Wenn es direkt beim ersten Date knistert, fühlt sich die Zeit danach wie ein Rausch an: Das Herz scheint lauter zu pochen, die Wangen werden leicht rot und im Bauch verspürt man ein leichtes Kribbeln, sobald man seinen Crush wiedersieht. Viele wollen am liebsten jede freie Minute mit ihrer neuen Lieblingsperson verbringen.
Keine Frage: Man möchte nichts verpassen und in möglichst kurzer Zeit möglichst viel übereinander erfahren. Die anfängliche Euphorie kann aber nach ein paar Wochen schnell wieder abflachen. Manche Singles landen dann relativ unsanft auf dem Boden der Tatsachen, weil sie realisieren, dass die Romanze auf lange Sicht keine Zukunft hat.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum derzeit eher eine andere Form des Datings trendet: "Slow Burn". Das beschreibt eine langsam entstehende, sich kontinuierlich vertiefende romantische Verbindung. Statt Fast Love also eher ein langsam köchelnder Liebeseintopf.
Das klingt nicht sonderlich sexy, aber ergibt aus Sicht von Dating-Coaches durchaus Sinn: "Es ist eigentlich gut, dass die Chemie nicht gleich beim langsamen Aufkeimen spürbar ist, denn Chemie – wie ein Feuerwerk – schlägt hart zu und verfliegt schnell", sagt die Beziehungsexpertin Laurel House gegenüber "Huff Post".
Das langsame Aufkeimen von Gefühlen schaffe hingegen die Grundlage für wahre, emotionale Intimität. Das entstehe vor allem durch "verletzliche Gespräche", bei denen keine:r der Dating-Partner:innen Scheu hat, sich zu öffnen.
Aber gerade in Zeiten schnelllebiger Dating-Apps, in denen das nächste Match nur einen Swipe entfernt ist, kommt es häufig gar nicht dazu.
Das thematisiert auch der Tiktoker Jamaal Burkmar in einem Video, das innerhalb einer Woche über 150.000 Likes gesammelt hat. "Du wartest darauf, dass dich eine Art Magie trifft, weil das ist es, was Anziehung am Ende des Tages ist", erklärt er. Aber wenn das ausbleibt und man die Person nur "okay" oder "nicht schlecht" finde, gibt man ihr oft keine Chance.
Er selbst sei ein "Slow Burn"; gleichzeitig habe er aber auch selbst erlebt, dass er Menschen erst als attraktiv empfand, nachdem er sie über mehrere Monate besser kennengelernt habe.
In den Kommentaren bekommt der Tikoker viel Zustimmung zu seiner Beobachtung. "Slow Burn erlaubt dir, eine Person tatsächlich kennenzulernen", schreibt ein User. Aber nicht alle sehen es positiv, wie dieser User berichtet: "Über einen Slow-Burn-Crush hinwegzukommen ist so viel schwieriger."
"Als ich meinen jetzigen Verlobten kennenlernte, dauerte es drei Monate, bis wir unsere ersten drei Dates hatten. Manchmal verging sogar eine Woche ohne eine Nachricht", erzählt Whitney Kobrin gegenüber der "Huff Post". Aber sie sei nicht in Panik geraten.
Sie hab es weder erzwingen noch vorzeitig beenden wollen. "Ich bin so froh, dass unsere Anfangsphase langsam verlief. So hatten wir beide Zeit, andere Leute zu treffen, Klarheit zu gewinnen und rationale (nicht hormonelle) Entscheidungen zu treffen", erklärt Kobrin.
Und das habe sie zu einer glücklichen, gesunden und langfristigen Beziehung geführt, die bereits seit sieben Jahren anhält.
Wie "slow" man es am Ende angehen lässt, ist wohl eine ganz individuelle Entscheidung. Dating-Expertin House, warnt allerdings, dass manche Singles würden den Trend jedoch auch als Vorwand nutzen, um jemanden hinzuhalten, an dem sie gar kein aufrichtiges Interesse haben.
Deswegen sollte es aus ihrer Sicht bei jedem Date einen Fortschritt geben. Falls man das Gefühl habe, dass sich nichts entwickelt, lohne es sich genau das anzusprechen. Und falls sich dann herausstellt, dass der "burn" doch fehlt, muss man sich wieder ins Dating-Game stürzen.