Die Geschirrspüle wurde nicht ausgeräumt, ständig hängt sie nur am Handy und immer gibt er so viel Geld für Sneakers aus – die meisten Beziehungen geben ausreichend Anlässe für Nörgeleien her.
Die Frage ist nur: Bringt es was, darüber zu motzen? Oder führt das nur zu Augenrollen und Abwehr? Immerhin steckt hinter wiederkehrenden Beschwerden ja die Hoffnung, dass die andere Person sich uns zuliebe ändert. Kann man das durch Nörgeln erreichen oder steckt eigentlich etwas anderes hinter dem Gemecker?
Wir fragten bei Nina Grimm nach. Sie ist Familienpsychologin und Bestsellerautorin, lebt und arbeitet von Freiburg aus. In ihrem Arbeitsalltag erlebt sie dieses Thema sehr häufig bei Paaren, ein Klassiker also.
Sie sagt dazu allerdings sehr deutlich: "Nörgeln ist NIE eine gute Idee." Manchmal könne man sich zwar nicht zurückhalten, mit der stacheligen Kritik. Das sei "selbst in den besten Beziehungen" normal und "im Einzelfall nicht schlimm", aber "eben auch nicht zielführend".
Die Hoffnung, dass die Beziehung besser wird, wenn man nur oft genug meckert, ist – man ahnt es schon – vergebens. Viel eher sinkt die Stimmung der Liebenden mit andauerndem Gemecker auf den Nullpunkt.
"Denn, Hand aufs Herz: Was würde es mit dir machen, wenn dein Gegenüber ständig an dir ziept, zerrt und dich kritisiert?", fragt Nina Grimm und liefert die Antwort gleich mit:
Im Alltag sieht das dann so aus: Entweder die kritisierte Person legt tatsächlich das Smartphone beiseite, allerdings unwillig und in stillem Groll. Oder sie geht direkt in den Angriff über, à la: "Musst du gerade sagen, wer liest den selbst auf dem Klo noch stundenlang Newsfeeds?!"
Beide Varianten bergen eher Beziehungs-Verschlechterungs-Potenzial als größere Harmonie. Nörgeln, sagt die Paartherapeutin, "entfernt uns nur von einer konstruktiven Lösung." Es nervt und frustriert oft sogar beide Seiten, wenn gemeckert wird. Standpauken unter Liebenden sind eben nichts Schönes.
Nun ist es natürlich etwas anderes, ob es sich bei dem "Vergehen", um ein einmaliges Ereignis handelt, über das man kurz motzt (zum Beispiel, weil die Lieblingsperson mit Schlammschuhen in den gerade frisch geputzten Flur kam, um schwere Einkaufstüten abzustellen, argh!), oder ob es den ganzen Tag lang Kritik hagelt.
Zahnpasta-Spritzer auf dem Spiegel, eine Nachricht, die unbeantwortet blieb, die falsch genommene Autoroute oder das Sich-Breit-Machen auf dem Sofa. Wer einen Grund zu schimpfen sucht, der findet auch...
Wer allerdings merkt, dass er oder sie sich ständig nur noch aufregt, kann diese Energie besser für ein bisschen Selbstanalyse verwenden. Nina Grimm rät: "Prüfe aufrichtig und genau, ob sich dein Nörgel-Anlass wiederholt. Und sobald es das tut, stelle dir die Frage: worum geht es denn wirklich?"
Denn Nörgeleien wirken zwar oft unberechtigt, passieren aber auch nicht einfach so. Sie sind eher das Symptom für etwas, was in der Beziehung prinzipiell im Argen liegt. Ein Bedürfnis, das nicht erfüllt wird. Ein nicht aufgearbeitetes Problem.
"Meistens landen wir hier bei Themen wie: Wertschätzung, Respekt oder Vertrauen", weiß die Expertin aus der Praxis. Es geht also zum Beispiel nicht um den Müll, der nicht heruntergebracht wurde, sondern das Gefühl, alles im Leben alleine stemmen zu müssen.
Nina Grimm: "Um das Problem zwischen euch wirklich konstruktiv lösen zu können, gehören diese Themen auf den Tisch." Die beste Nachricht daran ist: Mit Glück hat dann auch die ewige Motzerei ein Ende.