Der Besuch mit Freund:innen im Restaurant ist für viele Menschen eine teure Freizeitbeschäftigung.Bild: Getty Images / ViewApart / iStockphoto
Geld & Shopping
Im Restaurant essen: Die allermeisten dürften es lieben. Doch die Inflation macht nicht nur den Einkauf für zu Hause teurer. Die steigenden Preise ziehen sich durch alle Lebensbereiche. Da fällt der Luxus des Essengehens in Restaurants für immer mehr Menschen weg oder kann nur noch deutlich seltener stattfinden.
Das spüren auch die Gastronomiebetriebe. Derzeit profitieren Gastronom:innen noch von der gesenkten Umsatzsteuer, die Anfang Juli 2020 in Kraft getreten war. Seitdem beträgt diese für Speisen nur noch 7 Prozent. Das wird sich mit Beginn des neuen Jahres jedoch ändern, sie soll wieder auf die zuvor üblichen 19 Prozent ansteigen.
Für viele Gastronomiebetriebe kommt das einem Todesstoß gleich, wie eine Frau aus der Branche erzählt. Sie bangt um die Zukunft ihrer Restaurants und zeichnet ein düsteres Szenario.
Mehrwertsteuererhöhung im Restaurant: Gastronomin in Sorge
Kristina Enkes Restaurants sind in Berlin bekannt, bei vielen Menschen beliebt: Die deutsch-ukrainische Gastronomin besitzt mit vier Geschäftspartnern aus Russland, der Ukraine und Lettland Datscha-Restaurants mit russischer und osteuropäischer Küche. Auch sie bemerkt, dass die Kundschaft immer weniger Geld zur Verfügung hat. "Nach der Corona-Pandemie haben wir eine Chance gesehen und neue Lokale aufgesucht", erzählt sie gegenüber der "Berliner Zeitung".
Neben den Datscha-Restaurants haben die Gastronom:innen in dieser Zeit das Geschäft um zwei georgische Restaurants erweitert. Doch Inflation, Energiekrise und der Ukraine-Krieg machen die Arbeit schwierig.
So schwierig, dass sie von den ehemals vier Datscha-Restaurants nur noch zwei halten konnte. Das Lokal in Prenzlauer Berg haben die Gastronom:innen verkauft, das andere wird in eine Bar umgewandelt. Der Grund: Qualitativ hochwertige Speisen anzubieten, wäre bei den Preisen durch die nun zusätzlich drohende Mehrwertsteuererhöhung einfach nicht mehr möglich.
Die Datscha-Restaurants in Berlin leiden unter den steigenden Preisen.Bild: imago images / Jürgen Held
Und die zwei bestehenden Datscha-Restaurants? Dort werden sich die Preise ab Januar um mindestens zwölf Prozent erhöhen. Die beliebtesten Hauptspeisen – Teigtaschen und ukrainische Koteletts – werden dann nicht mehr für 15 Euro, sondern für etwa 17 Euro angeboten. Die Zukunft der Gastronomiebetriebe ist damit ungewiss. Denn schon jetzt gibt es nach Angaben Enkes bereits einen Umsatzeinbruch.
Die Zahlkraft der Kundschaft lässt nach, wie sie erzählt. "Früher konnten die Gäste eine Vorspeise, einen Hauptgang und dazu noch eine Suppe zu Wodka und Bier bestellen", sagt sie. Eben einen schönen Abend im Restaurant haben. Doch das Konsumverhalten der Kundschaft habe sich geändert.
Immer mehr Menschen bestellen ihren Schilderungen zufolge etwa nur noch eine Suppe, weil alles immer teurer wird. Die Kreativität sei verloren gegangen, sagt sie. Und: "Wir arbeiten zusammen 24 Stunden am Tag, um jetzt die Insolvenz zu vermeiden." Zudem sorgt sie sich vor einer wesentlichen Änderung.
Gastronomin zeichnet Horror-Szenario
In der Vergangenheit zog es Menschen aus allen Gesellschaftsschichten in die Datscha-Restaurants. Studierende ebenso wie Familien und Senior:innen und unabhängig von der Nationalität. Doch viele Menschen könnten sich das künftig einfach nicht mehr leisten. Kristina Enke glaubt deshalb: "Die Nische für die mittlere Klasse stirbt aus."
Qualitativ hochwertiges Essen in Restaurants wird für viele Menschen zunehmend unbezahlbar.Bild: Getty images / iStockphoto / Bobex-73
Zudem kommt neben der Mehrwertsteuererhöhung noch ein Kostenfaktor auf viele Gastronomiebetriebe zu. Denn der Staat verlange doppelt so viele Abgaben für nicht eingestellte Menschen mit Behinderung. Ein Gesetz zu Förderung der Inklusion am Arbeitsmarkt verpflichtet Betriebe zu Ausgleichszahlungen, wenn sie keine Schwerbehinderten anstellen. Laut derzeitigem Plan soll diese erhöht werden.
Arbeitgeber:innen mit mindestens 60 Arbeitsplätzen müssen demnach monatlich 720 Euro pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz zahlen, was einer Erhöhung 50 Prozent entspricht. In der Branche Schwerbehinderte einzustellen, gestalte sich als schwierig.
Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich
hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden?
Hier findest du unseren Broadcast-Channel.
Letztlich würde die Kundschaft das mittragen müssen. Sie glaubt deshalb, dass es künftig "keine vernünftige, bodenständige Gastronomie mit hoher Qualität mehr geben" werde. Bezahlen können gutes, qualitatives Essen ihrer Meinung nach nur mehr Gutverdiener. Entweder werde das Essen in Restaurants als Fast-Food vertrieben und qualitativ minderwertig oder für die Mittelklasse unbezahlbar sein. Sie glaubt, dass letztlich zahlreiche Arbeitsplätze dran glauben müssen und noch mehr Restaurants schließen werden. "Wir wurden vom Staat zurückgelassen", sagt Enke.
Anstatt zu arbeiten lieber ein entspanntes, bequemes Leben führen, dabei trotzdem auf nichts verzichten müssen. Zeit für viele verschiedene Hobbys haben, gleichzeitig keinen Erfolgsdruck durch die Arbeit ertragen müssen oder wegen zu wenig Freizeit gestresst sein.