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Das erste Mal

Allein aufs Konzert gehen: Lohnt es sich? Vorteile und Erfahrung

Tinashe live at Roskilde Festival 2024 Roskilde, Denmark. 05th, July 2024. The American singer, songwriter and dancer Tinashe performs a live concert during the Danish music festival Roskilde Festival ...
Tinashe live erleben: Das kann ich nun von meiner Bucket List streichen.Bild: Gonzales Photo / imago images
Das erste Mal

Allein aufs Konzert gehen: Wann es sich lohnt – und wann nicht

In unserer watson-Serie "Das erste Mal" berichten Kolleg:innen von Dingen, die sie bisher noch nie getan hatten und nun ausprobiert haben – und ziehen ein subjektives und ehrliches Fazit.
12.04.2025, 13:1012.04.2025, 13:10
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Eigentlich ist es kein peinlicher Moment. Ich stehe einfach nur in der Schlange zur Garderobe und will meine Jacke abgeben. Aber um mich herum stehen so viele Menschen zu zweit oder in Grüppchen, die laut miteinander reden, lachen und sich auf das bevorstehende Konzert freuen, dass ich mich ein bisschen außen vor fühle.

Ist es auffällig, dass ich allein gekommen bin? Denken manche vielleicht, ich bin so ein seltsamer Typ, der keine Freund:innen hat? Oder mache ich mir gerade zu viele Gedanken und es interessiert eigentlich niemanden?

Das sind alles Fragen, die mir in diesem Moment durch den Kopf kreisen.

Viel Zeit, weiter darüber zu grübeln, habe ich nicht. In der Schlange zur Garderobe geht es flott voran, ich tausche meine Jacke gegen ein kleines Nummernschild und mache mich auf den Weg nach innen.

In 20 Minuten soll es schon losgehen. Dann beginnt nicht nur die Show, sondern auch eine ganz persönliche Premiere: Ich werde zum ersten Mal ein Konzert allein erleben.

Von Anfang an war das so allerdings nicht geplant. Als mir vor ein paar Monaten die Tour-Ankündigung von Tinashe in den Instagram-Feed gespült wurde, war lediglich klar: Das kann ich mir nicht entgehen lassen.

Trotz viralem Hit: Tinashe ist in Deutschland kaum bekannt

Die US-amerikanische Sängerin hatte ich schon 2020 während der Corona-Pandemie für mich entdeckt. Seitdem kann ich mich darauf verlassen, dass sie es zu jedem Jahresende in mein Spotify Wrapped schafft. Ihre klare Stimme und die feine Mischung aus R&B und Pop haben es mir einfach angetan. Und auch was Choreo, Style und Attitude angeht, bringt Tinashe alles mit, was mein Pop-Herz höher schlagen lässt.

Das einzige Problem dabei: In Deutschland kennt niemand Tinashe. Selbst in meinem Freundeskreis, in dem einige sehr gerne Pop-Musik hören, habe ich häufig nur "Tina- wer?" zu hören bekommen.

Dabei sollten zumindest alle, die 2024 auf Social Media unterwegs waren, mindestens einen Song von ihr kennen. Im Sommer ging nämlich das Video eines jungen, nerdig aussehenden Mannes viral, der seine Hüften lasziv zu den Lyrics "I've been a nasty girl, nasty" schwang und sich dabei frech auf den Finger biss.

Das Video sammelte über diverse Social-Media-Plattformen Millionen Aufrufe; daraufhin schossen die Streaming-Zahlen von Tinashes Song "Nasty" in die Höhe. Und auch die lebensverändernde Frage "Is somebody gonna match my freak?", die sie in dem Song aufwirft, war schnell in den Sprachgebrauch der Generation brat aufgenommen.

Kein Konzert oder allein zum Konzert?

Leider half mir dieser Social-Media-Hype überhaupt nicht bei der Konzert-Buddy-Suche weiter. Als ich mir mein Ticket im Oktober besorgte, war ich noch optimistisch, dass ich jemand überredet bekommen würde, mich zu begleiten. Aber über die darauffolgenden Wochen kassierte ich eine Absage nach der anderen.

Manchmal waren es Termingründe, andere Male lag es am Musikgeschmack. Je näher der Konzerttermin rückte, desto mehr musste ich mich also mit dem Gedanken anfreunden, dass ich allein gehen würde. Bei einer anderen Künstlerin hätte ich es mir vielleicht wieder aus dem Kopf geschlagen.

Aber das war dieses Mal keine Option für mich. Denn das letzte Mal war Tinashe vor fast zehn Jahren durch Deutschland getourt. Und bevor ich nun vielleicht weitere zehn Jahre warten müsste, wollte ich lieber allein gehen als gar nicht. Allein im Kino war ich ja auch schon mal und das war gar nicht mal so awkward. Ein Konzert wird da nicht viel anders sein, oder?

Ein bisschen awkward fühlt es sich dann schon an, nach der Garderobe auch an der Bar allein in der Schlange zu stehen. Eine andere Person, die ebenfalls ohne Begleitung gekommen ist, entdecke ich nicht.

Vor mir sind zwei junge Frauen tief in ein Gespräch über einen nervigen Arbeitskollegen vertieft. Hinter mir steht eine größere Freundesgruppe, die sich aufgeregt in einer Fremdsprache unterhält, die ich nicht kenne.

Vorteil: Stehen, wo man will, und gehen, wann man will

Da sehe ich nur wenig Ansatzpunkte, auf charmante Weise ins Gespräch zu kommen – erst recht als tendenziell introvertierter Mensch. Mein Drink ist aber schnell bezahlt und dann geht's für mich auch schon Richtung Bühne. Dort offenbart sich direkt ein Vorteil, allein auf ein Konzert zu gehen.

Wo eine größere Gruppe vielleicht nur mit Ellbogen-Einsatz nach vorne gekommen wäre, kann ich mich elegant durchschlängeln und habe am Ende einen Platz in der Mitte mit gutem Blick auf die Bühne. Und später, wenn das Konzert vorbei ist, kann ich mich ebenso schnell wieder Richtung Ausgang schlängeln. Ist doch gar nicht so schlecht, denke ich.

Aber als nach dem Pre-Act noch einmal eine halbe Stunde die Bühne umgebaut wird, merke ich dann doch, dass ich mich hier nicht 100-prozentig wohlfühle. Mit einem Freund oder einer Freundin könnte ich jetzt darüber spekulieren, welche Looks Tinashe tragen wird und welche Songs es auf die Setlist geschafft haben. Stattdessen schaue ich immer wieder aufs Handy, obwohl ich keinen guten Empfang habe.

In dem Moment realisiere ich, dass ich ein Konzert eben nicht nur wegen einer Künstlerin oder der Musik besuche, sondern weil es auch ein soziales Event ist. Dort können prägende Momente entstehen, an die man sich mit seinen Freund:innen noch nach Jahren zurückerinnern kann. Mit der Erinnerung an dieses Konzert werde ich aber allein bleiben.

Konzertbeginn: Lichter an, Zweifel aus

Als dann die Lichter ausgehen und die Show mit harten Elektro-Beats und aufregenden Visuals beginnt, ist meine gedämpfte Stimmung aber schnell vergessen. Und in dem Moment, in dem Tinashe die Bühne betritt, gibt es sowieso kein Halten mehr.

In den darauffolgenden 75 Minuten liefert die Sängerin eine 1A Show ab – egal ob Vocals, Choreo oder Energie. Die Songs live zu hören, die sich über Jahre in mein Hirn gebrannt haben, lässt mein Dopamin-Level rasant ansteigen.

Und damit bin ich nicht allein, denn die Fans singen jedes Lied aus vollem Herzen mit. Und dann fühle ich mich plötzlich gar nicht mehr so deplatziert wie zuvor. Im Gegenteil: Hier bin ich genau richtig.

So kitschig es klingen mag, während des Konzerts entsteht ein Gemeinschaftsgefühl unter den Fans. Auch wenn ich hier allein bin, spüre ich doch eine Verbindung zu den anderen Konzertbesucher:innen – gerade weil es in meinem Freundeskreis niemanden gibt, mit dem ich über Tinashe bonden kann.

Allein auf ein Konzert gehen: Für wen es sich lohnt

Nach Ende des Konzerts steht für mich fest: Es hat sich definitiv gelohnt, zu kommen. Zwischendurch habe ich mich zwar sozial ein bisschen isoliert gefühlt. Aber tragisch war das im Nachhinein nicht. Am Ende wird mir schließlich nicht der eine leicht peinliche Moment in der Garderoben-Schlange im Gedächtnis bleiben. Zumal es wahrscheinlich sowieso niemand interessiert, ob ich mit zehn Freund:innen oder eben allein zum Konzert komme.

Für mich zählt viel mehr, dass ich mich mit den Fotos und Videos, die ich während der Show gemacht habe, noch lange an ein Konzert einer meiner liebsten Künstlerinnen erinnern kann.

Werde ich von nun an, zu jedem Konzert allein gehen? Nein. Aber ich kann nur jedem und jeder empfehlen, sich einen Ruck zu geben, wenn man eine:n nischige Künstler:in feiert und die Möglichkeit hat allein auf das Konzert zu gehen – es kann sich lohnen.

Mein nächstes Konzert werde ich wieder in Begleitung erleben, das steht schon fest. Und bis Tinashe in zehn Jahren wieder nach Deutschland kommt, werde ich mindestens eine Person aus meinem Freundeskreis zum Fan missioniert haben.

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