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Disneys "Schneewittchen" im Kino: Besser, aber immer noch katastrophal

HANDOUT - 28.02.2025, ---: Rachel Zegler als Schneewittchen in einer Szene des Films «Schneewittchen» (undatierte Filmszene). Der Film kommt am 20.03.2025 in die deutschen Kinos. (zu dpa-Kinostarts) F ...
Rachel Zegler ist noch das Beste an "Schneewittchen".Bild: Disney / -
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"Schneewittchen" steht für den katastrophalen Zustand des Blockbuster-Kinos

Das Live-Action-Remake"Schneewittchen" startet am Donnerstag. Warum tue ich mir das an, warum tut sich das Kino das an, warum machen wir das alles überhaupt?
20.03.2025, 14:2220.03.2025, 14:22
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Ich unterhielt mich vor der Pressevorführung des neuen Disney-Blockbusters mit einer ehemaligen Kollegin. Sie hatte sich gewundert, mich dort zu sehen, was daran liegt, dass ich eher selten zu Pressevorführungen gehe und wenn, dann eben nicht in diese Filme.

Womit ich ausdrücklich nicht Blockbuster im Allgemeinen meine (ich liebe Blockbuster), sondern die Live-Action-Versionen von Animationsklassikern, die Disney seit über zehn Jahren regelmäßig in die Kinos schaufelt: "The Jungle Book", "Aladdin", "Der König der Löwen", um nur ein paar zu nennen.

"Schneewittchen" ist ganz okay, aber reicht das?

Meine Rechtfertigung für die Teilnahme an der Pressevorführung war dreiteilig:

(1) Ich hatte zufällig Zeit.

(2) Ich mag Rachel Zegler, die die neue Schneewittchen spielt und in dem letzten "Tribute von Panem"-Teil so glockenhell und ausdrucksstark gesungen hat, dass mir fast die Tränen kamen.

(3) Ich war neugierig wegen der politischen Diskussion rund um den Film, die nahezu alles abdeckt, was man aktuell so politisch diskutieren kann: Israel/Palästina, Ableismus, Feminismus, Konservativismus und Konservative, die Feminismus ablehnen.

Dazu noch ekliger Rassismus gegen Rachel Zegler, die kolumbianische Wurzeln hat und deshalb natürlich nicht die berühmte Märchen(!)figur mit der Haut weiß wie Schnee spielen könne. Hier gibt es eine übersichtliche Zusammenfassung dazu:

Fangen wir vielleicht mit dem Positiven an, denn es gibt vieles, das mich bei "Schneewittchen" positiv überrascht hat. Keine Angst, ich spoilere den Film nicht zu stark.

Die Geschichte ist ja ohnehin bekannt: Schneewittchen wird von ihrer bösen und eifersüchtigen Stiefmutter (im Remake gespielt von Gal Gadot) zum Abschuss freigegeben, weil sie zu schön wird. Die Prinzessin findet in einem Wald ein neues Zuhause bei sieben Zwergen.

Hauptdarstellerin Rachel Zegler hatte das 1937 erschienene Disney-Original als veraltet bewertet und unter anderem die Liebesgeschichte kritisiert. Das neue Schneewittchen verliebt sich zwar, aber die Romanze steht nicht im Mittelpunkt.

Die Prinzessin hat andere Interessen, sie will vorankommen im Leben und definiert sich nicht über Männer, sondern über Werte wie Freundschaft, Hilfsbereitschaft und einen Weltverbesserungsdrang. Dieses Update geht in einem Märchenfilm, wer hätte das gedacht, richtig gut auf.

"Schneewittchen", oder: Malen nach Zahlen

"Schneewittchen" tut nicht weh. Aber das sollte nicht das bestmögliche Urteil sein, das man sich aus den Rippen leiert über einen Film, der, gemessen an seinem Marketingaufwand, seinem Lebensraum in Multiplex-Kinos (ihr könnt in manchen Kinos zwischen 14 und 20 Uhr sechs verschiedene Vorstellungen schauen) und seinem Budget (über 260 Millionen Dollar angeblich) ein popkultureller Meilenstein des Jahres 2025 sein müsste.

Die oben beschriebenen Änderungen sind das einzig Interessante an "Schneewittchen". Ja, Disney erlaubte sich beim Konzept Malen-nach-Zahlen ein paar kreative Abweichungen.

Von den angeblich ausgegebenen Anforderungen des Studios an ein Live-Action-Remake löst der Film sich aber eben nicht: Regisseur Marc Webb muss brav ikonische Szenen abhaken.

Schneewittchens verstörende Flucht in den Märchenwald etwa übernahm Webb eins zu eins vom Original, bis ins Detail. Obwohl doch gerade diese Sequenz endlose Möglichkeiten geboten hätte.

Eine eigene Filmsprache, sofern der einstige "Spider-Man"-Regisseur so etwas noch besitzt, wurde von einem unsichtbaren Knebel unterdrückt

"Schneewittchen" ist lebloser Quellcode, von dem nichts haften bleiben wird.

In der Theorie klingt es ja wie eine gute Idee, feministische Versionen von Märchenklassikern drehen, wenn man bedenkt, dass vor allem Kinder diese Filme schauen. Aber vielleicht sollten diese Filme dann besser sein.

Kreative und ästhetische Wüsten

Aufdringliche Hässlichkeit gepaart mit offensichtlich gewollter kreativer Unlust ist sowas wie die Ur-Sünde der Live-Action-Remakes von Disney. Wo eine Schablone bereits existiert, muss man sich nichts einfallen lassen. Man paust quasi nur ab. Filmschaffende werden im schlimmsten Fall zu reinen Erfüllungsgehilfen.

Das hat Konzept. Disney sucht sich oft bewusst Regie-Stars aus, deren Kunstfertigkeit entweder abgestumpft ist und die mal wieder einen dicken Gehaltscheck brauchen (Guy Ritchie, Tim Burton) oder nie vorhanden war (Jon Favreau, Rob Marshall). Oder die keine Ambition oder Kraft mitbrachten, sich in Studiomeetings gegen das mächtige Disney durchzusetzen (Barry Jenkins).

Ich habe als Kind zwar tausendfach "König der Löwen" auf VHS-Kassette gesehen, bin aber das Gegenteil eines Disney-Adult. Ich brauche diese Filme nicht. Ich konnte die Existenz von Live-Action-Remakes solange ertragen, wie ich den Eindruck hatte, dass das Kino sie braucht. Und daran zweifle ich jetzt.

Disney hatte gute Gründe, Filme wie "König der Löwen" und "Schneewittchen" in die Kinos zu bringen. Selbst das schlechte Remake eines Klassikers garantiert gewisse Einnahmen, allein aufgrund des Wiederkennungswertes der Marke.

Das ist in Zeiten schwindender Zuschauerzahlen eine Kröte, die man vielleicht schlucken muss. Mit diesem Pragmatismus bietet Disney Kinobetreibern eine Überlebensgrundlage. Eine bittere, ja, aber es ist besser als nichts.

Die Live-Action-Remakes werden zur Belastung

Mittlerweile glaube ich aber, dass diese Art Film dem Kino eher schadet, also so langfristig jetzt. Filme wie "Schneewittchen" berühren eine grundsätzliche Frage an den gegenwärtigen Blockbuster-Zustand.

Denn wer, diese Frage richtet sich auch an Disney-Adults, geht aus "Schneewittchen" musisch befriedigt raus? Erfüllt von Glückseligkeit? Emotional aufgewühlt oder gar erleuchtet?

Und wenn nichts davon, wer war immerhin 105 Minuten lang uneingeschränkt unterhalten, was auch ein Wert für sich ist? Mich interessiert das wirklich.

Ich glaube, eigentlich wünscht sich niemand Kino wie "Schneewittchen". Ich glaube, wir haben uns in den vergangenen Jahren auf ein Art Blockbuster-Bare-Minimum geeinigt, das nur sporadisch unterbrochen wird von "Avatar", "Barbie" und "Oppenheimer".

Es ist nur ein kleiner Ausschnitt, aber die Blockbuster-Sparte gibt gerade ein erschreckendes Bild ab. "Schneewittchen" erschien eine Woche nach dem Netflix-Film "The Electric State". In die Filme flossen zusammengenommen fast 600 Millionen Dollar. An beide wird man sich in einem Monat nicht mehr erinnern. Wie soll sich dieses System langfristig tragen?

Das ist kein Aufruf, "Schneewittchen" nicht zu schauen. Aber einer, nach dem Kinobesuch mal kurz in sich hineinzuhören. Tut sich da irgendwas?

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