Wir alle stecken Menschen in Schubladen. Wer behauptet, das nicht zu tun, lügt. Das ist menschlich und passiert ganz automatisch. Aber: Manche machen das mehr als andere. Und besonders schlimm ist das für diejenigen, die selbst zu einer Personen-Gruppe gehören, die in negative Schubladen gesteckt werden.
Ich zum Beispiel.
Seit ich seit meinen ganz frühen Zwanzigern Mutter bin, bin ich ein optimales Schubladen-Objekt. Die Schublade, in der ich im Kopf vieler Menschen sitze, ist groß. Darin ist viel Platz, vor allem für negative Zuschreibungen. Der Versager-Status zum Beispiel oder das "Sie hat keine Freizeit und lebt nur für das Kind"-Vorurteil. Oder der "unhappy, ungepflegt und frustriert"-Stempel. Und, zu guter Letzt: die Meinung, dass ich "bestimmt keinen Partner finde und wenn doch, dann hat der auch Kinder."
Dass nichts davon stimmen muss, habe ich selbst erst erfahren, als ich in die Schublade der Single-Mums gestiegen bin. Mittlerweile weiß ich auch, dass mich nicht unbedingt ein Mann mit Nachwuchs da raus "retten" muss.
Irgendwie gehen alle davon aus, dass sich Single-Eltern zusammenschließen müssen, dass jemand mit Nachwuchs am besten jemanden mit Nachwuchs für eine Partnerschaft finden sollte. Als ob man bestimmen könnte, wo die Liebe hinfällt ... Okay, vielleicht ein bisschen.
Aber das wichtigste Kriterium ist es für mich nicht, ob der andere ein Kind hat. Dazu kommt, dass ich eher einen Partner möchte, dessen Kinder wenigstens ungefähr im gleichen Alter sind wie mein Nachwuchs.
Das ist aber nicht so einfach, wenn man eine so junge Mama ist. Mein Kind geht schon zur Schule. Trotzdem haben die meisten Männer in meinem Alter noch keinen Nachwuchs. Und wenn, dann sind die Kids noch klein.
Das ist ein Problem. Denn ganz im Ernst: Bock auf Windeln wechseln, wenn mein Kind schon total selbstständig ist, habe ich nicht mehr. Männer mit Kindern im gleichen Alter sind (mir persönlich) meistens leider zu alt.
Da bleib' ich lieber allein in meiner Schublade.
Oder ich date eben Männer ohne Nachwuchs. Dass da die Interessen die gleichen sind, ist einfach wahrscheinlicher. Ich merke das immer wieder, wenn ich jemanden kennenlerne. Die wirklich interessanten Exemplare sind nun mal ungefähr in meinem Alter. Kinder hin oder her.
Wo ich früher noch genervt war, weil Männer in meinem Alter eher schreiend davon gelaufen sind, als sie von meinem Mama-Status erfahren haben, ist es heute ganz anders. Verübeln will ich das zwar niemandem. Trotzdem ist es jetzt schöner: Endlich habe ich ein Alter erreicht, in dem die allermeisten Männer keinen Schock davon bekommen, dass ich Nachwuchs habe.
Da frage ich mich: Bin ich jetzt diejenige, die andere in Schubladen steckt?