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Billigere Tankstelle: Lohnt sich der Umweg? Ein Mathematiker rechnet vor

ARCHIV - 06.09.2020, Bayern, M
"Wenn ich x Liter verfahre, um y Euro zu sparen, ergibt das...?" Viele geben da schon auf.Bild: dpa / Sven Hoppe
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Lohnt sich der Weg zur günstigeren Tankstelle? Mathematiker rechnet vor

23.04.2024, 07:34
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Viele Fragen, die wir uns im Alltag stellen, sind im Kern mathematischer Natur. Wie teuer ist Leitungswasser wirklich? Wann könnte ich in Rente gehen, ohne im Alter zu verhungern? Oder auch der Klassiker im Auto: Lohnt sich die Fahrt zur nächsten Tanke, wenn sie ein paar Cent billiger ist?

Es gibt ganz klare Antworten auf diese Fragen, die jede Streiterei im Kern ersticken könnte – man müsste nur wissen, wie man sie ausrechnet. Da kommt Nicolas Klupak ins Spiel. Der Mathematiker ist Gründer der Nachhilfeschule Akademus und im Internet als Mathe-Nick unterwegs.

Nun hat er die größten Alltagsfragen in einem Buch (Was kostet es, ein Handy aufzuladen?, mvg Verlag) aufgegriffen. Drei von diesen zeigen wir hier und fragten Nick nebenbei, ob es sich nicht anstrengend anfühlt, mit der mathematischen Brille durch die Gegend zu laufen …

Nick Klupak Mathematik
Mathematiker Nick Klupak hat ein Buch über Berechnungen von Alltagsfragen geschrieben.Bild: privat / Benedikt Köglmeier

Denn jetzt mal ehrlich: Ein ganzes Buch über Matheaufgaben zu schreiben, das klingt für viele Menschen wohl etwa so attraktiv, wie sich alle vier Weisheitszähne gleichzeitig ziehen zu lassen. Woran liegt es, dass viele Leute vor Mathematik zurückschrecken?

Nick sagt, er sei "ziemlich sicher, dass es die negativen Erfahrungen waren, die man wahrscheinlich als Schüler*in in der Schulzeit gesammelt hat, gepaart mit einem unsympathischen Mathelehrer." Als Nachhilfespezialist versucht er genau diese Muffel im Erwachsenenalter abzuholen, und zwar mit praxisnahen Beispielen, anhand derer auch ein Laie den Sinn und Zweck von Mathematik verstehen sollte.

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Lohnt sich ein Umweg für die billigere Tankstelle?

Meistens nicht. Das errechnet Klupak zumindest anhand eines praxisnahen Beispiels im Buch.

Würde man 5 Kilometer Umweg fahren, um 2 Cent pro Liter zu sparen, müsste man (in seinem Beispiel ist es ein Audi A3, der etwa 60 Cent pro Kilometer verfährt) über 150 Liter tanken, damit es zu einer Ersparnis kommt.

Entscheidend ist, die Benzinkosten für den Umweg (60 ct/km x 5 km = 300 ct = 3 €) gegen die Ersparnis (getankte Liter x 2 ct) aufzurechnen. Werden zum Beispiel 37 Liter getankt, ergäbe das gerade mal 74 gesparte Cent für 3 verfahrene Euro. Ein Verlustgeschäft. Auch in puncto Lebenszeit.

"Finanziell lohnen wird sich so ein Umweg also in den meisten Fällen nur, wenn die günstigere Tankstelle lediglich ein paar Hundert Meter entfernt liegt, es um mehr als nur 2 Cent pro Liter geht und man eine größere Menge tankt", schreibt Klupak.

Auf Social Media versucht Nick aka "mathemitnick" mathematische Alltagsfragen unterhaltsam und leicht zu erklären. Und siehe da, sagt Nick, die Leute "haben Spaß dabei, zumindest schreiben mir das ganz viele und rechnen wieder gerne". Die Knobelei kann, sofern man sie von ollen Matheheften und Tafelkreide trennt, tatsächlich lustig sein.

Wie kommt man überhaupt auf all diese Beispiele? "Ich sehe überall Mathematik", gibt Nick zu. "Wenn ich durch die Altstadt gehe und irgendetwas sehe, mache ich gerne Fotos oder schreibe mir Notizen. Ich kann also sagen, dass die Geschichten aus dem Buch mir tatsächlich selbst im Alltag passiert sind."

Wie viel kostet es, ein Handy aufzuladen?

Im Buch geht Nick der Frage nach, was das tägliche Aufladen eines Handys, zum Beispiel an der Arbeitsstelle, den Chef tatsächlich kostet.

Dafür müsste man erst ergoogeln, wie viel Strom das eigene Handy pro Ladevorgang verbraucht ("Für die allermeisten Modelle sind 0,015 kWh ein guter Näherungswert") und wie viel Cent die Kilowattstunde Strom derzeit kostet ("etwa 40 Cent").

Dann müsse man die Anzahl der Arbeitstage herausfinden. Also 365 minus Urlaubstage (zB. 30) minus Feiertage (zB. 8) und minus Wochenenden (zB. 104). "Bleiben immerhin noch 223 Arbeitstage", rechnet Nick aus.

Er schlussfolgert weiter: "Wenn man jeden Tag sein Smartphone in der Arbeit voll auflädt, ergeben sich bei 223 Arbeitstagen und 40 Cent pro Kilowattstunde (= 0,40 €/kWh) folgende Kosten: 0,015 kWh · 223 · 0,40 €/kWh ≈ 1,34 €"

Bei nur 1,34 Euro im Jahr sollte sich eigentlich auch der cholerischste Chef nicht über Mehrkosten aufregen …

Das "gewisse Mathe-Gen", das er in sich trägt, fänden "viele sehr sonderbar", gibt Nick zu. Andererseits nutzt sein Umfeld seine sachliche Denke gerne, "und wenden sich häufig bei finanztechnischen Themen" an ihn. Kein Wunder, schließlich können die Rechnereien bares Geld einsparen, wenn man sie nur richtig betreibt.

In vielen Fällen sind die Ergebnisse zwar auch ohne mathematische Prüfung naheliegend, aber manchmal täuscht man sich eben auch, wenn man versucht, mit groben Schätzungen zu arbeiten und dabei wichtige Faktoren außer Acht lässt.

Könntest du dir ein Kind leisten?

Wie viel müsstest du verdienen, um dir ein Kind leisten zu können? Die Rechnung dazu basiert auf: Ø Monatsausgaben bisher + Ø Monatsausgaben Kind < monatliche Einnahmen

Die bisherigen Monatsausgaben lassen sich durch den Mittelwert bestimmen, "wenn man seine Kontoauszüge der letzten 12 Monate nimmt, alle Ausgaben addiert und am Ende durch 12 teilt", erklärt Nick im Buch.

Laut Statistischem Bundesamt geben Eltern bis zum 18. Geburtstag ihres Kindes durchschnittlich 148.000 Euro pro Kind aus. "Eltern geben also im Schnitt rund 685 Euro pro Kind monatlich aus", schreibt Nick. Logisch!
(148.000 € : 18) : 12 ≈ 685,20 €

Spoileralert: Das Kindergeld deckt diese Summe in Deutschland bei weitem nicht ab (ca. 250 Euro). Das heißt: Ein Kind raubt nicht nur Schlaf und Nerven, sondern auch im Schnitt über 400 Euro im Monat.

In der Praxis oft mehr, weil mindestens ein Elternteil die Arbeitszeit reduziert. "Unser theoretischer Betrag soll dich am Ende aber nicht abschrecken", schreibt Nick abschließend. Er selbst ist Vater.

Auch Nick hat eines bei der Recherche zum Buch tatsächlich überrascht, wie er uns berichtet, nämlich die Einsparungen durch eine Fotovoltaikanlage.

Nick Klupak
Bild: mvg Verlag

"Ich habe erwartet, dass sich eine Installierung grundsätzlich immer lohnt", gibt er zu und sei dann doch verblüfft gewesen, "als wir anhand von zwei Familienmodellen festgestellt haben, dass die Rendite nicht immer groß genug ist, um eine Investition zu rechtfertigen."

Das ist das Fatale an der Mathematik. Manchmal sagt sie einem auch Wahrheiten, die man vielleicht gar nicht hören wollte.

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