Bevor am 1. April das deutsche Cannabis-Gesetz in Kraft getreten war, galten in Europa vor allem die Niederlande und hier speziell Amsterdam als absolute Kiffer-Hochburg. Als im vergangenen Jahr ein Verbot für das öffentliche Gras-Rauchen in ebenjener Innenstadt erlassen wurde, wunderten sich daher viele über den Schritt.
Dass staatliche Restriktionen insgesamt im Bereich der Drogenpolitik sinnvoll sind, bezweifeln Expert:innen immer wieder. Genau diese Ansicht steckt nun auch hinter einer ungewöhnlichen Forderung der Amsterdamer Bürgermeisterin in Bezug auf härtere Drogen.
Ähnlich wie im Zuge der Teil-Legalisierung von Cannabis in Deutschland könne ihren Worten zufolge nur ein "regulierter Markt" den Drogenschmuggel und seine "desaströsen" Auswirkungen auf die niederländische Hauptstadt bekämpfen. Femke Halsema regiert die Stadt seit 2018, führt seitdem laut eigenen Angaben "Krieg" gegen die Drogenwelt.
Amsterdam gilt als Drehkreuz des Drogenhandels. 80 Prozent der Polizeiaktivitäten seien mittlerweile allein der Bekämpfung von Drogenkriminalität gewidmet. "Ist es nicht lächerlich, dass wir Drogenhandel den Kriminellen überlassen und nicht versuchen, einen Weg zu einem zivilisierten Markt zu finden?", stellt Halsema in den Raum.
In diesem Zusammenhang hat sie nun eine besondere Idee aufgebracht, die im ganzen Land heftige Diskussionen hervorruft. "Man könnte sich vorstellen, Kokain in Apotheken oder über ein medizinisches Modell zu bekommen", erklärte die 57-Jährige in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.
Als Begründung führte die ausgebildete Kriminologin an, dass bisherige Regeln der "gewalttätigen" Unterwelt keinen Einhalt bieten konnten. Daher müsse über bessere Wege nachgedacht werden, um Drogen zu regulieren. In ihren Augen wäre neben einem regulierten Kokain-Markt auch ein Markt für Drogen wie Ecstasy vorstellbar.
"Ich denke, dass einige Drogen gefährlich sind, und ich denke auch, dass es klug ist, Drogenkonsum zu reduzieren. Aber ich merke auch, dass die Art und Weise, wie wir das tun, nicht hilft", fuhr sie fort. Erst Ende vergangenen Jahres stellte der niederländische Zoll knapp 1200 Kilogramm Kokain am Hafen von Rotterdam sicher.
Kokain wird aus den Blättern der Cocapflanze gewonnen, die vorwiegend in Südamerika wächst. In Form von kristallinem Pulver wird es bereits seit dem 20. Jahrhundert als Rauschmittel verwendet.
Der illegale Konsum kann in dramatischen Fällen zu Krampfanfällen und Herzinfarkten führen. Das Bundesgesundheitsministerium warnt auch vor dem großen Risiko einer Abhängigkeit.
Die Haltung der Amsterdamer Bürgermeisterin zum legalen Verkauf von Kokain ist umstritten. Bart De Wever, der Bürgermeister von Antwerpen, erteilte der Maßnahme zuletzt eine Absage.
Halsema hatte Ende Januar andere Stadtvertreter:innen und Expert:innen zu einer Konferenz nach Amsterdam eingeladen, um zu diskutieren, "wie und nicht ob" Städte Drogen regulieren sollten. Sie bleibt bei ihrer Haltung. "Jeder, der ein bisschen über Wege nachdenkt, wie man den Einfluss der Drogenhändler wirklich reduziert, kommt zu diesem Schluss (...), dass es tatsächlich keine Alternative gibt", unterstrich sie.
(mit Material der AFP)