"Mika Nox ist eine freundliche Frau. Ihr Slip ist klasse. Auch ihre Spucke macht Spaß" – solche Rezensionen liest man, wenn man den Namen von Camgirl Mika aus Bayern eingibt.
Die 25-Jährige ist Content Creatorin bei Adult-Plattformen wie friends2follow, streamt und verkauft getragene Unterwäsche – für etwa 30 bis 40 Euro das Stück. Gerade wurde sie als "Best Shootingstar" mit dem Venus Award ausgezeichnet.
Im Gespräch mit watson erklärt Mika, wie man auf so einen Nebenjob kommt und wie man den "Duft" getragener Socken auf dem Postweg erhält.
watson: Wie kommt man dazu, Socken und Spucke zu verkaufen?
Mika Nox: Ehrlich gesagt, haben mich Tabuthemen immer gereizt. Ich tauche gerne ein in Dinge, die in der Gesellschaft nur hinter vorgehaltener Hand passieren, so wie Sex. Mein Hobby als Camgirl entwickelte sich dann zum Nebenberuf.
Du hast noch einen "bürgerlichen" Job im Marketing. Wie hast du da erklärt, was du nebenbei machst?
Ohne Scham. Mein Chef meinte nur: "Solange dich das auf der Arbeit nicht behindert, ist mir egal, was du machst." Wirklich coole Reaktion. Denn natürlich hat es Konsequenzen, sich im Internet zu zeigen. Das bleibt für immer, das lässt sich nie mehr löschen – wir alle wissen das. Ich kam zu dem Schluss, dass ich das für mich vertreten kann und will. Wäre das auf der Arbeit zum Problem geworden, hätte ich gekündigt.
Du hättest eher deinen Vollzeitjob als das Camgirl-Dasein aufgegeben?
Ja, schon aus Prinzip. Diese offene, sexuelle Person, das bin zu hundert Prozent ich. Es macht mir Spaß. Ich tue niemandem weh damit. Wo auch immer ich arbeite, möchte ich genauso akzeptiert werden.
Was macht dir Spaß daran?
Unter anderem, dass ich so frei über Sex reden kann. Ich lebe polyamor und bin pansexuell. Für mich ist es ein Genuss, unterschiedliche Menschen kennenzulernen, die sich ausleben. Ich möchte enttabuisieren und aufklären, Menschen einen safe space bieten für ihre Vorlieben.
Wann hast du das erste Mal Geld mit Erotik-Content verdient?
Vergangenes Jahr im März habe ich begonnen, Videos von mir im Internet hochzuladen, aber erst bei der Venusmesse 2023 hat sich der Schalter umgelegt. Ich habe gemerkt, dass das meine Welt ist und angefangen, mich auf kommerziellen Plattformen als Camgirl anzumelden.
Wie hast du dich beim ersten Videostream gefühlt?
Mega aufgeregt. Es war, wie den ersten Tag auf einer neuen Arbeitsstelle zu erleben. Man weiß nicht genau, was erwartet wird. Aber die User waren stolz, zum Start dabei sein zu dürfen und haben mir geduldig erklärt, wo ich draufklicken muss.
Aber was, wenn der sexy Teil kommt?
Ach, das ergibt sich für mich wie beim Flirten. Man spricht darüber, "Was macht dich an, was macht mich an?" und dann zieht man sich aus. Ich hatte noch nie Probleme, mich nackt zu zeigen.
Wie kommt das? Bist du als freier Nackedei aufgewachsen?
Gar nicht, ich habe mich freistrampeln müssen. Ich komme aus Bayern, aus dem ländlichen Bereich, eine eher konservative Gegend. Meine Eltern sind zwar tolerante Leute, aber verhalten. Über Sex haben wir nicht gesprochen.
Aber deine Eltern wissen, was du machst?
Ja. Solange ich glücklich bin, ist das okay für sie. Kritik kam eher aus dem Freundeskreis.
Echt? Von Männern oder Frauen?
Sowohl als auch! Es war eigenartig. Ich bekam Unterstützung von unerwarteter Seite und wurde von anderen überraschend missbilligt. Da zeigte sich plötzlich, wer Vorurteile internalisiert hat, Glaubenssätze darüber, dass man Sexualität nicht so nach außen tragen muss, dass sich das nicht "gehört".
Lust gehört versteckt...
Genau. Ich dachte, was soll das? Ich bin offen queer und offen sexuell aktiv. Ich zeige mich gerne und werde es auch tun. Mit Consent natürlich – ich strecke niemandem meinen nackten Körper ins Gesicht, der es nicht sehen will. Ich versende auch niemandem ungefragt meine Unterwäsche.
À propos: Für alle, die noch nie getragene Socken gekauft haben. Wie läuft das?!
Es gibt eine Standardoption, die man erwerben kann, das sind Socken, die ich einen Tag lang getragen habe. Dann gibt es Zusatzoptionen, wie zum Beispiel "beim Sport getragen", die riechen natürlich nach mehr, weil ich schwitze. Krafttraining und Cardio mache ich sowieso regelmäßig, insofern baue ich diese Bestellungen einfach in meinen Alltag ein.
Für viele Menschen sind die ollen Sportsocken ihrer Partner:innen nicht gerade ein Aphrodisiakum...
Andererseits ist der Fußfetisch weit verbreitet und der Geruch ein großer Aspekt dabei. Sex mit einem Menschen läuft ja auch viel über die Nase, Körpergeruch ist oft erregend. Daher finde ich es cool, fast sinnlich.
Wenn die Socken nicht genug riechen – hilft man heimlich nach?
Meine Füße riechen wirklich nicht wahnsinnig stark. Aber die Fantasie spielt ja auch eine Rolle. Viele meiner Kunden mögen gerade den subtilen Duft, die Vorstellung, dass ich diese Socken ganz nebenbei den ganzen Tag trug. Das ist authentisch, das ist sexy. Trotzdem passe ich auf, dass der Geruch beim Versand nicht verloren geht, die Socken werden in Folie geschweißt.
Über einen dieser Fleisch-Vakuumierer?
Ganz genau! Früher habe ich mir gerne damit mal ein Steak mariniert. Aber ich weiß noch genau, wie ich in der Küche stand und zum ersten Mal mein Höschen damit eingeschweißt habe. Solche Momente sind selbst für mich manchmal absurd, das gebe ich zu.
Was verschickst du neben Unterhosen und Socken noch?
Spucke.
Wie geht das? Erklär' mal bitte.
Ich habe dafür extra so kleine Probe-Cremetiegelchen gekauft, die man eigentlich für Flugreisen verwendet. Da passen zehn Milliliter rein und die speichle ich dann voll. Auch da sind unterschiedliche Optionen buchbar. Manche Kunden wollen, dass ich ein Kaugummi dabei kaue, das einen bestimmten Geschmack hat, zum Beispiel.
Gibt es da nicht Stress mit der Post, weil du Biomaterial versendest?
Nein. Das schicke ich ganz normal im Päckchen per DHL und hatte noch nie Probleme – allerdings gebe ich immer den Hinweis, dass dieses Produkt nicht zum Verzehr geeignet ist.
Ich gehe davon aus, dass deine Kunden nicht alle Single sind. Wundern sich deren Partner:innen nicht, wenn Spucke mit der Post kommt?
Das ist eine häufige Sorge, weswegen ich völlig diskret verschicke. Sehr oft soll das Päckchen auch an einen Paketshop gehen oder an ein Postfach, dann kann der Kunde meine Sachen in aller Ruhe abholen und damit seinen Spaß haben, wie er will.
Gab es schon mal eine Anfrage, die dir zu weit ging? Abgeschnittene Zehennägel oder so?
Nein. Ich biete in meinem Onlineshop nur Artikel an, zu denen ich auch bereit bin. Aber im Videocall werden manchmal Vorlieben geäußert, die ich nicht teile. Einmal kam die Bitte, ob ich nicht in die Kamera pupsen könnte – da war für mich eine Grenze. Keiner muss sich für Fantasien schämen. Aber ich sage schon: Das ist leider nicht mein Ding, da musst du mal woanders fragen. Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und zu wahren.
Wenn man damit Geld verdient, ist das aber nicht leicht, oder?
Es ist dann umso wichtiger! Sonst läuft man Gefahr, sich auf lukrative Angebote einzulassen und über die eigenen Grenzen zu gehen. Ich war glücklicherweise immer schon ein Typ, der keine Angst hat, "Nein" zu sagen. Ehrlich gesagt: Die meisten Menschen mit ungewöhnlichen Fetischen wissen doch selbst, dass ihr Wunsch speziell ist, und akzeptieren es deshalb auch sofort, wenn man nett ablehnt und etwas anderes vorschlägt...