Das 9-Euro-Ticket soll für alle Regionalzüge gelten. Eine gute Gelegenheit, die Umgebung mal kennenzulernen. Bild: iStockphoto / franz12
Analyse
Ein Kurz-Trip für weniger als zehn Euro? Das wird im Sommer dank des 9-Euro-Tickets möglich. Mit dieser Sonderaktion aus dem "Entlastungspaket" der Regierung wird nicht nur der Öffentliche Nahverkehr in der eigenen Umgebung so günstig wie nie. Weil das Monatsticket bundesweit gilt, lässt sich damit quer durch Deutschland fahren. Mit einem Vorbehalt: Es ist nur gültig für die Regionalbahn (RB), den Regionalexpress (RE) und den Interregioexpress (IRE) – nicht für die schnelleren Züge wie ICE, EC und IC.
Mit dem 9-Euro-Ticket kann man überall ein- und aussteigen, wo eine Regionalbahn fährt. Umsteigen ist ebenso erlaubt. Wer jetzt aber den ehrgeizigen Plan entwickelt, für 9 Euro von München nach Sylt zu zuckeln, muss sich auf eine lange Fahrt einstellen (über 19 Stunden mit sieben Mal Umsteigen). Und: Alle Extras kosten Extra. Wer sein Fahrrad mitbringen oder einen Sitzplatz reservieren möchte, zahlt drauf.
Um sich nicht komplett zu verfransen, macht es Sinn, die Reiseverbindung auf Reisedauer und Umstiege zu checken. Das geht am leichtesten über die Bahn-App oder auf Bahn.de. Unser Tipp: Wenn du bei der Suchanfrage den Filter "Nur Nahverkehr" verwendest, landest du nur auf Verbindungen, die durch das 9-Euro-Ticket abgedeckt werden.
Alle Ziele sind also theoretisch möglich. Aber wohin lohnt es sich auf die Schnelle? Für watson haben wir ein paar der schönsten Spots Deutschlands in jedem Bundesland zusammengetragen, die sich für einen Kurztrip anbieten.
Fränkische Schweiz (Bayern)
Das Prosit ist sicher wohlverdient.
Nicht nur beim Wandern, auch beim Baden herrscht im Norden Bayerns reinste Idylle. Das Felsenbad Pottenstein ist ein Naturbad, das ohne reinigende Chemikalien im Wasser auskommt und am Fuße einer großen Felswand liegt. Einen Biergarten für die Breze und das Bier danach gibt es natürlich auch. Es lohnt sich, etwas länger in der Region zu bleiben, um sich auch noch ein paar der romantischen Schlösser (Neudrossenfeld, Fantaisie) und Burgen (Rabenstein, Pottenstein) der Umgebung anzuschauen.
Nächster Bahnhof: Pegnitz
Insel Mainau (Baden-Württemberg)
Solltest du diesen Sommer einen Heiratsantrag machen, erhalten wollen oder einfach auf florale Bilder für soziale Netzwerke aus sein, führt kein Weg an der Insel Mainau vorbei. Die Insel am Bodensee ist wie ein psychedelischer Blumentraum: Blumen quellen aus Vasen, Blumen wachsen an verschlungenen Treppen und Bögen entlang und werden von Schmetterlingen umflattert. Sei gewarnt: Dies ist kein Ort für Zyniker.
Nächster Bahnhof: Konstanz-Petershausen
Müggelsee (Berlin)
Yep. Dieser Mann rutscht in den Müggelsee.
Muss man da viel sagen? Jeder weiß, dass man in Berlin hervorragend feiern, essen und shoppen kann. Großstadtleben halt. Wer Berlin mal anders entdecken will, sollte im Sommer am Müggelsee im Südosten der Stadt vorbeischauen. Im größten See der Hauptstadt kann man Baden, Windsurfen und Segeln. Das Highlight ist aber: sich mit Freunden ein Floß mieten und sich mit Musik und Drinks in den Abend treiben lassen.
Nächster Bahnhof: Berlin-Ostkreuz
Spreewald (Brandenburg)
Urig ist noch eine Untertreibung für die Atmosphäre im Spreewald. Mit einem Kahn kann man sich durch die insgesamt 970 kilometerlangen Kanäle und Moore der Gegend schippern lassen, das schattige Grün der Bäume am Ufer genießen und hin und wieder an zünftigen und verhältnismäßig preiswerten Lokalen anlegen. Actionreich ist das nicht, aber unglaublich entspannend, besonders an brütend heißen Sommertagen. Ein bisschen so wie Venedig – nur mit gigantisch dicken sauren Gurken, Kräuterlikör und Schmalzbrot.
Nächste Bahnhöfe: Lübben, Lübbenau
Das sind typische Ausblicke vom Kahn aus.Bild: dpa / Patrick Pleul
Das Schnoorviertel (Bremen)
Bremen kannte man früher vor allem aus Märchenbüchern (Hallo Stadtmusikanten) und heute auch von Instagram – aus gutem Grund. Die Böttcherstraße und das Schnoorviertel, historische Straßenabschnitte der Hansestadt, sind wirklich fotogene Flanierorte, zwischen dessen alten Gebäuden, Kopfsteinpflastern und kleinen Läden man sich direkt wie Harry Potter in der Winkelgasse fühlt.
Muggel sind hier erlaubt: "Der Schnoor" in Bremen.
Nächster Bahnhof: Bremen Hauptbahnhof
Elbstrand (Hamburg)
Der Hamburger Strand ist kein Tropen-Paradies, aber dafür gibt es dort gigantische Fotomotive (Schiffsschrauben, Schiffswerften, eigentlich alles mit Schiff-), herbes Bier und feinen Sand. Die Fähren gehören alle zum städtischen Verkehrsverbund (HVV). Wer mit 9-Euro-Ticket anreist, kann sich also von den Landungsbrücken aus direkt zum Strand schippern lassen (Linie 62). Die meisten steigen in Övelgönne aus und gehen zum Imbiss "Strandperle", was ein beliebter kleiner Ausflug ist. Weniger touristisch wird es, wenn man in die Linie 64 umsteigt und in Teufelsbrück von Bord geht. Dort an der Promenade befindet sich die "Kleine Rast", ein idealer Spot für Sonnenuntergänge bei Pommes.
Abendstimmung in Övelgönne. Ähnlich schön, aber weniger bekannt: Der Nachbarabschnitt Teufelsbrück.
Nächster Bahnhof: Hamburg Hauptbahnhof
Geo-Naturpark Frau Holle (Hessen)
Pinkfarbener Mohn in "Frau Holles Garten".Bild: dpa / Swen Pförtner
Angeblich soll inmitten des 1130 Quadratkilometer großen Geo-Naturparks die Grimmsche' Wettermacherin Frau Holle gelebt haben. Zumindest versteht man, woher dieser Eindruck kommen könnte, denn in diesem Park zeigen sich die vier Jahreszeiten in aller Pracht. Es gibt satte Blumenwiesen, Radwege, Bachläufe und natürlich gleich mehrere Frau-Holle-Darstellerinnen... Zauberhaft.
Nächster Banhof: Eschwege
Halbinsel Darß (Mecklenburg-Vorpommern)
Zugegeben, hier ist es ein Stück vom Bahnhof bis zur Halbinsel Darß. Aber die windschiefe Natur entschädigt dafür ausreichend. Der Darß hat einen eiszeitlichen Inselkern, besteht zu großen Teilen aus einem Nationalpark und bietet nördlich-raue Natur. Besonders an der Westküste kann man gut sehen, wie die Ostsee sich immer mal wieder Bäume vom Ufer einverleibt. Fürs Camping gibt es hier Stellflächen zwischen den Dünen, im Wald und direkt am Strand.
Ostsee-Feeling: Blaues Wasser, blauer HimmelBild: Zoonar.com/Rico Ködder / Rico Ködder
Nächster Bahnhof: Barth
Lüneburger Heide (Niedersachsen)
Es gibt tausend Gründe dafür, die Lüneburger Heide in Niedersachsen zu besuchen (und es lohnt sich übrigens auch, dafür mehr als 9 Euro auszugeben). Hier nur drei der Angebote, die Touristen dort erwartet:
- Schlafen unter Tieren: Im Wildpark Müden darf man inmitten eines Damwild-Geheges schlafen und mit Glück dabei nachts Elche, Rotwild und Waschbären auf eigene Faust beobachten.
- Barfuß wandern: 2,7 Kilometer lang ist der Barfußparkweg Egestorf, bei der man auch eine 45 Meter lange Hängebrücke auf Höhe der Vögel überschreiten kann.
- Hoch hinaus klettern: In Schneverdingen befindet sich Europas größter Kletterpark im Freien, im Umfeld gibt es noch weitere Kletterangebote, u.a. einen "Five Summit Walk" zu den Gipfeln des Naturschutzgebiets Lüneburger Heide.
Die Lüneburger Heide besteht zu großen Teilen aus Naturparks und Naturschutzgebieten.Bild: iStockphoto / Olha Rohulya
Übrigens: Wer Wert auf Nachhaltigkeit legt, ist in der Region bei Seelenverwandten gelandet. Umringt von zahlreichen Naturschutzgebieten hausen hier auch viele Tierexperten, Kräuterkundige und Bio-Bauern, die ihre Expertise zum Beispiel in Führungen teilen (mehr hier).
Nächste Bahnhöfe: Schneverdingen, Buchholz (Nordheide)
Wuppertal (Nordrhein-Westfalen)
Treiben wir die 9-Euro-Ticket-Idee doch mal auf die Spitze. Wolltest du nicht immer schon einmal mit der Wuppertaler Schwebebahn fahren? Auch sie gehört zum Öffentlichen Nahverkehr und ist somit Teil deines Deals. Mal davon abgesehen, dass es in der Stadt neben der Verkehrt-Rum-Bahn auch anderes zu erleben gibt: Die Hardt-Anlage, der Skulpturen-Park Waldfrieden oder ein paar Bullebäuske (Quarkbällchen) zum Beispiel.
Durchsichtige Fußböden wären bei dieser Fahrt ein besonderer Nervenkitzel. Bild: Jochen Tack / Jochen Tack
Nächster Bahnhof: Wuppertal Hauptbahnhof
Burg Eltz (Rheinland-Pfalz)
Es scheint, als hätten sich alle imposanten Burgen und Schlösser in diesem Bundesland versammelt. Von kleinen, die auf eine Mini-Insel passen (Burg Pfalzgrafenstein), bis hin zu riesigen Ruinen in den Weinbergen (Burg Metternich), doch ungeschlagener König ist die Burg Eltz, die auf zahlreichen Insta-Posts bereits Statistin spielen durfte. Sie stammt aus dem 12. Jahrhundert und ist ein Muss für Mittelalter- und Geschichtsfreaks, Führungen werden nur im Sommer angeboten, also wäre jetzt die Gelegenheit.
Nächster Bahnhof: Moselkern
Überherrn (Saarland)
Die Aussicht kann man von der Teufelsburg aus genießen.
An sich ist die Gemeinde Überherrn nicht ungewöhnlich, läge sie nicht exakt an der französischen Grenze. Wer also ein Schlupfloch sucht, um mit dem 9-Euro-Ticket doch noch ins Ausland zu kommen oder sich nach etwas "savoir vivre" sehnt, kommt dem hier recht nahe. In der Gegend gibt es grenzüberschreitende Wander- und Radwege, zahlreiche französische Spezialitäten auf den Speisekarten und am dritten Juli-Wochenende das traditionellen Grenzlandfest mit dem Grenzlandlauf. La folie!
Nächster Bahnhof: Bous (Saar)
Basteibrücke (Sachsen)
Nicht wirklich ein unbekannter Ort, aber hallo, ist das beeindruckend: Die Basteibrücke ermöglicht einen gewaltigen Blick auf die natürlichen Gesteinsformationen in der Sächsischen Schweiz, die bizarr und wunderschön sind. Hier kann man wandern und sich dabei ein wenig wie "Die Gefährten" aus Herr der Ringe fühlen. Der Zugang ist kostenlos und zu jeder Tageszeit, für Mutige also auch nachts, möglich.
Nichts für Menschen mit Höhenangst: Die Bastei.Bild: Stephan Schulz / Stephan Schulz
Nächster Bahnhof: Kurort Rathen
Bergwitzsee (Sachsen-Anhalt)
Kaum zu glauben, aber der Bergwitzsee, der eigentlich nur das Restloch des Tagebaus Bergwitz war, soll allerbeste Wasserqualität haben. Auch deshalb ist der See so beliebt bei Schwimmern, Seglern, SUP-Fans, Tretbootfahrern und sogar Tauchern. An guten Tagen soll die Sichttiefe bis zu acht Meter betragen! Zur Übernachtung gibt es auf dem See schwimmende Ferienhäuser, oder auch Low-Budget Campingplätze direkt am Wasser. Erinnert an Sommerurlaube aus der Kindheit.
Augen auf, See davor – ein wahrer Campertraum!
Nächster Bahnhof: Bergwitz
St. Peter-Ording (Schleswig-Holstein)
Natürlich kennen alle Sylt, zumindest vom Hörensagen. Jünger und sportlicher geht es allerdings in St. Peter-Ording zu. In dem Küstenort an der Nordsee kommen besonders Kitesurfer auf ihre Kosten, es gibt aber auch Wege zum Wandern, Strände für Volleyball und Radwege über Dünen und Deiche. Am Strand unsportlich Krabbenbrot futtern geht natürlich auch.
Naturgewaltig: In St. Peter-Ording gibt es Restaurants auf Pfählen, die du nur während der Ebbe erreichst.Bild: iStockphoto / Pusteflower9024
Nächster Bahnhof: Bad St Peter-Ording
Drachenschlucht (Thüringen)
Klingt so schön nach Märchen und ist an heißen Sommertagen zumindest stellenweise schattig: Die "Drachenschlucht" in Eisenach ist ein elf Kilometer langer Wanderweg, der von bemoosten Felsen umrahmt wird, die zum Teil nur schulterbreit auseinander stehen. Das leichte Plätschern vom Bach unter den Füßen und Wassertropfen auf dem Moos begleiten den Spaziergang – ein fantastisches Geo-Denkmal.
Nächster Bahnhof: Eisenach