In wenigen Tagen ist der langersehnte Anpfiff der 17. Uefa-Europameisterschaft. Bis Mitte Juli kämpfen die Nationalteams in Deutschlands größten Stadien um die heißbegehrte Trophäe. Für Deutschland bedeutet die Heim-EM den Ausnahmezustand: Party, Public-Viewing und Millionen Fans erfordern spezielle Sicherheitsmaßnahmen von Polizei, Bund, Ländern und Städten.
Während die Polizei für die Dauer des Turniers ein Hauptquartier in Neuss für in- und ausländische Beamt:innen eingerichtet hat und an den Grenzen extra Kontrollen durchgeführt werden, hat die Stadt Düsseldorf angesichts der zu erwartenden Fanmassen einen Verhaltenskodex entwickelt. Darin geht es auch ums Misgendern. Das bedeutet, eine Person auf eine Weise anzusprechen, die nicht ihrem Geschlecht entspricht.
Fünf Turnierspiele der Europameisterschaft 2024 finden in der Arena Düsseldorf statt. Als sogenannte Host City (Gastgeberstadt) bietet Düsseldorf deshalb drei Fan-Zonen zum Public Viewing an: Am Burgplatz, den Kasematten und am Schauspielhaus. Rund 250.000 Besucher:innen werden dort laut Informationen der "Rheinischen Post" (RP) erwartet.
Die Stadt hat daher ein Euro-spezifisches Schutzkonzept erarbeitet, das der Gewaltprävention beim Zusammentreffen so vieler feierwütiger oder enttäuschter Fans dienen soll. Es ist eine Erweiterung der bereits bestehenden Schutzmaßnahmen um Ressourcen der Frauenberatungsstelle, ausgebildete Awareness-Teams und Rückzugsorte (Safe Spaces) in den Fan-Zonen und die Erstellung und Veröffentlichung eines Verhaltenskodexes.
Wie die "Rheinische Post" berichtete, ist der Düsseldorfer Verhaltenskodex ausgesprochen spezifisch. Möglicherweise in Anspielung auf das Skandal-Video aus Sylt oder andere diskriminierende Lieder, die in den vergangenen Jahren in die Schlagzeilen geraten sind, heißt es laut der "RP" im Fan-Kodex:
Auch zum Thema kulturelle Aneignung hat der Verhaltenskodex etwas zu sagen. Denn Verkleidungen gehören zum festen Repertoire vieler Stadiongänger:innen und Turnierfans. Gerade bei einem internationalen Wettbewerb wie der EM will die Stadt Düsseldorf offenbar erreichen, dass bei den Fan-Kostümen keine anderen Kulturen oder Nationen diskriminiert oder lächerlich gemacht werden. Die "RP" zitiert aus dem Verhaltenskodex:
Im ekstatischen Gemenge der Fan-Zonen kann es bekanntlich schnell zu der einen oder anderen romantischen Bekanntschaft kommen. Viele nutzen die ausgelassene Stimmung, um neue Menschen kennenzulernen und zu flirten.
Daran hat auch die Stadt Düsseldorf grundsätzlich nichts auszusetzen. Doch auch hier gelten klare Regeln zur Zustimmung und Freiwilligkeit solcher Kontakte, die jedoch den wenigsten neu sein sollten. Laut der "RP" steht dazu im Verhaltenskodex:
Des Weiteren erinnert die Stadt Düsseldorf daran, dass man Menschen ihr Geschlecht nicht ansehen kann. Der Verhaltenskodex bittet laut Informationen der RP deshalb darum, Personen nicht zu misgendern, also ein falsches Pronomen zu verwenden, auch wenn ihre Geschlechtszugehörigkeit überraschend erscheint. Im Verhaltenskodex der Stadt steht dazu: "Wenn eine Person ein für dich unerwartetes Geschlecht angibt, verwende bitte dieses Geschlecht (sie/er/they etc.) oder ihren Namen, wenn du mit ihr oder über sie sprichst."
Besonders strenge und wohl auch etwas unrealistische Regeln gelten für die Aufnahme von Fotos in den Fan-Zonen. Die RP zitiert dazu aus dem Verhaltenskodex:
Während die vorherigen Verhaltensregeln eher Grundsätze des respektvollen Miteinanders sind, wird es in den Fangemengen der Public-Viewing-Zonen für Einzelpersonen wohl kaum möglich sein, wirklich alle auf Fotos abgebildeten Personen unkenntlich zu machen.
Noch ist der Verhaltenskodex der Stadt Düsseldorf noch nicht offiziell veröffentlicht worden. Laut der RP sollen die Regelungen über die Uefa-App, Social Media und die Leinwände in den Fan-Zonen verbreitet werden.
So sollen die Anwesenden darüber informiert werden, dass sie sich bei Verstößen gegen den Verhaltenskodex oder anderen Problemen an ein Awareness-Team oder das Sicherheitspersonal wenden können. Bei Übergriffen oder Diskriminierung behält die Stadt sich vor, die betreffenden Personen von der Veranstaltung auszuschließen.