Die Begriffe Vogelgrippe und Geflügelpest sind in Deutschland schon lange nicht mehr neu. Über Wildvögel aus dem südostasiatischen Raum gelangte das Virus laut Friedrich-Loeffler-Institut bereits 2004 auf den europäischen Kontinent, meist im Winter wurden Ausbreitungen regelmäßig etwa aus deutschen Zoos oder Geflügelfarmen gemeldet.
Seit 2020 sprechen Expert:innen allerdings von einem besonderen Ausbruch des Vogelgrippe-Erregers H5N1, Fälle werden mittlerweile ganzjährig registriert. Ungewöhnlich hoch ist zuletzt auch die Zahl an Infektionen bei Säugetieren gewesen. Nun zeigt sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) alarmiert.
Durch den zunehmenden Befall verschiedener Säugetiere ist es laut WHO-Chefwissenschaftler Jeremy Farrar wahrscheinlich, dass das Virus bald auf die Suche "nach neuen, neuartigen Wirten" geht. Der Mensch könnte hier ein ideales Ziel sein.
Zuletzt berichteten US-Forscher:innen von zehntausenden Todesfällen bei Seerobben in Folge der sogenannten aviären Influenza.
Im Angesicht einer möglichen Übertragung auf den Menschen seien diese Zahlen Anlass für "enorme Besorgnis", sagt Farrar. Das Virus habe sich bereits jetzt zu einer weltweiten "Tier-Pandemie" entwickelt.
Der aktuelle Vogelgrippe-Ausbruch führte zunächst zum Tod dutzender Millionen Geflügel-Nutztiere. Im vergangenen Monat wurden dann unerwarteterweise auch etliche Fälle bei Kühen und Ziegen gemeldet. Diese wurden wahrscheinlich durch Zugvögel infiziert.
Gefährlich ist offenbar auch die besondere Anpassungsfähigkeit des Virus durch schnelle Mutation, wie die Nachrichtenagentur AFP schreibt. Die Klimakrise schwächt zunehmend verschiedenste Tierarten, sodass Infektionen bei vielen Arten noch wahrscheinlicher werden.
Eine genauere Beobachtung des Infektionsgeschehens ist laut Farrar daher unabdinglich. Nationale und regionale Gesundheitsbehörden müssten bereits jetzt Kapazitäten für den Nachweis des Virus aufbauen.
Derzeit gibt es zwar keinen Anlass zur Vermutung, dass die Ausbreitung von H5N1 unter Menschen exponentiell zunimmt. Laut WHO gibt es aber bereits mehrere hundert Fälle, in denen sich Menschen bei infizierten Tieren angesteckt hatten. Die Todesrate sei hier außerdem "außergewöhnlich hoch", meint WHO-Experte Farrar.
Von 2003 bis zum 1. April 2024 registrierte die WHO nach eigenen Angaben in 23 Ländern insgesamt 889 Ansteckungen beim Menschen. In diesem Zusammenhang wurden mehr als 400 Todesfälle bestätigt.
Besonderes Aufsehen erregte zuletzt auch ein Fall aus dem US-Bundesstaat Texas. Hier infizierte sich ein Mann offenbar über eine Milchkuh mit der Vogelgrippe. Die klassischen Symptome sind wie bei herkömmlicher Grippe Fieber und Atembeschwerden.
Laut WHO handelt es sich bei dem Patienten in Texas um die erste Ansteckung eines Menschen mit H5N1 durch ein Säugetier. 1997 war der erste Vogelgrippe-Fall beim Menschen in Hongkong nachgewiesen worden.
Da beim Menschen die weitere Anpassung des Virus erfolgen dürfte, müssten die Fälle laut Expert:innen besonders detailliert dokumentiert werden. Bisher werden Infektionen mit gängigen antiviralen Medikamenten behandelt.
Verschiedene Forschungsgruppen arbeiten aktuell außerdem zu möglichen Impfstoffen. Für den Fall, dass H5N1 eines Tages von Mensch zu Mensch übertragen wird.
(mit Material der AFP)