Die Stimmung in dem Hinterzimmer eines Berliner Cafés wirkt angespannt, die Anwesenden so konzentriert wie beim Mathe-Abi. Alle starren gebannt den Mann an, der auf dem grau-beigen Sofa in der Mitte des Raumes mit halb geschlossenen Augen liegt. Das einzig hörbare Geräusch: Seine Hand, die hektisch seinen erigierten Penis auf und ab rubbelt.
"Soll ich dir noch irgendwas helfen?", fragt die junge, nahezu von Kopf bis Fuß tätowierte Dame neben ihm. "Wenn eine Frau mir die Eier leckt, dann könnte ich noch besser kommen", antwortet er trocken.
Fünf Mütter, die im Hintergrund die gesamte Szene beobachten, rollen mit den Augen. Aber ein bisschen Mitleid mit dem Porno-Darsteller, auf dessen großes Feuerwerk die gesamte Crew nun schon seit Minuten wartet, haben sie dennoch.
So sieht das also aus, wenn ein Porno gedreht wird und einer der Darsteller einen Hänger hat. Und so sieht es auch aus, wenn tatkräftige Mütter sich auf Recherchereise begeben, um im Anschluss selbst einen Porno zu produzieren. Für ihre Kinder.
Was zunächst skurril erscheinen mag, basiert auf einem durchaus fortschrittlichen Konzept, das Sat.1 nun als zweiteilige Dokumentation in der Primetime ausstrahlt: Bei "Mütter machen Porno" begleitet ein Filmteam fünf Frauen bei einer ungewöhnlichen Mission, nämlich bei der Produktion eines jugendgerechten, aufgeklärten Sexfilms. Ohne Objektifizierung von Frauen, ohne Gewalt, dafür mit ein wenig Zärtlichkeit und Kondom.
Die Deutschen sind Porno-Weltmeister: Keine andere Nation konsumiert so viele Sexfilme wie wir. Etwa 14 Millionen Menschen hierzulande schauen regelmäßig Pornofilme, damit liegen wir sogar noch vor den USA. Laut der Sat.1-Doku suchen auch 40 Prozent aller Kinder nach Pornos, im Durchschnitt sehen sie den ersten im Alter von elf Jahren.
Wie einfach es ist, auf eine Pornoseite zu kommen, weiß jeder, der schon mal willkürlich "Sex" oder "Porno" bei Google eingegeben hat. So machen es auch die fünf Mütter Mirjam, Bianca, Jasmine, Britta und Karina in der Sendung – und sind entsetzt: Zunächst einmal, weil es so leicht ist, auf jugendfreie Seiten zu kommen. Vor allem aber, weil das, was sie dort vorfinden, häufig nicht nur überzeichneter Sex ist – sondern auch Gewalt. Da werden Frauen gewürgt, geschlagen und angespuckt. Wer noch keine sexuelle Erfahrung mit dem anderen Geschlecht gemacht hat und somit weiß, wie Sex im realen Leben aussieht, könnte von den Bildern verstört sein.
"Ich möchte, dass meine Kinder nicht mit so harten Pornos in Berührung kommen", sagt beispielsweise die 48-jährige Bianca, Mutter von zwei Kindern. "Wenn ein Elfjähriger mit einem total vermummten Menschen, in Latex eingewickelt mit einer Peitsche in der Hand konfrontiert wird und einer Frau mit einem Knebel im Mund, dann denke ich, wird der total zerstört sein im Kopf."
Dass Pornofilme auch anders gehen müssen als im Extrem und mit viel Gewalt – davon ist Mirjam überzeugt. "Über Sexualität zu sprechen ist bei uns total normal, das gehört zum Lebensalltag dazu", sagt die 49-jährige Mutter von vier Kindern. Das liege vor allem an ihrem Beruf – denn sie managt die gynäkologische Praxis ihres Mannes. "Pornografie ist für mich eine Variante der Aufklärung", sagt Mirjam.
Deswegen tut sie sich mit Bianca und drei weiteren Müttern zusammen, um ein Zeichen zu setzen, das nicht lauten soll: Sex ist schlecht und Pornos generell verwerflich. Sondern eher, um zu zeigen, wie Sex in Wirklichkeit aussehen kann. Geeignet für junge Menschen, die vielleicht bisher noch keinen Sex mit einem anderen Menschen in ihrem Leben gehabt haben.
Bevor die fünf Frauen allerdings ihren aufklärerischen Porno drehen, begeben sie sich in die Tiefen der Porno-Industrie – und zeigen dabei nicht nur Neugier, sondern teilweise auch ganz schön viele Verklemmungen. Da wird bei der Venus, der größten Erotik-Messe Deutschlands, angewidert bei einer SM-Show zugeschaut. Oder mit viel Augenrollen und gespieltem Würgereiz ein BDSM-Workshop belegt, bei dem eine gutmütig wirkende Domina zwei der Mütter liebevoll zu ungelenken Paketen zusammenschnürt.
Highlight ist jedoch tatsächlich, wie die Mütter einem echten Porno-Dreh beiwohnen. Der natürlich nicht unter aufklärerischen und frauenfreundlichen Aspekten produziert wird, sondern begleitet von viel Gehoppel und künstlichem Gestöhne der beiden Darstellerinnen, die ihren Co-Star rundum "verwöhnen". Der dann vor lauter Stress eben nicht zum Ende kommen kann. Zumindest dieser Teil wirkt ein wenig wie aus dem echten Leben gegriffen.
Den Dreh des eigentlichen Pornos in Angriff nehmen werden die Mütter dann im zweiten Teil der Doku, die am kommenden Mittwoch ausgestrahlt wird. Auch ein Ende, auf das wir gespannt warten.
(ak)