Jede:r kennt diese eine Person im Freundeskreis, die sich wie magisch von Menschen angezogen fühlt, denen alle Red Flags dieser Welt gleichzeitig auf die Stirn geschrieben stehen.
Da wird das narzisstische Großmaul zum "weltgewandten Charismatiker" verklärt, die ignorante Eiskönigin zur "fokussierten Powerfrau" – und das Umfeld schüttelt verblüfft den Kopf und fragt sich, wie es nur sein kann, dass jemand, der sonst so klar sieht, blödsinnig grinsend in eine zum Scheitern verurteilte Liaison hineinrennt. SCHON WIEDER!
Liegt der Scherbenhaufen der Gefühle dann ausgebreitet da, wird früher oder später auch von der oder dem Verblendeten selbst die berechtigte Frage ausgesprochen: "Warum verliebe ich mich immer wieder in Menschen, die mir nicht guttun?!" Tja, warum...?
Wir sprachen darüber mit Birgit Fehst. Die Buchautorin ("Harte Wahrheiten") studierte Psychologie und arbeitet heute als Paar- und Sexualtherapeutin in Berlin.
Sich magisch von Menschen angezogen zu fühlen, die einem nicht guttun, ist fast immer ein Hinweis darauf, dass man mit sich nicht im Reinen ist. Es geht dabei auch nicht um die andere Person an sich, sondern um ein (offenbar toxisches) Bedürfnis, das dadurch erfüllt werden soll.
Die Expertin gibt ein paar mögliche Beispiele, die typisch wären: "Vielleicht hast du einen ängstlichen Bindungsstil und bist das Chaos aus deiner Kindheit gewohnt." Gerade Menschen mit ängstlichem Bindungsstil fühlen sich zum Beispiel oft zu sogenannten "Vermeider:innen" hingezogen, weil sie dort um Nähe kämpfen müssen – etwas, was sie vielleicht noch aus dem Elternhaus kennen, es fühlt sich also (fatalerweise!) schön vertraut an.
"Vielleicht siehst du in dem Gegenüber eine starke Schulter, die sich später als narzisstische Schulter herausstellt", schlägt Birgit Fehst ein weiteres Szenario vor. In diesem Fall sucht man sich immer wieder charismatische Typen, die Wirbel machen und anfangs mit Liebe bombardieren – in Wirklichkeit aber nur sich selbst feiern.
"Vielleicht willst du immer wieder Anerkennung von Menschen, die dir keine geben können", wirft sie einen dritten Klassiker in den Raum. Du stehst darauf, die kalte Schulter zu bekommen? Wenn es dir jemand schwer macht, wirst du erst recht interessiert? Das könnte ein Hinweis sein.
Die Therapeutin fasst zusammen:
Es erfordert sehr viel Ehrlichkeit und Reflexion zu erkennen, dass man zum Beispiel Stabilität sucht, romantisch aber erst in Fahrt gerät, wenn der andere sich plötzlich nicht mehr meldet. Zu erkennen, dass Kopf und Herz zwei völlig unterschiedliche Drehbücher verlangen, kann schmerzhaft sein.
Doch: Wer versteht, dass dahinter nicht wirklich Romantik, sondern schlicht Trauma steckt, kann versuchen, sich Stück für Stück aus dem eigenen Muster heraus zu tasten.
"Dann darfst du langsam mal anfangen, dem Universum und deinem Unbewussten zu signalisieren, dass du solche Bad Guys nicht mehr willst", sagt die Paartherapeutin. In der Theorie geht das, "indem du 'Nein' zu ihnen sagst, wenn dir die roten Flaggen ins Gesicht wehen."
Das erfordert Disziplin, Konsequenz und vielleicht eine:n Freund:in, die lautstark intervenieren darf, wenn man sich mal wieder verrennt. Babysteps ist das Zauberwort. "Übe mal, das lohnt sich", sagt Fehst.
Zuletzt sollte das innere "Nein" auch dann gelten, wenn man mit dieser toxischen Person bereits fester verbunden ist, mahnt die Therapeutin: "Auch wenn du schon verliebt bist, solltest du in der Lage sein, zu gehen."
Denn die ganzen Schmetterlinge im Bauch sind vielleicht gar nicht schöne Gefühle, sondern nur durch Angst, Unsicherheit und Nervenkitzel hochgeschreckte Nachtfalter.