Für die Boomer-Generation gehört der Samstagseinkauf zum Wochenende dazu wie die Bundesliga. Vor allem in kleineren Städten sind die Parkplätze der Supermärkte entsprechend gut gefüllt, auch einige jüngere Pärchen haben das kollektive Rennen um die Aufbackbrötchen mittlerweile fest in ihren Alltag integriert.
Doch gerade in Großstädten ist diese Manier eher ungewöhnlich und so steht man Sonntagmorgen gerne mal vor einem leeren Kühlschrank und muss schmerzlich feststellen, dass eben genau am Sonntag nichts mehr an diesem Zustand zu ändern ist. Mit einem neuen Gesetz wollen gleich mehrere Bundesländer das nun aber ändern.
Bereits seit mehr als 100 Jahren existiert in Deutschland das sogenannte Ladenschlussgesetz. Darin ist auch festgelegt, dass Sonntag als Ruhetag anzusehen ist und Geschäfte an diesem Tag auch zugunsten der Mitarbeitenden geschlossen bleiben müssen. Ausgenommen sind etwa lediglich Apotheken und Kioske.
Die konkreten Regelungen sind mittlerweile allerdings Ländersache. Für viele Bundesländer scheint dabei die Sonntagsruhe nicht mehr tragbar, sodass neue Konzepte inklusive neuem Gesetz an den Start gehen.
Vorreiter bei der Neuerung ist aktuell Mecklenburg-Vorpommern. In einem im Februar verabschiedeten Gesetz entschied die Landesregierung, dass sogenannte Kleinstverkaufsstellen ohne persönlichen Kundenkontakt auch sonntags geöffnet sein dürfen.
Die Verkaufsfläche darf dabei 100 Quadratmeter nicht überschreiten. Gemeint sind mit der Regelung vor allem die digitalen Smart-Stores, die mittlerweile vielerorts an den Start gehen. So öffnete in Rostock bereits im vergangenen Jahr der "Rewe Ready", der rund um die Uhr Zugang zu Lebensmitteln bot.
In den Smart-Stores kann zumeist nur mit Karte bezahlt werden, der gesamte Einkauf läuft digital und ohne Personal ab.
Auch Niedersachsen arbeitet laut Berichten der "Lebensmittel-Zeitung" aktuell an entsprechenden Änderungen im Ladenschlussgesetz. Hier gibt es ebenfalls bereits mehrere Smart-Stores, die vor allem in ländlichen Regionen gut ankommen.
Hessen und Bayern versprachen bereits in den jeweiligen Koalitionsverträgen zuletzt eine Prüfung der Gesetzesänderung. Mitunter öffnen Läden auch schon ohne gesetzliche Grundlage.
Andere Bundesländer sehen eine schnelle Umsetzung wie in Mecklenburg-Vorpommern hingegen kritisch. Viele beziehen sich dabei auf eine Eilentscheidung des hessischen Verwaltungsgerichtshofs zu Beginn des Jahres. Wegen des Erhalts des "Kulturguts" des freien Sonntags wurde hier die Sonntagsöffnung von Smart-Stores der Kette Tegut gekippt.
"Jede Öffnung an Sonn- und Feiertagen und die damit zusammenhängenden Investitionen [erfolgt] auf eigenes Risiko des Betreibers", erklärt entsprechend auch das Wirtschaftsministerium aus Baden-Württemberg. Auf Anfrage der "Lebensmittel-Zeitung" sprachen sich alle zuständigen Ministerien aber grundsätzlich für eine Neuregelung aus.
Auch der hessische Handelsverband unterstrich, dass "Innovationen und Investitionen der Handelsunternehmen in Digitalisierungsprozesse" unabdingbar für die Wettbewerbsfähigkeit im Einzelhandel seien.
Lediglich in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg fällt die Begeisterung offenbar bisher gering aus. Das zuständige Ministerium der Hauptstadt etwa teilte mit, dass "24/6" völlig ausreiche.
Wegen Sonderregelungen in Bahnhöfen finden sich in den Großstädten durchaus Supermärkte, an denen man sonntags den verpassten Wochenendeinkauf nachholen kann.