In Filmen und Büchern sind Singles oft auf der wehmütigen Suche nach Liebe, doch seien wir ehrlich: Solo durchs Leben zu gehen, kann verdammt gut sein.
Keine Absprachen, keine Kompromisse und keine Schuldgefühle gegenüber einer Liebesbeziehung hat Vorteile. Auslandsjahr, One-Night-Stand oder die spontane Anschaffung eines Haustiers – das sind Freiheiten, die Menschen in Beziehungen meist nicht haben.
Kein Wunder also, dass manch Vergebene ab und an das Singleleben vermissen und in Erinnerungen schwelgen. Ist das völlig normal oder sollte man solche Sehnsucht ernst nehmen und sich trennen? Heißt die Lust auf Ungebundenheit, dass man den oder die andere nicht liebt?
Wir fragten bei Nina Grimm nach. Sie ist Familienpsychologin und Bestsellerautorin, lebt und arbeitet von Freiburg aus und kennt sich sehr gut mit verschiedenen Beziehungsformen aus, so wie all den Problemen, die dazugehören.
"Dass dir das Singleleben fehlt, kann verschiedene Gründe haben", sagt sie und erklärt:
Der Übergang von einem Solo-Ich zu einer Partnerschafts-Person ist nämlich nicht ganz ohne. Zuweilen ist es ungewohnt, dass plötzlich jemand informiert werden möchte, was man am Wochenende vorhat, wen man trifft oder wann man Urlaub einreicht.
Red Flag! Totale Kontrolle!, kreischt ein Stimmchen in dir. Dabei geht es vielleicht nur um Nähe und Verbindlichkeit.
Auch Veränderung kann stören. Die heimische Ruhe ab 22 Uhr wird jetzt regelmäßig durch einen Football-Stream unterbrochen? Freund:innen fahren ohne dich nach Lanzarote, weil du zum fünfzigsten Geburtstag des "Schwiegervaters" musst? Nervig.
Aber, "und das prüfe aufrichtig", mahnt Nina Grimm, vielleicht bist du auch einfach "jemand, der sich zurückzieht und wieder nach Unverbindlichkeit sehnt, sobald es nah wird – während du dich nach Nähe sehnst, wenn du unverbindlich bist."
Als Single wünschst du dir also eine Beziehung, doch wird es ernst, schreckst du zurück. "Das ist ein Bindungsstil, den etwa 20 Prozent der Bevölkerung innehat", weiß die Therapeutin aus der Praxis und erklärt Betroffenen deutlich:
Tust du das nicht, könnte es sein, dass du dein Muster permanent wiederholst, ohne jemals zufrieden zu sein. Also: Was genau macht dir Angst? Nie wieder mit einem anderen Menschen Sex zu haben? Verletzt zu werden? Die eigenen Träume aus den Augen zu verlieren? Das sind berechtigte Ängste, derentwegen du aber nicht gleich die Beziehung verlassen musst, weist Grimm auf einen typischen Gedankenfehler hin.
"Stell dir die Frage, was du denn konkret vermisst. Und ob es möglich ist, das auch in der Beziehung zu leben", sagt sie. Denn was viele in ihrer Panik vergessen: Ihr könnt eure Partnerschaft selbst gestalten, genauso frei, wie es den Beteiligten gefällt.
Offene Beziehung, Solo-Travelling oder Leben in deiner heißgeliebten WG – das ist auch in einer Partnerschaft möglich, sofern das Gegenüber Lust darauf hat. Daher überlege dir kurz, "was sich ändern muss, damit du deiner Sehnsucht wieder mehr nachkommen kannst", rät die Therapeutin.
Ob Hobbys, Reisen oder Freund:innen treffen: Manchmal reicht es, den Dingen wieder mehr Zeit zu widmen, die einen zutiefst glücklich machen und vielleicht durch die Partnerschaft zu kurz kamen. Dann siehst du auch schnell klarer, ob es wirklich das ganze Single-Leben ist, dass du so sehr vermisst hast oder doch nur ein einzelner Aspekt.