Seit mehr als zwei Wochen gelten in öffentlichen Verkehrsmitteln die 3G-Regeln – mitfahren darf nur, wer entweder getestet, geimpft oder genesen ist, Fahrgäste müssen auf Verlangen einen entsprechenden Nachweis vorzeigen. Wie die Einhaltung dieser Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie kontrolliert werden soll, wurde in den vergangenen Wochen kontrovers diskutiert.
Die Gewerkschaft Verdi hatte gegenüber watson vor einem "erhöhten Aggressionspotenzial" gewarnt, das von den Fahrgästen bei Kontrollen ausgehen könnte, und eine enge Zusammenarbeit mit den Polizei- und Ordnungsbehörden gefordert. Doch die Polizeigewerkschaften sahen die Aufgabe der 3G-Kontrollen ebenfalls nicht in ihrer Zuständigkeit. "Wir sind keine Gesundheitspolizei", sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" dazu.
Mit dem Beschluss zur Änderung am Infektionsschutzgesetz traten am 24. November auch flächendeckende 3G-Regeln für öffentliche Verkehrsmittel in Kraft. Die Kontrollen sollen schließlich nur stichprobenartig durchgeführt werden und, wenn nötig, in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden.
In vielen Bundesländern, wie beispielsweise in Niedersachsen, leistet die Bundespolizei bereits Amtshilfe und unterstützt die Kontrollen in öffentlichen Verkehrsmitteln der Deutschen Bahn (DB). Watson hat bei der DB, der Gewerkschaft der Polizei und den regionalen Verkehrsbetrieben nachgefragt, wie die Kontrollen seit der Einführung laufen und ob sich die Befürchtung bewahrheitet hat, es könnte zu aggressiven Übergriffen im Zuge der 3G-Kontrollen kommen.
Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), zieht zwei Wochen nach dem Anlaufen der 3G-Kontrollen in den öffentlichen Verkehrsmitteln der DB eine positive Bilanz und meint im Gespräch mit watson:
Zuvor hatte seine Aussage, die Polizei sei keine Gesundheitspolizei, für Diskussionsstoff unter den Verantwortlichen in der Politik und den Verkehrsbetrieben gesorgt. "Da die Kontrollen nicht, so wie anfangs gedacht, lückenlos durchgeführt werden, sondern stichprobenartig, stelle ich fest, dass es machbar ist", erklärt Roßkopf gegenüber watson. Dennoch betont er erneut: "Wir sind keine Gesundheitspolizei." Dies sei ganz klar definiert und das bleibe auch so.
Vielmehr würde die Bundespolizei die 3G-Kontrollen "nicht ausschließlich machen, sondern als Unterstützung am Rande unserer originären Tätigkeiten", sagt Roßkopf.
Am Mittwoch teilte die Deutsche Bahn mit, sie werde ab sofort die Kontrollen der 3G-Regeln im Regionalverkehr ausweiten. Nun sollen auch Schaffnerinnen und Schaffner das Einhalten der Maßnahmen kontrollieren. Bisher hatte das im Nahverkehr nur Sicherheitspersonal übernommen. Es bleibe jedoch auch weiterhin bei stichprobenartigen Überprüfungen und es werde auch nur nach einem 3G-Nachweis gefragt, wenn die Kontrolleurinnen und Kontrolleure vom Sicherheitspersonal begleitet werden, erklärte die Bahn.
Gegenüber watson betont eine DB-Sprecherin dazu: "Wir setzen stets zwei Mitarbeitende bei der Kontrolle ein, um größtmögliche Sicherheit für die Kundenbetreuer:innen im Nahverkehr zu gewährleisten."
Andreas Roßkopf erscheinen die 3G-Kontrollen der DB Sicherheit immer noch als "sehr wenig", wie er watson erzählt. Er selbst habe bisher nur eine Kontrolle miterlebt, obwohl er nach eigener Aussage mehrmals pro Woche mit der DB "quer durch die Republik" reist.
Doch Roßkopf zeigt sich zwiegespalten, denn zum anderen hält er die stichprobenartigen Kontrollen auch für ausreichend, da "die Regeln in sehr hohem Maße eingehalten werden", betont er. Würden mehr Verstöße gegen die 3G-Regeln der Bahn festgestellt werden, sei im Umkehrschluss auch die Kontrolldichte zu erhöhen. Im Moment sehe er jedoch dafür keinen Bedarf.
Im Hinblick auf die Weihnachtsreisezeit gibt Roßkopf zu bedenken: "Mit den steigenden Reisendenzahlen werden auch die Verstöße steigen." Festzuhalten bleibe, und hier stellt der Vorsitzende der GdP eine klare Forderung an die DB, "dass die Kontrollen gerade über die Weihnachtsfeiertage und Silvester verstärkt werden müssen".
Die Diskussion, die Bundespolizei müsse die Kontrollen in öffentlichen Verkehrsmitteln durchführen, wurde auch von der Gewerkschaft Verdi befeuert, die gegenüber watson vor einem "erhöhten Aggressionspotenzial" der Fahrgäste gegenüber des Kontrollpersonals gewarnt hatte.
Roßkopf kann die Bedenken von Verdi mit Blick auf die Fahrgäste, die keinen 3G-Nachweis mit sich führen, entkräften: Die Mehrheit dieser Menschen verhalte sich kooperativ, "aber es gibt oft lange Diskussionen" und natürlich gebe es auch eine geringe Anzahl, die dann aggressiv und bewusst laut im Zug werde. Und auch die Fälle, in denen Bußgelder im Zusammenhang mit dem Verstoß verhängt werden musste, beziffert Roßkopf als "verschwindend gering".
Die Regional-Verkehrsbetriebe melden eine ähnliche Zwischenbilanz. Peter Runge, ein Sprecher der Hessischen Landesbahn, zeigt sich gegenüber watson zufrieden: "Es sind verhältnismäßig wenige Fahrgäste anzutreffen, die ihren 3-G-Status nicht nachweisen konnten." Er spricht von "deutlich unter 5 Prozent". Und auch Eskalationen oder Auseinandersetzungen seien bisher nicht aufgetreten.
Selbiges vermelden die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) und die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Johannes Boos, der Sprecher der SWM, die für die MVG fahren, erklärt auf Anfrage von watson: "Die 3G-Kontrollen laufen sehr reibungslos." Der Anteil, der Fahrgäste, die keinen 3G-Nachweis mit sich führen, läge "deutlich unter zwei Prozent".
Von einem erhöhten Aggressionspotenzial unter den Fahrgästen kann auch die BVG nicht sprechen – im Gegenteil: "Die Schwerpunktkontrollen verliefen bisher ohne nennenswerte Zwischenfälle", erklärt Jannes Schwentu, Sprecher der BVG, gegenüber watson. Auch beim HVV bleiben "Diskussionen bislang die Ausnahme", wie Constanze Dinse, eine Sprecherin des HVV, zu watson sagt.
Matthias Pesch, Sprecher der KVB, erklärt auf watson-Anfrage: "Der größte Teil der Befragten legt den Nachweis der Immunisierung oder eines Testes anstandslos vor." Nur mit wenigen Fahrgästen würden Diskussionen etwa über die rechtlichen Grundlagen oder die Sinnhaftigkeit der neuen Regelungen entstehen. In solchen Fällen, erklärt Pesch, versuche das Kontrollpersonal "Aufklärung zu leisten und deeskalierend zu handeln". Er nennt das Beispiel einer Stichproben-Kontrolle am Dienstag. Hier wurden "insgesamt 330 Fahrgäste kontrolliert – lediglich fünf waren weder genesen, geimpft oder getestet oder weigerten sich, einen Nachweis vorzuzeigen."
Auch die Deutsche Bahn kann nach den ersten beiden Wochen eine positive Zwischenbilanz ziehen:
Die Quote der Verstöße liegt im Regional- und S-Bahn-Verkehr, laut einer DB-Sprecherin, "deutschlandweit bei unter 3 Prozent, Tendenz weiter abnehmend." Bei Eskalationen "setzt die DB auf die Ordnungspartnerschaft mit der Bundespolizei und anderen Behörden."