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Erziehung: Sollte man als Mutter sein Baby stillen oder füttern?

"Es gibt zu viele Mütter, die super schlaue Ratschläge geben." 3 Frauen übers Stillen

Bild: Unsplash
13.08.2018, 10:1714.08.2018, 09:25
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Wenn es ums Stillen geht, kommt es nicht selten zu schizophren Debatten. Die landläufige Meinung scheint zu sein: Frauen sollen auf jeden Fall stillen. Oder es zumindest versuchen. Und zwar der Natur folgend, wenn das Kind hungrig ist. Aber bitte nicht draußen. Und nicht so, dass man den Busen sieht. Also vielleicht auf dem Klo. Soll aber ein möglichst inniger Moment zwischen Mama und Kind sein.

Klingt absurd? Ist es auch.

Weil niemand diese Ansprüche gleichzeitig erfüllen kann. Und weil Mütter und ihre Babys so unterschiedlich sind: Da gibt es die, die gerne Stillen. Frauen, die es nie mochten – und die, bei denen es einfach nicht klappt. 

Wir haben drei Frauen gefragt, wie sie zum Stillen stehen und was ihnen in der Debatte so richtig auf die Nerven geht.

Stillen war noch nie meins – also habe ich's direkt gelassen

bloggermumofthree stillen Inga Denise Nawin
Bild: privat

Denise ist 39 Jahre alt und hat drei Kinder im Alter von 2, 6 und 8 Jahren. Auf ihrem Blog berichtet sie über ihr Leben als dreifach-Mutter: https://bloggermumofthreeboys.com/

"Schon als Teenager wusste ich, dass ich zwar Kinder wollte, aber bei der Vorstellung, die Brust zu geben, habe ich instinktiv die Arme verschränkt. Als Diabetikerin lebe ich in der Schwangerschaft extrem diszipliniert und mit vielen Verboten und vielleicht hat das auch eine Rolle gespielt; weil ich möglichst schnell wieder Autonomie über meinen Körper haben wollte.

Ja, diese 40 Wochen der Schwangerschaft gebe ich körperlich alles für die Kinder, aber danach wollte ich mich auch selbst wohlfühlen und das Stillen gehört nicht dazu. Es gibt Alternativen zu Muttermilch, wenn man sich informiert. Das ist ein Luxus, den wir in Industrieländern haben – dass man eine Wahl hat.

Direkt nach der der Geburt meines ersten Kindes habe ich die Abstillpille genommen und so habe ich es auch bei den nächsten zwei gemacht. Ich wollte keinen Milcheinschuss, das war eine ganz bewusste Entscheidung. Dadurch, dass ich mir meiner Sache sicher bin, treffen mich Anfeindungen auch nicht so. Die kommen eh nie von Freunden, sondern Fremden.

"In einem Internetforum musste ich mir mal anhören, Frauen wie ich sollten gar keine Kinder kriegen – das fand ich ziemlich unter der Gürtellinie."
Denise (39)

Ich glaube: Wenn es mir so widerstrebt, sollte ich es nicht erzwingen. Das wäre sicher schlecht für die Kinderbindung. Stattdessen gebe ich Flasche und kuschel dabei ganz intensiv mit den Kleinen, oft auch im Bett, Haut an Haut. Die Nähe haben wir genauso wie beim Stillen – auch mein Mann übrigens, der durch die Flasche von Anfang an gleichberechtigt mitmachen konnte. Das war toll.

bloggermumofthree stillen Inga Denise Nawin
Bild: privat

Ich bin auch wirklich keine Stillgegnerin. Ich fände es nur schön, wenn jede diese Entscheidung selbst treffen kann, ohne Kritik und mit Unterstützung für ihren Weg. Bei einem Rückbildungskurs kam mal eine Frau auf mich zu, die mir sagte, wie mutig sie es fand, dass ich einfach so die Wahrheit sagen würde. Sie fühle sich beim Stillen unwohl, aber traue sich nicht, das laut zu sagen. Schön wäre es, wenn alle Mütter, Hilfe und Beratung bekämen, also auch die, die nicht Stillen möchten und das ohne eine Wertung abzugeben." 

Ich liebe Stillen – auch in der Öffentlichkeit

Irina ist 32 Jahre und hat zwei Kinder im Alter von 3 Jahren und 3 Monaten. Auf Instagram gibt sie Einblicke in ihre Familie: instagram/verliebtinmeinejungs

"Mein großer Wunsch war es immer meine Kinder stillen zu können. Diese Verbundenheit zu spüren, ist unbeschreiblich schön und erfüllt mich mit so viel Liebe. Außerdem bin ich der Meinung, dass Muttermilch das Beste für mein Kind ist – solange ich mich gesund ernähre. Deshalb bin ich auch sehr dankbar, dass es bei mir auf Anhieb funktioniert hat. Meine beiden Jungs fanden direkt nach der Geburt Gefallen daran und futterten sich bereits nach kurzer Zeit zuckersüße Speckröllchen an.

Stillen bedeutet für mich mehr als Nahrungsaufnahme! Es gibt mir die Möglichkeit, mit dem Kleinen zu kuscheln und die Zweisamkeit zu genießen – was bei zwei Kindern etwas schwierig ist, weil man sich im Alltag auf beide konzentrieren muss.

Lev habe ich anderthalb Jahre lang gestillt. Pünktlich zum Eintritt in die Kita, habe ich abgestillt. Wobei es ganz spontan erfolgte. Er übernachtete zwei Nächte bei seiner Oma und danach wollte er von sich aus nicht mehr! Bei Mika lasse ich es einfach auf mich zukommen. Das Abstillen kommt, wie es kommen soll – ganz ohne Druck!

"Wenn mein Baby Hunger hat, ist es für mich wichtig, mein Kind rechtzeitig zu füttern. Da spielt es keine Rolle, ob ich zu Hause bin oder unterwegs."
Irina (32)

Die Bedürfnisse meines Babys stehen an erster Stelle! Allerdings achte ich immer darauf, dass ich mir in der Öffentlichkeit dazu ein ruhiges Plätzchen suche oder mich etwas mit einem Tuch zudecke. Man muss ja nicht der ganzen Welt seine Brust präsentieren! So werden Menschen auch nicht provoziert, böse Kommentare zu lassen. Bis jetzt habe ich auch keine negativen Äußerungen zu hören bekommen.

Ich glaube: Jeder Mensch hat einen gewissen Raum, wo er sich wohlfühlt – eine Komfortzone. Und wenn dort irgendwas passiert, was für ihn ungewöhnlich ist, schlagen bei ihm die Alarmglocken und er reagiert zum Beispiel mit ,komischen' Blicken oder irgendwelchen Bemerkungen."

Ich wollte unbedingt Stillen – und dann war es ein Kampf 

Martina ist 50 Jahre alt und hat zwei Kinder im Alter von 9 und 12 Jahren. Auf "Jolinas Welt" spricht sie über ihren Familienalltag: jolina-noelle.blogspot.com

"Ich wollte gerne Stillen, weil ich unbedingt alles richtig machen wollte. Die Hebamme sagte, stillen sei das Beste, die Bücher, die ich mir gekauft hatte, sagten das gleiche: Stillen macht schlau, gestillte Kinder sind gesünder, JEDER KANN STILLEN. Ich bin ja schon etwas älter und habe Zeiten erlebt, da waren stillende Mütter Exoten.   

Dann war es echt ein Kampf. So 100 % ist es nicht gescheitert, aber vielleicht kann doch nicht JEDER Stillen – schon meine Oma hatte Probleme, könnte so ein Familiending sein. Und natürlich hatte ich zwei Babys, die nicht einfach waren. Die erste war unruhig und nahm sich gar nicht die Zeit zum trinken.

Die Zweite hatte durch ihre Muskelhypotonie, die häufig bei Menschen mit Down Syndrom auftritt, eine Trinkschwäche. Es hätte vielleicht geklappt, hätten mich die Schwestern auf der Intensivstation nicht wahnsinnig gemacht, da die Sauerstoffsättigung beim Trinken abgefallen ist und ich dann stoppen musste, irgendwann war es wohl auch meiner Tochter zu blöd. Hier habe ich abgepumpt, so bekam sie zwar Muttermilch, aber der Aufwand war größer als hätte ich Nahrung fertig gekauft. So beruhigte ich mein schlechtes Gewissen.

Noch in der Schwangerschaft Nr. 2 nahm ich mir fest vor, so nen Quatsch nicht mehr zu veranstalten. Heute, nach 9 Jahren bereue ich, dass ich es nicht doch immer wieder versucht habe, vielleicht wäre ihre Mundmotorik dann heute besser und sie könnte besser sprechen. Mütter finden immer Dinge, die sie sich selbst vorwerfen, da braucht man nicht mal ein Umfeld, das sagt, dass man alles falsch macht.

"Der Druck ist da, den baut man selbst auf. Schon in der Vorsorge wird man gefragt: ,Sie wollen aber schon Stillen?' So mit drohendem Unterton."
Martina (50)

Ich habe Mütter beneidet in der Krabbelgruppe. Kind wurde unruhig und hungrig, Mutter zieht sich kurz in die Ecke zurück, nach einem Wimpernschlag war alles erledigt. Ich selbst war da viel mehr am Rennen in der gleichen Situation.  

Was wir dringend brauchen, sind Eltern die Klartext reden. Es ist nicht immer alles rosa Zuckerwatte. Das setzt andere Mütter nur unter Druck. Ich erwähne fast nie, dass meine beiden von Anfang an durchgeschlafen haben, dafür bin ich wirklich dankbar, aber es war nicht mein Verdienst, es liegt am Naturell. Warum soll ich andere Mütter runterziehen, die Augenringe groß wie Lkw-Reifen haben?

"Aus dem Alter sollten wir raus sein, uns wie Kindergartenkinder übertrumpfen zu wollen."
Martina (50)

Es gibt zu viele Mütter, die super schlaue Ratschläge geben. Und bei Instagram scheint es ja nur perfekte Babys zu geben, mit wunderschönen Müttern in aufgeräumten Wohnungen. Das will dann die Mami, die das sieht auch. Dabei läuft sie selbst mit Spuckflecken auf der Schulter, mit Augenringen durch eine chaotische Wohnung und fühlt sich schlecht. Wir brauchen mehr Bilder von normalen Müttern."

Was ist deine Meinung bei dem Thema? Oder möchtest du selbst deine Erfahrungen teilen? Schreib es uns in die Kommentare.

Team Doria! Mutti ist eh immer die Beste, selbst bei Prinzessinnen...

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