In Drogerien und im Internet finden sich unzählige Beauty-Produkte, die tolle Haut, einen strahlenden Teint und Anti-Aging-Effekte versprechen. Viele dieser Produkte haben eines gemeinsam: Sie enthalten Kollagen – und werben stark damit.
Kollagen-Masken, Kollagen-Augenpads, Kollagen-Pulver, Kollagen-Tabletten, Kollagen-Creme – die Liste lässt sich endlos weiterführen. Das Wort allein scheint bei den Kund:innen zu reichen – manch ein Anbieter macht sich nicht einmal die Mühe, die Effekte seines Produktes konkret zu benennen. Manche werben einfach kryptisch mit einem "Glow".
Aber was ist dran an dem vermeintlichen Beauty-Wundermittel? Ist Kollagen tatsächlich so hilfreich, wie manche behaupten? Wir haben mit einer Medizinerin und einer Expertin für Nahrungsergänzungsmittel gesprochen.
Auf Instagram und Tiktok finden sich Hunderttausende Beiträge zu Kollagen. Influencer rühren es als Pulver wie selbstverständlich in ihre morgendlichen Shakes und nahezu jede Beauty-Brand hat ein passendes Produkt in ihrem Sortiment.
Ganz neu ist der Hype aber nicht, sagt die Unternehmerin Chanyu Xu. Auch sie vertreibt mit ihrer Firma "Her One" Nahrungsergänzungsmittel, die Kollagen enthalten. "Besonders in ostasiatischen Ländern wurden schon immer bone broths, also Brühen, getrunken", sagt sie. Diese enthalten Kollagen aus tierischen Knochen. Sie selbst sei damit aufgewachsen.
Gerade wegen dieser Nährstoffe seien Brühen und Suppen so beliebt in Ländern wie China. Vor zehn Jahren sei der Hype dann in den USA angekommen und nun seit einigen Jahren auch in Deutschland und auf dem Massenmarkt.
Kollagen ist ein strukturelles Protein, das im menschlichen Körper vorkommt. Es trägt maßgeblich zur Festigkeit und Elastizität von Geweben wie unserer Haut, den Knochen und Sehnen sowie Knorpel bei.
Kollagen ist das häufigste Protein im menschlichen Körper, auch Tiere wie Schweine und Rinder produzieren es. Herkömmliches Kollagen ist der Hauptbestandteil in tierischer Gelatine. Daher wird Kollagen aus Schlachtnebenprodukten gewonnen, indem die Häute, Sehnen und Knorpel der Tiere ausgekocht werden.
Die meisten Kollagen-Produkte werden laut Peta aus der Haut von Schweinen und Rindern hergestellt. Enthält ein Produkt "marines Kollagen" oder "Meereskollagen", wurde das Protein aus Fischflossen gewonnen.
Laut Chanyu nimmt die körpereigene Kollagenporoduktion bereits ab dem 25. Lebensjahr stetig ab. Später würden dann auch die Gelenke porös. Durch die Nahrungszufuhr von Kollagen könnten Haut, Bindegewebe, Gelenke und Knorpel unterstützt werden.
Dr. Karoline Jungclaus bestätigt das. Sie ist Fachärztin für Dermatologie und Venerologie in Hamburg. Auch äußere Einflüsse wie UV-Strahlung trügen zur Abnahme der Festigkeit bei. "Die Haut wird unter anderem aus diesem Grund schlaffer. Durch die Aufnahme von Kollagen, so zeigen mittlerweile seriöse Studien, kann man die Elastizität und Durchfeuchtung (wieder) erhöhen."
Die T.H. Chan School of Public Health der Harvard-Universität kritisierte bereits 2021 die Forschung zu Kollagenpräparaten. Die Rede ist von "potenziellen Interessenkonflikten": "Die meisten, wenn nicht sogar alle Studien, werden von verwandten Branchen finanziert, die von einem positiven Studienergebnis profitieren könnten." Teils hätten auch einer oder mehrere der Studienautoren Verbindungen zu diesen Branchen.
Ähnliche Kritik äußerte Dr. Katharina Herberger, Dermatologin am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, 2023 in einem Beitrag für das ZDF. Die Studien seien zum großen Teil fragwürdig, was den Zeitraum und die Messmethode betreffe.
Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass die Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln mit Kollagen, die die Haut optisch verbessern sollen, nicht bewiesen ist. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) habe gesundheitsbezogene Angaben über Kollagen (...) in Lebensmitteln, die sich auf eine verbesserte Hautstruktur und Gelenkgesundheit beziehen, abgelehnt. Hintergrund seien mangelnde wissenschaftliche Beweise.
Mit solchen Angaben dürfe daher nicht geworben werden. "Um das Werbeverbot in Bezug auf Kollagen zu umgehen, setzen Hersteller ihren kollagenhaltigen Produkten fast immer Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe zu."
Chanyu sagt: Ja. Ab Mitte 20 sei die Einnahme sinnvoll. Wichtig sei jedoch, als Verbraucher:in auf die Herkunft des Kollagens zu achten, da es mehrheitlich aus tierischem Ursprung stamme und nur selten synthetisch hergestellt ist. Sie selbst produziere ihre Produkte mit Protein aus nachhaltiger Fischzucht aus Frankreich.
Medizinerin Jungclaus sieht Vorteile der Einnahme vor allem bei älteren Menschen. Bei ihnen könne sich Kollagen positiv auf den gesamten Körper auswirken. "Jüngere erhalten sich ein gut durchfeuchtetes, straffes Gewebe, nicht nur an der Haut, sondern wohl auch von Knochen und Knorpel. Zu letzterem fehlen aber meines Wissens noch wissenschaftliche Studien", sagt sie.
Die AOK Gesundheitskasse weist darauf hin, dass man die natürliche Kollagenproduktion auch durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung unterstützen kann. Getreideprodukte, Nüsse und Samen, Fisch und Fleisch würden die Kollagenproduktion fördern. Außerdem Zink und Vitamin C.
Medizinerin Jungclaus empfiehlt die Einnahme von Kollagenhydrolysaten. Dieses bestünden aus kleineren Fragmenten und würden folglich besser von der Darmschleimhaut aufgenommen.
"Vitamin C unterstützt die Kollagenaufnahme- und bildung und sollte daher bei der Supplementierung auf keinen Fall fehlen", sagt sie. "In unserer natürlichen Ernährung, die ich für einen guten Weg der Kollagenaufnahme halte, ist in Gemüse, Obst, Nüsse und Beerenfrüchten viel Kollagen – und praktischerweise ja meist auch automatisch Vitamin C – enthalten."
Unternehmerin Chanyu rät zur Einnahme als Pulver. In der Form sei Kollagen in den meisten Fällen geschmacksneutral. So könne man es ohne unangenehmen Beigeschmack in Getränken auflösen.
Bei Menschen, die es mit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln übertreiben, ist immer wieder die Rede von "teurem Urin". Denn: Was der Körper nicht braucht, scheidet er wieder aus.
Das gilt aber nicht bei allen Stoffen. Im Falle von Kollagen ist sowohl Jungclaus als auch Chanyu nicht bekannt, ob der Körper übermäßigen Konsum selbst ausbalanciert. Jungclaus gibt aufgrund des tierischen Ursprungs von Kollagen zu bedenken, dass zumindest nicht ausgeschlossen werden könnte, dass auch schädliche Stoffe enthalten sind.
Der Kosmetikhersteller Vichy gibt auf seiner Website an, dass zu viel Kollagen im Körper bei manchen Menschen unerwünschte Nebeneffekte wie Verdauungsstörungen oder gelegentlich Kopfschmerzen sowie Schwindel zur Folge haben könne. Auch die Verbraucherzentrale weist auf mögliche allergische Reaktionen und Unverträglichkeiten hin.