Liebeskummer. Jeder, der dieses Gefühl einmal durchlebte, weiß, wie extrem es sich anfühlen kann: Ein dickes Schwarz, eine Taubheit der Sinne, ein Tränenkloß, der das Atmen erschwert... Energiebündel werden von Trübsal ans Bett gefesselt, kluge Köpfe stecken in sinnlosen Gedankenkarussells fest – die Trauer des Herzens ist nichts für Weicheier.
Doch wie die meisten wohl ebenfalls aus eigener Erfahrung wissen, endet selbst schlimmer Liebeskummer irgendwann – manchmal schleppend, manchmal mit einem heilenden Knall. Aber was, wenn nicht?
Wie lange dauert Liebeskummer normalerweise? Und wann wird es krankhaft? Psychologe Christian Hemschemeier weiß es. Er arbeitet als Paartherapeut und coacht auch in Online-Kursen. Wir sprachen mit ihm über massiven Herzschmerz und effektive Heilmittel.
Die gute Nachricht ist: Ein Stück weit hat man selbst in der Hand, wie lange Liebeskummer anhält. Hemschemeier erklärt: "Das hängt ganz stark davon ab, ob man wirklich einen klaren Cut gemacht hat oder nicht."
Und damit ist nicht die emotionale Entfernung gemeint, sondern erst einmal eine ganz praktische. "'Null Kontakt zum Ex ist das Heilmittel; das muss man immer wieder sagen", erklärt der Psychologe:
Das klingt leichter als es ist. In sehnsüchtigen Momenten scrollt man sich schnell wieder zurück zur Ex-Liebe, schickt nachts eine blödsinnige DM oder quält sich damit, das Profil auf versteckte Hinweise nach einer neuen Flamme zu durchsuchen.
Auch wenn dieses irrationale Verhalten weh tut, gehört es zu den meisten Trennungen dazu, weiß Hemschemeier: "Liebe ist wirklich wie eine Sucht manchmal, da muss man durch wie bei einem Entzug. Es ist ganz normal, dass es am Anfang schwer fällt. Das dauert eben seine Zeit."
Die Frage ist: Wie viel Zeit ist noch "normal" bei Liebeskummer? Wie lange hält der Trauerzustand klassischerweise an? "Wenn man Null Kontakt hat, geht die allerschlimmste Phase nach etwa drei Wochen vorbei und der eigentliche Liebeskummer, die Aufarbeitung dauert vielleicht noch mal drei Monate, dann wird es wirklich besser", tröstet der Paartherapeut.
Mit Ausnahmen. "Liebeskummer dauert meist länger, wenn man eine hochtoxische On-Off-Beziehung verlassen hat", berichtet Hemschemeier aus der Praxis. "Da kann es schon sein, dass man auch noch ein oder zwei Jahre später Flashbacks hat, vom Ex träumt oder ähnliches, selbst wenn ein neuer Partner da ist."
Allerdings sei auch das noch kein Grund, direkt einen Psychologen aufzusuchen. Gerade bei emotional komplizierten Trennungen wäre ein ausgedehnter Trauerprozess "auch normal, sofern man ansonsten ein normales Leben lebt".
Genau das ist der entscheidende Punkt. Wichtiger als die tatsächliche Zeitspanne des Kummers sei der Einfluss auf das tägliche Leben. Denn jeder, der schon einmal richtig Liebeskummer hatte, weiß, wie die Trauer aus der Bahn werfen kann. Der Paartherapeut erklärt:
Das gilt natürlich auch, wenn im Kummer Suizidgedanken aufkommen, warnt Hemschemeier. Zwar handle es sich in diesen Extremfällen meist nur "um ganz wenige Tage der Trauer, in denen sich die Verzweiflung tatsächlich so groß anfühlen kann, dass es kurzfristig zu lebensmüden Gedanken kommen kann", sagt der Psychologe, "aber in dieser Phase sollte man schon schauen, dass jemand auf einen aufpasst, damit im Affekt nicht doch noch was passiert."
Denn auch wenn es sich in dem Moment kein bisschen so anfühlt, weiß jeder, der es einmal mitgemacht hat: Das Leben ist nicht vorbei, nur weil eine Liebe verabschiedet werden muss. Ganz im Gegenteil. Manchmal ist ein Neustart in der Liebe besser als jede Nostalgie nach einer alten Beziehung.