Carmen Mayer wollte gar nicht Finanzexpertin werden. Sie wollte ein Haus für sich und ihre Familie (zwei Töchter). Nur weil dafür das Geld nicht reichte, fing sie an, sich mit Aktien zu beschäftigen.
Sie wollte nicht akzeptieren, dass es für sie als promovierte Chemikerin und ihren Mann – also mit zwei Topgehältern – nicht möglich sein sollte. Und so fing sie an, sich intensiv über Aktien zu informieren, zu investieren – und es funktionierte: Heute ist sie Börsenmillionärin. Und wie sie es geschafft hat, das will sie auch anderen zeigen: Sie gibt Workshops, startete den Finanzpodcast "Mami goes Millionär" und in diesem Jahr hat sie das gleichnamige Buch veröffentlicht, in dem sie Aktientipps gibt, vor allem für Frauen.
Warum für Frauen?! Das erklärt sie im Gespräch mit watson. Aber auch für junge Menschen hat sie wichtige Tipps. Ausgerechnet beliebte Neobroker wie Trade Republic gehören für sie allerdings nicht dazu.
watson: Was ist dran an dem bösen Vorurteil, dass Frauen keine Ahnung von Finanzen haben?
Carmen Mayer: Auch Männer haben keine Ahnung von Finanzen. Das kann man daran sehen: Wenn die Leute mehr über Finanzen wüssten, dann hätten sie auch viel mehr Geld. Das ist also überhaupt nicht geschlechterspezifisch.
Wie genervt bist du von diesem Klischee?
Es nervt mich nicht, wir sollten nicht so viel urteilen, stattdessen einfach Dinge ändern, die uns stören und wenn es stört, dass wir zu wenig über Geld und Investieren wissen, sollten wir diese Lücke schließen und das am besten mit Menschen, die vermögend sind und gerne Dinge erklären.
Gelten für Frauen bei Finanzen andere Regeln als für Männer? Warum hast du dein Buch speziell für Frauen geschrieben?
Es gelten natürlich die gleichen Regeln, aber ich habe mein Buch speziell für Frauen geschrieben, weil ich Frauen ermutigen will. Sie trauen sich oft nicht, aber wenn sie persönlich angesprochen werden, werden sie couragierter. Und Frauen sind die besseren Investorinnen! Sie wissen es nur noch nicht.
Warum sind Frauen die besseren Investorinnen?
Frauen kaufen die besseren Aktien, solche, die nicht so risikoreich sind und folglich mehr Rendite abwerfen. Sie halten die Aktien länger und machen nicht so viel hin und her. Denn: "Hin und her macht Taschen leer!" Frauen sind auch deshalb bessere Investorinnen, weil sie sich Fehler eingestehen und dann auch ausbessern und nicht stur dabei bleiben.
Wie bist du selbst dahingekommen, dass du dich um deine Finanzen kümmerst?
Ich wollte mir ein Haus kaufen, weil wir mit meiner ersten Tochter nicht mehr in einer Zweizimmerwohnung wohnen wollten! Doch ein schönes Haus konnte ich mir in München damals nicht leisten. Da habe ich mich gefragt, wie man reich wird und bin auf Aktien gestoßen und habe mich dann voll committet. Und jetzt ist es geschafft.
Wie sieht dein Alltag aus, wie viel Zeit widmest du der Börse?
An der Börse muss man in der Regel nur einmal die Woche etwas machen, der Rest ist entspannt. Viele glauben, dass ein ständiges Kurse-Checken nötig ist, doch das ist ein Irrglaube. Wenn das Portfolio einmal steht, reicht es, sich einmal pro Woche etwa 20 Minuten mit seinen Aktien zu beschäftigen.
Welche Rolle hat deine Familie bei dem Karriere-Schritt Finanzexpertin zu werden gespielt?
Eine sehr große Rolle. Meine Kinder waren und sind immer noch meine größte Motivation und mein großes Warum! Und mein Mann hat mich immer, immer, immer unterstützt und hilft mir bis heute mit den Kindern, mit dem Business und bei der Umsetzung meiner Ideen und als Inspiration, Dinge zu verbessern.
Welche Herausforderungen hattest du als Frau in einer von Männern dominierten Branchen zu überwinden?
Keine, ich habe hauptsächlich gute Erfahrungen. Vor mir gab es nur Frauen, die reine ETF-Strategien unterrichtet haben. Ich unterrichte ja Aktienanalyse, das ist alles ein bisschen größer! Die Tatsache, dass Aktien und Finanzen eigentlich eine Männerdomäne sind, habe ich nie als Problem gesehen. Ganz im Gegenteil. Diese Branche braucht smarte Frauen, die erfolgreich an der Börse gute Aktien kaufen!
Was hältst du von Neobrokern, insbesondere von Trade Republik?
Ich halte von Neobrokern gar nichts, weil die Gebühren intransparent sind und man nur an einer einzigen Börse handeln kann. Wenn diese Börse mal ausfällt, kann man seine Aktien nicht mehr handeln und das ist ein unnötiges Risiko. Ich selbst handle bei Captrader, so wie ich es auch in meinem Buch "Mami goes Millionär" beschreibe. Hier kann man an fast allen Börsen weltweit handeln und die Gebühren sind sehr niedrig.
Was rätst du jungen Menschen, die gerade erst anfangen, sich mit Finanzen und Investments zu beschäftigen?
Ich würde erstmal sagen: je eher, desto besser. Unser Schulsystem hat Geldbildung leider nicht auf dem Plan. Somit musst du dich selber um deine Finanzen kümmern, das macht sonst keiner für dich. Bevor man anfängt, sollte man sich informieren mittels Büchern, Podcasts oder am besten mal einen Kurs belegen. Denn schließlich fahren wir auch nicht einfach so Auto, ohne vorher einen Führerschein gemacht zu haben. Und danach muss man loslegen, denn wer nicht investiert, kann auch keine Renditen erwarten! Machen ist hier das Zauberwort. Das gilt hier, wie in allen Bereichen des Lebens.
Wie kann man bereits mit wenig Geld an der Börse erfolgreich starten?
Eine grundlegende Regel heißt hier: Du brauchst immer eine Geld-Reserve von ungefähr zwei bis drei Monatsgehältern. Das ist sehr wichtig, damit du ohne Angst handeln kannst. Gehe nie mit deinem letzten Geld an die Börse. Falls du noch keine Reserven hast, ist das kein Problem. Mache dir einfach einen Sparplan, schaue dir an, wie viel du im Monat sparen kannst. Vielleicht hast du noch nie gespart, weil du keinen Sinn darin gesehen hast. Aber wenn dir erstmal bewusst ist, wie viel Geld man mit Aktien machen kann, dann hast du ein klares Ziel.
Wenn das Geld da ist, dann brauchst du erstmal einen Broker und dann darfst du nach guten Aktien suchen, die mindestens 150 Prozent Rendite in fünf Jahren gemacht haben und einen Aufwärtstrend haben. Suche Aktien, die mindestens zehn Dollar kosten und lasse dein Portfolio wachsen!
Wie finden junge Menschen die richtige Balance zwischen Risikobereitschaft und Sicherheit beim Investieren?
Je mehr wir verstehen, desto geringer wird das Risiko, denn wir brauchen nichts fürchten, was wir verstehen. Das Problem ist oft, dass die Leute zu viel wagen und die Grundregeln nicht beherrschen. Das ist so wie gegen den Strom zu schwimmen. Es ist einfach nur anstrengend und irgendwann gewinnt der Fluss. Du minimierst dein Risiko, je besser du dich auskennst. Um sich Wissen anzueignen, gibt es unterschiedliche Wege, erstens du kannst Bücher lesen, zum Beispiel "Mami goes Millionär", oder Youtube schauen, beziehungsweise Podcasts hören, oder natürlich Kurse machen. Aber du solltest genau wissen, was du tust, um Risiken zu minimieren!
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