Viele von uns sind unzufrieden, gestresst oder sogar richtig unglücklich – würden das aber niemals laut sagen. Nicht vor anderen. Und meistens nicht mal vor uns selbst.
Weil wir funktionieren müssen. Weil alle anderen ja auch "ihr Ding machen". Weil Gefühle manchmal einfach zu anstrengend sind. Also greifen wir zu bestimmten Sätzen – wie zu einem verbalen Pflaster – die uns selbst beruhigen und gleichzeitig dafür sorgen, dass niemand weiter nachfragt.
Drei Sätze, die wir nutzen, wenn wir unglücklich sind und es nicht zugeben wollen:
Das klingt erstmal total nach "Boss Babe"-Vibes, nach jemandem, der seinen Terminkalender so im Griff hat wie andere ihre Spotify-Playlist. In Wahrheit aber: ein Klassiker der Vermeidung. Hinter diesem Satz steckt oft der Versuch, Gefühle nicht fühlen zu müssen. Wer sagt, er sei "zu beschäftigt", hat meistens keine Kapazitäten – aber nicht unbedingt im Kalender, sondern im Herzen. Denn sich mit Arbeit, Hobbys oder Serien zuzukleistern, ist eine elegante Methode, nicht über das nachzudenken, was schmerzt. Beziehungskrise? Noch ein Projekt angenommen. Existenzangst? Erstmal den Keller ausmisten. Psychologisch gesprochen: Wir erleben hier ein Vermeidungsverhalten, das kurzfristig Entlastung verschafft – langfristig aber oft zu innerer Leere führt. Die eigenen Bedürfnisse werden ignoriert, das emotionale Konto überzogen.
Die Betonung liegt natürlich auf "wirklich". Als bräuchte es eine doppelte Versicherung, damit wir es selber glauben. In Wahrheit sagt dieser Satz oft: Bitte frag nicht weiter nach. Diese Art der Kommunikation ist ein Indikator für emotionale Unterdrückung – das bewusste oder unbewusste Verstecken von negativen Gefühlen, weil man sie entweder nicht zeigen will oder nicht zeigen darf. Vielleicht, weil man stark wirken möchte. Oder weil man gelernt hat, dass "gute Laune" der soziale Standard ist, den es zu erfüllen gilt. Kleiner Tipp: Achte mal darauf, wie jemand diesen Satz sagt. Zu schnell? Zu defensiv? Zu betont? Oft schwingt zwischen den Zeilen das Gegenteil mit.
Oh, really? Natürlich gibt es Phasen, in denen man allein sein will – und das ist auch völlig okay. Doch wenn dieser Satz immer wieder kommt, dann ist Vorsicht geboten. Denn häufig ist er Ausdruck von emotionaler Erschöpfung, Enttäuschung oder der Angst, wieder verletzt zu werden. Wer behauptet, keine Nähe zu brauchen, hat vielleicht einfach schlechte Erfahrungen gemacht – und schützt sich durch Rückzug. Psychologisch interessant: Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen echter Gefahr und emotionalem Schmerz. Wer sich also von zwischenmenschlichen Beziehungen bedroht fühlt, weil sie mit Schmerz verknüpft sind, geht lieber auf Abstand – auch wenn es tief im Inneren eigentlich nach Verbindung schreit.
Diese Sätze sind wie Filter auf Instagram: Sie machen die Realität hübscher, aber eben nicht echter. Wir nutzen sie, um uns selbst und anderen ein Bild zu zeigen, das weniger angreifbar wirkt. Doch echte emotionale Stärke zeigt sich nicht im Verdrängen, sondern im Zulassen. Und manchmal bedeutet das auch, ehrlich zu sagen: "Ich weiß gerade nicht, was mit mir los ist – aber es ist nicht alles okay." Die gute Nachricht? Wir alle tun das manchmal. Die bessere Nachricht? Wenn du dich dabei ertappst, so einen Satz zu sagen – frag dich leise: Was würde ich sagen, wenn ich ganz ehrlich wäre? Das hilft.