Elon Musk gilt gemeinhin als Verfechter einer radikalen Meinungsfreiheit. Nachdem er im Oktober den Mikrobloggingdienst Twitter für 44 Milliarden Dollar übernommen hatte, dauerte es auch nicht lange, bis er die Sperre des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump aufhob.
Allerdings scheint seinem Liberalismus auch Grenzen gesetzt zu sein. Und zwar dort, wo sich Personen mit Meinungen zu Wort melden, die von den Positionen von Elon Musk abweichen.
Musk hat in den vergangenen Tagen die Accounts mehrerer Journalist:innen sperren lassen, die sich kritisch gegenüber dem Twitter-CEO geäußert hatten. Nun nahm er überraschend an einem Talk der firmeneigenen Gesprächsplattform "Spaces" teil – und fiel dort mit wirren Aussagen auf. Ein Twitter-Nutzer hat den Gesprächsausschnitt ebenda veröffentlicht.
Thema der Gesprächsrunde war die Sperrung des renommierten Journalisten der "New York Times", Ryan Mac. Zu dem Zeitpunkt, als Musk an der Diskussion teilnahm, waren bereits mehr als 37.600 Zuhörer:innen dabei.
Nachdem sich Elon Musk eingeklinkt hatte, wiederholte er die Rechtfertigung für die Sperrung der betroffenen Accounts: "Informationen über den Standort eines Nutzers zu posten, ist einfach unangemessen", äußert er mehrfach, während im Hintergrund zu hören ist, wie er in die Tastatur tippt. "Es gibt keine Sonderbehandlung: Du verrätst persönliche Informationen, du fliegst raus. Ende der Geschichte."
Zum Hintergrund: Im Vorfeld hatten einige der Journalist:innen über den Twitter-Kanal "Elonjet" berichtet, auf dem öffentlich verfügbare Daten über den Aufenthaltsort von Musks Privatjet zusammengetragen wurden. Die Artikel und Tweets, die letztlich zu der Sperrung führten, hatten lediglich auf den Blog verwiesen.
Als Katie Notopoulos von "Buzzfeed News" auf die Tatsache aufmerksam macht, dass niemand seinen Privatstandort preisgegeben habe, reagiert er gereizt und will das nicht anerkennen.
Der ebenfalls gesperrte "Washington Post"-Journalist Drew Harwell pflichtete seiner Kollegin bei und konfrontierte Musk anschließend mit dem Vorwurf, ob das nicht genau das Verhalte sei, welches er im damals Rahmen der Geschichte um Hunter Bidens Laptop kritisiert habe.
Einige Tage zuvor hatte Musk gegen die ehemalige Twitter-Führung um Jack Dorsey ausgeteilt und ihnen vermeintliche Vertuschungen vorgeworfen. Kurz vor der Präsidentschaftswahl 2020 hatte der Mikrobloggingdienst Verweise auf eine Geschichte der "New York Post" unterbunden, in der allerlei Vorwürfe gegen den Sohn des jetzigen US-Präsidenten, Hunter Biden, erhoben wurden. Musk sprach in dem Kontext von einer Verschwörung.
Mit dem Vorwurf konfrontiert, reagiert der Tesla-CEO unsicher: "Das ist für mich nicht akzeptabler als bei Ihnen." Auf die Nachfrage, ob sein Handeln demnach inakzeptabel war, entgegnet er: "Nein. Wenn man doxxt, wird man gesperrt. Das war's". Daraufhin verlässt er umgehend den virtuellen Raum.
Mittlerweile haben sich sogar die EU und das Auswärtige Amt in die Diskussion um Musks Verhalten eingeschaltet. EU-Kommissionsvize Vera Jourova verwies auf den Digital Services Act, dessen Vorgaben ab Februar 2024 in der EU greifen und unter anderem die Medienfreiheit stärken soll. "Es gibt rote Linien. Und bald Sanktionen", droht sie auf Twitter.
Und auch das Auswärtige Amt zeigt sich über die Entwicklungen besorgt: "Pressefreiheit darf nicht nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden. Unten stehende Journalisten können auch uns ab heute nicht mehr folgen, kommentieren und kritisieren. Damit haben wir ein Problem", heißt es in einem Tweet auf dem Mikrobloggingdienst.