Egal, wie groß die Liebe auch ist: Irgendwann kann Sex in einer Zweierbeziehung redundant werden. Viele Paare entwickeln Routine, treffen sich beim kleinsten gemeinsamen Nenner und fragen sich dann: Geht da noch mehr? Eine Person mehr zum Beispiel?
In Pornos und auch im heimischen Kopfkino bewegen sich häufig mehr als zwei Menschen durchs Bett, fassen sich mehr als vier Hände gegenseitig an, vermischen sich Gerüche, Geräusche, Zuschauer:innen und Publikum.
Als erotische Fantasie ist ein "flotter Dreier" also durchaus anregend, aber ist das emotionaler Harakiri oder lässt sich durch ihn auch tatsächlich neuer Schwung in ein eingerostetes Pärchenleben bringen?
"Klar", sagt Lea Holzfurtner. Sie ist klinische Sexologin und coacht Menschen in ihrer Praxis in Berlin und in ihrem neuen Podcast "Berlin Intim". Wir sprachen mit ihr über die Chancen und Gefahren, wenn man sich einen dritten Spieler mit ins Bett holt.
Erst einmal findet sie die Idee kein bisschen ungewöhnlich. "Triolism-Fantasien sind weitverbreitet", sagt sie sogar, was auch die Menge von Gangbang-Darstellungen auf Pornoplattformen erklärt. "Tatsächlich gehören sie zu den häufigsten sexuellen Fantasien. Aus einer Studie von Justin Lehmiller wissen wir, dass 89 Prozent von Dreiern fantasieren."
Das heißt: Auch wenn das Gegenüber schon beim ersten Vorschlag bestürzt die Augenbrauen gehoben hat – mit mehreren Menschen gleichzeitig Sex haben zu wollen, ist nicht gerade ungewöhnlich.
Was nicht heißt, dass es nicht einige Dinge dabei zu Bedenken gäbe, wie die Expertin dann auch gleich mahnt: "Bevor ihr an die Umsetzung geht, stellt euch ein paar Fragen: Wie stabil ist eure Beziehung? Wie sicher fühlt ihr euch mit euren Partnern?"
Denn wenn Unsicherheiten und Eifersucht eine große Rolle in eurer Beziehung spielen, könnte die Dreiecks-Fantasie ziemlich schmerzhaft ausgehen. Auch wenn es nur die letzte Idee ist, um eine Trennung abzuwenden, scheint der Ansatz riskant – und unfair gegenüber Person Nummer drei. Ehrlichkeit ist unumgänglich.
Lea Holzfurtner führt aus:
Sollte zweites der Fall sein, gäbe es ein paar andere Wege, die Liebe wieder aufregend zu machen, die nicht ganz so emotional gefährlich sind. Schließlich soll ein Dreier erquickend sein und kein Todesstoß einer eh schon kränkelnden Liebe.
Es sei dafür auch wichtig, sich zu fragen, wen man genau zur Bett-Party einlädt. "Soll jemand aus dem Bekanntenkreis mitspielen, den man danach vielleicht sogar wiedersieht, oder jemand unbekanntes?", fragt Lea Holzfurtner. Scham, aber auch Vertrauen spielt eine Rolle.
Als Sexologin rät Holzfurtner auch dazu, im Vorfeld genau abzusprechen, was erlaubt ist und was nicht. Jedes Paar müsse sich mit gewissen Themen auseinandersetzen: "Wie könnt ihr zwischendurch immer wieder sehen, ob noch alle Spaß haben? Was passiert, wenn einer abbrechen möchte?"
Schließlich geht es nicht darum, dass eine Person sich fröhlich austobt und dabei auf den Gefühlen der anderen Person herumtrampelt.
"Externe Spielpartner in eure Beziehung zu lassen und damit spannende Dreier-Spiele zu genießen, kann eine wunderbare Erweiterung für euer Sexleben sein", sagt die Berlinerin ganz klar. "Es kann aber auch Eifersucht, Unsicherheit oder Angst auslösen." Oft interessanterweise "auch gerade bei dem Partner oder der Partnerin, die diese Idee aufgebracht hat...", warnt sie.
Daher steht vor der Umsetzung dieser Fantasie ein kleiner Fragenkatalog an. Holzfurtner gibt ein paar Denkanstöße:
Sind einige Berührungen Tabu? Wie wird verhütet? Führt ihr ein Safeword ein? Müssen alle drei Beteiligten jederzeit involviert sein oder ist es okay, wenn jemand auch mal nur zuschaut und die Voyeur-Position genießt?
"In der Praxis gehe ich mit Paaren genau diese Fragen gemeinsam durch", berichtet Lea Holzfurnter aus ihrer Arbeit. "Das mag sich nach 'Zerreden' anhören. Ich finde aber, eure gemeinsame Beziehung hat diese Zeit und Überlegungen verdient!"
Wer nicht nur einen Freifahrtschein für Untreue will, sondern ein echtes gemeinsames Erlebnis, wird diese Gespräche nicht scheuen.