Deutschland ist zwar eine der größten Industrienationen, doch viele unserer Produkte im Supermarkt werden mittlerweile importiert. Aus insgesamt 175 Ländern wurden laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr mehr als 300 verschiedene Lebensmittel importiert. Die Exportquote im Bereich der Lebensmittel fällt hingegen deutlich geringer aus.
Eine Sache im Supermarkt – mal abgesehen vom heimischen Bier – bleibt für die Deutschen allerdings noch immer Ehrensache und wurde in der Vergangenheit sehr viel weniger importiert, als andere Lebensmittel. Eine erschreckende Bilanz aus der Industrie legt nun aber nahe, dass diese Zeiten auch für dieses beliebte Produkt bald Geschichte sein könnten.
Grund für die Sorge sind vor allem Einbrüche in der deutschen Landwirtschaft. Trockene und sehr heiße Sommer haben in den vergangenen drei Jahren dafür gesorgt, dass Landwirt:innen in allen Bereichen geringere Ernten verzeichneten und über besonders kleine Früchte an den Bäumen und Sträuchern klagten.
Entsprechende Konsequenzen bekommt nun zwangsläufig auch der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF) zu spüren. Durch den geringeren Ertrag der deutschen Streuobstwiesen scheint aktuell auch die Produktion des in Deutschland heiß begehrten Apfelsafts in Gefahr.
"Nach den uns aktuell vorliegenden Ernteergebnissen wurde gegenüber der Vergleichswoche 2022 bislang nur die Hälfte der Apfelmenge gekeltert", erklärt der Geschäftsführer des VdF, Klaus Heitlinger, gegenüber der "Lebensmittel-Zeitung". Im August hatte der Verband bereits eine niedrige Streuobst-Ernte prognostiziert, dieser Wert fällt in der Realität nun sogar noch geringer aus.
Traditionell werden deutsche Äpfel je nach Sorte zwischen August und Ende Oktober geerntet. Entsprechend bleiben den Landwirt:innen nur noch wenige Wochen bis zum Ende der Ernte, Expert:innen rechnen nicht mehr mit einer erheblichen Erhöhung der Erntebilanz.
Als Alternative bietet sich in der Saftindustrie im Regelfall die Zuführung von sogenanntem Tafelobst. Hiermit sind jene Sorten gemeint, die eigentlich für den Direktverzehr gedacht sind. Da allerdings in diesem Jahr auch eine hohe Nachfrage auf dem Frischmarkt besteht, kommen auch von hier keine positiven Nachrichten für die Keltereien.
In Deutschland gibt es insgesamt laut VdF rund 300 Fruchtsafthersteller und damit im europäischen Vergleich so viele wie sonst nirgendwo. 2022 wurden insgesamt 382 Millionen Liter Apfelsaft produziert, wobei bereits ein erster Abwärtstrend im Vergleich zu den Vorjahren abzusehen war. Das ist vor allem insofern besorgniserregend, als dass jede:r Deutsche im Schnitt pro Jahr mehr als sechs Liter Apfelsaft trinkt.
Die vergangenen drei Sommer waren in Deutschland insgesamt geprägt von erheblicher Trockenheit. An den Apfelbäumen wird das vor allem durch wenige und kleine Früchte sowie vermehrten Astabbruch deutlich.
Als Rekordjahr wird bei der Apfelernte noch immer 2019 bezeichnet, als etwa 1,2 Millionen Tonnen Äpfel aus dem heimischen Anbau kamen. Für das Jahr 2023 erwarten die Betriebe laut Statistischem Bundesamt weniger als 900.000 Tonnen, davon geht weniger als ein Drittel an die Saftindustrie.
Im Vergleich zu den Importen von Äpfeln machten die deutschen Früchte dabei etwa 67 Prozent der heimischen Versorgung aus. Für die restliche Nachfrage bezieht Deutschland vor allem Äpfel aus Italien.
Auch bei den zumeist importierten Zitrusfrüchten schlug die Fruchtsaftindustrie zuletzt Alarm. Wegen geringer Ernten in Brasilien sprachen Expert:innen von sinkenden Beständen an Orangensaftkonzentrat.