Es ist den Menschen eigen, dass sie sich, wider besseres Wissen, manchmal nicht verabschieden können, von Dingen, die ihnen schaden. Das gilt für Zucker, zu viel Screentime – und manchmal sogar für den Crush.
Wer sich in einer Liebesbeziehung ausgelaugt fühlt, um jedes Staubkorn Liebe und Commitment betteln muss oder vielleicht sogar Demütigung erlebt, will irgendwann nur noch weg.
Das Perfide: Manche Menschen geben dir gerade dann alles, wonach du gelechzt hattest.
Plötzlich hagelt es Zugeständnisse, Liebesbriefe, Wochenendtrips. Natürlich ist ihre Zuneigung ihnen "jetzt erst so richtig klar geworden". Sie haben "noch nie so etwas gefühlt, wie bei dir." Alles wird nun anders. Man wolle an sich arbeiten.
Und während ein inneres Stimmchen und alle Freund:innen noch schreien "Tu es nicht!", bist du schon wieder mit einem Bein zurück im Bett dieser Person, die du eigentlich für immer loswerden wolltest.
Was tun, wenn du nicht loskommst, von einem Menschen, der dir weh tut? Wir sprachen darüber mit Birgit Fehst. Die Buchautorin ("Harte Wahrheiten") studierte Psychologie und arbeitet heute als Paar- und Sexualtherapeutin in Berlin.
Sie kennt das Drama aus ihrer Arbeit und nimmt das Thema ernst. "Wenn du es nicht schaffst, den Manipulationen deines Gegenübers standzuhalten und immer wieder zurückgehst, obwohl du gehen möchtest, dann suche dir Unterstützung", sagt die Expertin daher deutlich.
Denn: Das Ziehen und Wegstoßen hat System. Es sollte nicht reichen, wenn jemand immer erst im Trennungsmoment die großen Gesten auspackt. Liebevolle Zuwendung und Bekenntnisse der Loyalität gehören in den Alltag.
Erhältst du diese Liebe nur, wenn du drohst zu gehen, befindest du dich bereits knietief in einer ungesunden Dynamik. Sobald du dich hingibst, schwindet das Interesse? Das ist ein ganzes rotes Flaggenmeer.
Schluss zu machen ist dennoch schwierig, weil besagte Menschen deine Sehnsüchte gerade dann befriedigen, wenn du gehen willst. Dadurch kommt einem das Vorangegangene plötzlich nicht mehr so wild vor. Vielleicht hatte man tatsächlich überreagiert, war zu ungeduldig? Das Säen ebensolcher Zweifel geschieht mit Hintergedanken, wie Birgit Fehst warnt:
Sie warnt eindringlich davor, auf die dann folgenden süßen Worte, Gesten und Versprechen hereinzufallen, auch wenn das schwierig sei: "Oftmals haben diese Personen damit leider Erfolg, weil sich dieses 'Süße' dann wie das Tollste der Welt anfühlt."
Frage dich ehrlich: Warum fühlt sich das so toll an? Meist doch nur, weil ebenjener Mensch dich im Vorfeld massiv hatte danach hungern lassen.
Das Problem ist, dass die Aufregung rund um Liebe, Hass, Trauer und Verzeihen berauscht wie ein Drogen-Trip und man sich dabei so richtig lebendig fühlt, wie Birgit Fehst erklärt. "Toxisches Auf und Ab macht süchtig", sagt sie. Und weiter:
Die ernüchternde Wahrheit sei aber: "Leider hält das nicht an." Diese Euphorie über dein Liebesglück besteht nur, weil vorher alles schrecklich war. Und sie nutzt sich auch wieder ab, sobald ruhigere Tage kommen.
So hart es klingt, Birgit Fehst sieht in solchen Fällen keinen anderen Weg, als hart zu bleiben und sich zu trennen. Im Zweifelsfall auch mit therapeutischer Hilfe. Denn wer sich immer wieder in solche Beziehungen begibt, tut sich weh und steckt unter Umständen selbst in Mustern fest, die es aufzuarbeiten gibt. "Lass dir helfen, und zwar nicht nur von einer Freundin", rät die Expertin klar.
Löse dich von Personen, die dich nur wollen, wenn du am Ende deiner Kräfte bist. Nichts daran ist liebevoll. Deine Energie ist besser angelegt in einen Menschen, der dich auch noch toll findet, wenn du am Dienstagabend im Pyjama auf seiner Couch sitzt. Ganz ohne Drama.