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LostKittn hat einen Beruf, von dem viele Menschen wohl träumen: Sie zockt Videospiele und andere Menschen schauen ihr dabei zu.
Vor der diesjährigen Gaming- und Cosplay-Messe Polaris (13. – 15. Oktober in Hamburg), bei der sie auch auftritt, sprach watson mit der quirligen 31-Jährigen, die passenderweise Katzenohren zum Interview trug. Die Streamerin spricht über Gaming-Marathons und Kindheitsträume.
watson: Du hast fast 38.000 Follower:innen auf Twitch: Hattest du am Anfang Hemmungen, vor so vielen Fremden zu reden?
LostKittn: Am Anfang war es ein bisschen komisch. Da hatte ich keine Reichweite und habe vielleicht paar Freunden Bescheid gegeben oder auf meinem privaten Insta-Account gepostet: "Ich bin jetzt live." Das war aber kein großes Ding gewesen. Es waren nur ein paar Leute da. Das einzige, was komisch war, war der Gedanke: Die können jetzt mich sehen, aber ich kann sie nicht sehen. Das war ein komisches Gefühl, wenn alle Augen auf dich gerichtet sind. Aber das verflog dann doch recht schnell.
Was bedeutet deine Community für dich?
Ich bin sehr community-nah. Ich weiß tatsächlich sehr vieles über viele, weil sie auch gerne erzählen. Auf meinem Discord (Onlinedienst für Instant Messaging), haben sich auch richtig Freunde gefunden. Es gibt einen Kittn-Stammtisch, der ins Leben gerufen wurde, wo sich die Leute treffen, zusammen zocken oder Minigolf spielen und Rad fahren. Das macht mich natürlich sehr stolz, weil da teilweise Leute sind, die gesagt haben, sie sind sehr einsam und jetzt haben sie dadurch Freunde gefunden. Oder auch Leute, die damals nicht so im Chat aktiv waren, aber jetzt immer mehr schreiben und sagen: "Du motivierst mich dazu, mehr aus mir rauszukommen, mich mehr zu trauen und nicht mehr so viel darüber nachzudenken, was ich schreibe. Du gibst mir das Gefühl, man darf man selbst sein." Das macht mich sehr stolz und deswegen ist es auf jeden Fall schon eine sehr große Familie geworden.
Kann man sich so ein Twitch-Streaming ein bisschen vorstellen wie einen Laber-Podcast? Der Streamer spielt und redet währenddessen über irgendetwas, was ihm in den Kopf kommt?
Es gibt viele verschiedene Streamer. Es gibt welche, die machen ein bisschen auf lustig, so wie ich zum Beispiel. Ich nehme mich nicht ganz so ernst. Ich verhaue beim Spielen etwas oder vergesse irgendwas und die Community rauft sich die Haare und denkt sich: "Sie ist daran vorbeigelaufen. Was macht die denn?" Das ist eher so der lustige Part, dieses "lost sein". Dann gibt es Leute, die sind richtig gut in den Games, da möchtest du Progress, also Fortschritt sehen. Für mich selber ist es gar nicht mehr nur Gaming. Es ist ja alles möglich auf Twitch. Ich zum Beispiel koche auch live im Stream oder chatte und es gibt mal lustige Themen, mal ernstere Themen. Tatsächlich sind Streams echt toll, um sie auch einfach im Hintergrund laufen zu lassen, während man zum Beispiel selber zockt oder gerade irgendwas anderes macht.
Wie sieht ein Koch-Stream von dir aus?
Ich koche meistens vegetarische Küche. Nicht unbedingt in Bezug auf alternative Fleischsachen, sondern einfach ganz normale vegetarische Sachen. Oder ich mache Google Translate kochen.
Was ist das denn?
Google Translate Kochen geht so: Mein Freund hat ein Rezept, das er in jeglichen Sprachen durch Google Translate jagt. Und irgendwann kommt auf Deutsch wirklich nur noch Blödsinn raus. Du verstehst kein Wort mehr. Da steht dann so etwas wie: Du brauchst eine Kellnerin, hau den Schuh auf den Boden, schneide die Zwiebeln und schmeiß sie danach weg. Also wirklich katastrophal. Und ich muss herausfinden: Okay, was könnte damit gemeint sein? Was kann ich daraus machen? Und am Ende sind meistens wirklich sehr interessante Sachen dabei rausgekommen.
Woher kommt dein Name? Warum Lost Kittn?
Als ich mit dem Streamen auf Twitch anfangen habe, habe ich darüber nachgedacht: Wie kann ich heißen, was passt zu mir? Und ich mag Katzen sehr gerne. Ich überlegte also, was wäre cool, aber "The Cat", das gibt es schon. Dann habe ich mir vorgestellt, wie eine kleine Katze so super lost auf einer Milchpackung ist, weil sie sich verlaufen hat. Und ich bin wirklich sehr lost. Ich habe ADHS und mein Kopf rattert die ganze Zeit. Ich bin sehr häufig auf Strom und durcheinander. Ich wohne zum Beispiel in Hannover und verlaufe mich immer noch in dieser Stadt. Dazu passt diese kleine Katze auf einer Milchpackung, die sich verlaufen hat: Eine "Lost Kittn". Dieser Name passt zu 100 Prozent. Tatsächlich haben das auch viele Streamer-Kollegen schon gesagt, dass der Name wie die Faust aufs Auge bei mir passt.
Wenn du ein Spiel durchspielst, musst du dich irgendwie darauf vorbereiten?
Man braucht sich da nicht unbedingt groß vorzubereiten. Ich glaube, bei meiner Generation hat sich eine Hornhaut auf den Fingern gebildet, aufgrund von Mario-Party-Spielen. Mario-Party-Spiele sind das perfekte Beispiel dafür, dass man sich abhärtet, wenn man den Controller nimmt und darauf herumhackt. So ein Game hat circa eine Spielzeit von 10 bis 15 Stunden. Ich fange morgens an und dann zocke ich das Spiel an einem Stück durch. Dann gibt es ein bisschen Pause, ein bisschen was zu essen und zwischendurch ein paar Stunden Schlaf. Dann geht es am nächsten Tag weiter.
Das klingt aber schon anstrengend.
Total. Erst recht, wenn das Spiel selber ein bisschen anstrengender ist. Bei "BioShock" war die Story so krass gewesen. Als ich das an einem Stück durchgespielt habe, konnte das Hirn das teilweise gar nicht verarbeiten. Dadurch, dass ich keine Pausen dazwischen hatte und dieses Spielerlebnis wie ein Film an einem Stück hatte, habe ich das alles noch viel krasser wahrgenommen. Das Erlebnis war aber auch super nice. Es war wirklich ein tolles Gefühl, das Spiel gemeinsam mit der Community durchzuspielen.
Was machst du denn dann so zum Ausgleich, wenn du den ganzen Tag vorm Bildschirm hockst?
Ich habe mir einen neuen Tisch gekauft, den kann man hoch- und runterfahren. Und ich überlege, mir demnächst ein Laufband zu holen und ein bisschen zu laufen, wenn ich Büroarbeiten mache. Ansonsten war ich lange Zeit bouldern, da habe ich leider gerade schon sehr lange pausiert. Das ist der perfekte Ausgleich zum Computer: Es ist gut für das Sitzen, die Rückenmuskulatur und die Balance. Letztens habe ich im Stream meinen Tisch hochgefahren, Hula Hoop gemacht und währenddessen mit dem Controller das Game gespielt. Das fand ich ganz lustig, weil das auch viele andere cool fanden und auch angefangen haben, Gaming mit Sport zu kombinieren.
Wie verdient man denn seinen Lebensunterhalt mit Streaming?
Auf Twitch gibt es zum Beispiel Werbeeinnahmen, die aber sehr niedrig sind. Dann kann sich eine Person dazu entscheiden, dich zu abonnieren. Sie bekommt dann ein Abo-Abzeichen im Chat und auch Emos, das sind so Emojis, die ich zeichne. Die kann man auch kaufen und die können sie dann benutzen. Und die Abonnenten bekommen keine Werbung mehr. Man kann auch Bits kaufen, das ist eine Währung auf Twitch und diese gibt man dem Streamer als Support. Man kann auch einfach sagen: "Ey, ich spende 10 Euro. Cool, dass du das machst." Auf Twitch gibt es auch noch Partnerschaften. Ich hatte zum Beispiel eine Partnerschaft mit Nintendo, was ein absoluter Traum war. Hätte man mir als Kind gesagt: "Übrigens, du arbeitest mal mit Nintendo Switch zusammen", ich wäre umgekippt.
