notlösung für die nächsten Wochen, bis die feste Wohnung gefunden ist. Auch bis zum zweiten Kompromiss dauert es nicht lange: Wenn die Vermieter:innen mehr Daten über meine Person haben wollen, dann sollen sie diese bekommen. Eigentlich stehen detaillierte Informationen erst bei einem persönlichen Treffen wie der Wohnungsbesichtigung an. Ist mir inzwischen egal. Zu solchen Treffen kam es bisher ohnehin nur äußerst selten.
Und dann ist da noch der dritte Kompromiss: Meine Zwischenlösung würde ich bekommen, allerdings nur, wenn ich die Miete direkt überweise. Im Voraus. Die Vermieterin sei gerade im Ausland und könnte ein persönliches Treffen nicht einrichten. Einen Schlüssel würde sie mir zukommen lassen. Ich solle mich nur sofort entscheiden, denn ansonsten würde sie die Wohnung ihrem nächsten Interessenten geben.
Eine Entscheidung hat also nicht unbedingt etwas mit Naivität zu tun. Es passiert vielmehr aus Verzweiflung, kombiniert mit Zeitdruck. Und immerhin: Die Vermieterin wirkt freundlich, zeigt sogar Verständnis. Ihre Wohnungs-Beschreibungen sind gut und schließlich ist Airbnb doch eine seriöse Plattform.
Aus der Euphorie heraus, endlich eine Lösung gefunden zu haben, bin ich drauf und dran, den Betrag zu überweisen – als mir ein kleines Detail auffällt: In der URL steht nicht "airbnb.de". Die Adresse ist minimal verfälscht, was nur bei genauem Betrachten auffällt. Es ist nicht die originale Plattform, sondern eine Attrappe – die aufwendig gestaltet und in jedem Detail täuschend echt wirkt.
Die "Vermieterin" darauf angesprochen, blockiert sie unmittelbar meine Nummer. Mein Geld habe ich damit wohl gerade so noch gerettet.
Abgesehen von einer falschen URL gibt es auch weitere Punkte, die auf einen Betrug hinweisen können. Einer davon war sogar ebenfalls in dem genannten Beispiel versteckt: Sind die Fotos nur auf dieser Seite zu finden oder auch auf anderen? Dies lässt sich über die umgekehrte Bilder-Suche auf Google Images herausfinden. Fügt man dort das entsprechende Foto ein und klickt auf "Bildquelle suchen", werden einem die Websites angezeigt, auf denen es sich ebenfalls befinden. Steht ein Bild dort für ein anderes Inserat, kann man von einem Fake ausgehen.
Ein weiterer Trick besteht darin, die Adresse des Inserats bei Google-Maps einzugeben. Ist dort eine Außenansicht des Hauses zu sehen und entspricht sie den Fotos in der Anzeige? Außerdem bietet es sich an, die Fotos mit der Wohnungs-Beschreibung abzugleichen: Bilden sie ab, was der Text beschreibt oder gibt es auffällige Abweichungen?
Wenn der Preis zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist er oft tatsächlich nicht wahr. Auch wenn dies zusätzliche Recherche kostet, lohnt es sich in solchen Fällen, den Miet-Preis mit Wohnungen derselben Gegend zu vergleichen. Sind die Unterschiede zu drastisch, sollte man misstrauisch werden.
Das bezieht sich auf die Miete selbst, doch auch zu geringe Nebenkosten sind oftmals ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Und schließlich gilt noch für möblierte Wohnungen: Was für Möbel bilden die Fotos ab? Ist der Preis für diese angemessen, oder handelt es sich um teure Designer-Möbel, die für diesen Miet-Preis niemals zu haben sein dürften? Falls letzteres: Weg damit.
Und schließlich ist da noch der Eindruck, den die Vermieter:innen hinterlassen: Das beschriebene Beispiel, in dem jemand leider gerade im Ausland sei, und nicht zum persönlichen Treffen kommen könnte, ist der häufigste Fall. Natürlich kann so etwas in Einzelfällen tatsächlich passieren, doch jede Vorsicht ist hier mehr als angemessen. Sollte der Kontakt zudem darauf bestehen, ausschließlich schriftlich zu kommunizieren, statt etwa zu telefonieren: Lieber gleich die Finger davon lassen.
Und auch in einem weiteren Punkt war der genannte Fall ein Beispiel dafür, wie es nicht laufen sollte: Seriöse Vermieter:innen erwarten in der Regel keine verfrühte Übergabe sensibler Daten. Gleiches gilt für die übereifrige Einforderung von Mieten und Kautionen. Sowohl Polizei als auch Makler:innen weisen darauf hin, dass eine Aufforderung zur Zahlung noch vor einer Besichtigung nicht üblich, sondern vielmehr Hinweis auf einen Betrug ist.
Erkennt man früh genug, dass es sich bei einem Wohnungs-Inserat um Betrug handelt, kann einen dies vor Schlimmem bewahren. Denn ist man doch einmal darauf hineingefallen und hat bereits eine verfrühte Kaution überwiesen, ist das Geld meistens verloren. Nachdem die Betrüger:innen die Nummer blockiert haben, sind sie kaum noch aufzufinden. Anzeige bei der Polizei kann und sollte man dennoch erstatten. Eine Garantie, das Geld zurückzubekommen, ist das jedoch nicht.
In der Regel haben Immobilien-Plattformen übrigens einen Melde-Button. Misstraut man aus bestimmten Gründen einem Inserat, kann man die Anzeige per Klick melden. Diese wird dann geprüft und im Falle eines Betruges von der Seite genommen.