Im Prinzip weiß man es ja besser. Schließlich gibt es so viele coole Menschen, die 35, 40, 45 Jahre alt sind und nie verliebt, verlobt, verheiratet waren. Single zu sein, ledig oder kinderlos durchs Leben zu gehen, das bedeutet noch lange nicht unglücklich zu sein. Im Gegenteil: Oft wird dadurch Raum frei für Karriere, Reisen, Sex.
Und doch ... viele Menschen treibt ein ungutes Gefühl um, sobald sie ohne Aussicht auf eine Beziehung auf die Dreißiger zuschreiten. War es das jetzt? Ist meine Blütezeit vorbei? Sollte ich nicht schon lange jemanden gefunden haben? Erwachsen werden? Werde ich alleine sterben?
Diese Ängste, so irrational sie auch sind, existieren. Landläufig werden sie auch Torschlusspanik genannt. Die Frage ist nur: Wo kommen diese Gefühle her und sind sie berechtigt oder nur völlig gaga?!
Wir sprachen darüber mit Birgit Fehst. Die Buchautorin ("Harte Wahrheiten") studierte Psychologie und arbeitet heute als Paar- und Sexualtherapeutin in Berlin.
Es ist nicht nur der gesellschaftliche Druck durch Medien, Eltern oder der Vergleich mit der Peer-Group, der zu ebenjener Torschlusspanik führen kann, sondern laut der Expertin ist es oft viel simpler: "Die biologische Uhr tickt."
Beziehungsweise: Sie beginnt nun zu ticken, weil sich die Timeline der Kinderfrage aufdrängt, sofern das ein Wunsch ist, den man hat. "Man sollte jemanden ja eine Weile kennen, bevor man mit ihm Nachkommen in die Welt setzt", erklärt Birgit Fehst das Dilemma und führt aus, was viele Leute an dieser Tatsache stresst:
Vielleicht will man irgendwann ein Kind, würde aber vorher gerne erst einmal ein paar Jahre Verliebtsein genießen, mit der auserwählen Person zusammengewohnt haben, sich wirklich sicher sein. Man müsste also so langsam diesen Herzensmenschen treffen, will man sich nicht später stressen. Dieser Gedanke kann Panik verursachen.
Vor allem bei Menschen, die bewusst oder unterbewusst einen Kinderwunsch in sich tragen oder die Angst vor dem Alleine-Sein umtreibt. Denn, so hart es auch klingt, ob man festgefahren ist, ist "eine berechtigte Frage", sagt die Psychologin.
Bekanntermaßen folgen die meisten Menschen bei der Partnerwahl den immer gleichen Beziehungsmustern, die mal mehr, mal weniger gesund sind. Fällt dir auf, dass bei dir der Wurm drin ist, rät die Expertin daher zu ein wenig rechtzeitigem Soul Searching.
"Eine gute Möglichkeit ist Selbstreflexion", sagt sie. "Die Frage ein wenig umzuformulieren in: 'Habe ich ein passendes Gegenstück einfach noch nicht gefunden oder greife ich immer wieder auf nicht passende Exemplare zurück?'."
Denn es kann zwar durchaus sein, dass man einfach Pech in Sachen Liebe hatte, aber wenn sich toxische Muster wiederholen – du dich zum Beispiel immer wieder begeisterst für Menschen, die vergeben oder wankelmütig sind – besteht durchaus die Gefahr, dass sich auch dein Herzschmerz im kommenden Lebensjahrzehnt ständig wiederholt. Der eigentliche Wunsch nach einer beständigen Bindung bleibt dann unerfüllt.
Die Psychologin rät: "Wenn letzteres der Fall ist, suche dir Unterstützung, um deine negativen Glaubenssätze und vielleicht auch dein Beuteschema zu verändern."
Denn Torschlusspanik hin oder her: du hast auch mit dreißig Jahren noch jede Menge Zeit, um alte Muster zu durchbrechen und das Liebesglück zu finden, das du suchst. Wenn du es denn suchst. Im Notfall eben mit einem Schubs vom Profi.