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Wer datet, erlebt oft schräge Dinge. Doch je peinlicher oder unerfreulicher die Situation live ist, umso besser ist die Geschichte oft im Nachhinein. Wir protokollieren in unserer Serie Horror-Dates aus Sicht der Betroffenen. Thomas (31) geht auf ein Date mit Sarah (30). Eine unerwartete Situation verhindert jedoch jeden Anflug von Romantik.
Da saß ich nun also und schaute seit einigen Minuten gelangweilt in mein Bier. Um mich herum unterhielten sich die Menschen angeregt in der angesagten Bar in der Innenstadt, ihre Stimmen und die Musik sorgten für eine laute Geräuschkulisse. Doch ich war in diesem Trubel allein. Zwar hatte ich eigentlich ein Date mit Sarah, doch sie war auf Toilette gegangen. Und kam einfach nicht wieder.
Ich war seit etwa einem Jahr Single und sehr glücklich damit. Die Freundin meines besten Freundes wollte diesen für sie nicht akzeptablen Zustand trotzdem unbedingt ändern und hatte ein Date für mich mit ihrer Arbeitskollegin eingefädelt. Wirklich Lust hatte ich eigentlich nicht. Aber als Sarah dann in die Bar kam, änderte sich das zunächst. Sie sah wirklich toll aus und schien auch sehr nett zu sein. Doch dann begann sie zu reden. Und hörte einfach nicht mehr auf.
Als sie nach etwa zehn Minuten erzählte, dass sie mindestens zwei Kinder – und zwar so schnell wie möglich – haben wolle, verabschiedete ich mich gedanklich von dem Date. Ich dachte an das nächste Spiel meines Fußballteams, an das Videospiel, das ich gerade auf meiner X-Box zockte und an die andere Frau, die ich ab und zu datete. Irgendwann unterbrach Sarah dann ihren Redeschwall, um sich auf die Toilette zu begeben.
Zunächst genoss ich die Ruhe. Doch dann vergingen fünf, zehn, 15 und schließlich mehr als 20 Minuten. Und so langsam wurde die Situation komisch. Meine Gedanken begannen erneut zu kreisen. War das Date für Sarah so schlimm, dass sie durch das Toilettenfenster auf Nimmerwiedersehen in die Freiheit geklettert war? So etwas sieht man in Filmen ja immer mal wieder. Oder war sie auf einem anderen Weg von mir unbemerkt aus der Bar geflüchtet? Oder brauchte sie vielleicht einfach nur sehr lange auf der Toilette?
Während ich darüber nachdachte und meine nächsten Schritte abwägte, wurde ich plötzlich unterbrochen. "Deiner Freundin geht es schlecht. Kannst du mal mitkommen?", sagte die Kellnerin mit ernster Miene. Eigentlich wollte ich zunächst klarstellen, dass ich gar keine Freundin habe, doch dann folgte ich ihr die Treppen zu den Toiletten hinunter. Dort sah ich Sarah.
Halb sitzend, halb liegend, kümmerten sich zwei andere Frauen um sie und fächerten ihr Luft zu. Ihr Kreislauf hatte versagt, sie war kurz ohnmächtig geworden. Trotzdem konnte sie die beiden Ersthelferinnen und die Kellnerin überzeugen, dass sie keinen Krankenwagen benötige. "Es geht mir schon wieder gut, alles okay", sagte sie auch zu mir. Ihr Anblick sagte aber etwas anderes. Sarah war deutlich von der plötzlichen Kreislaufschwäche gezeichnet, ihre Gesichtsfarbe schwankte zwischen grün und weiß.
Sie sah in etwa so gesund aus wie das kleine, besessene Mädchen aus dem Horror-Klassiker "Der Exorzist", kurz bevor die unangenehme Sache mit der Erbsensuppe passiert. In diesem Moment wurde mir klar, dass das kein Okay-war-nett-ich-bin-dann-mal-weg-Date war, sondern dass ich Sarah in ihrem Zustand zumindest nach Hause bringen musste. Sie willigte ein und bedankte sich.
Auf dem Weg zur U-Bahn schien sich ihr Zustand an der frischen Luft zunächst auch zu bessern, unmittelbar nach Fahrtantritt erlitt sie aber einen schweren Rückschlag. Sarah wechselte wieder die Gesichtsfarbe und begann schnell zu atmen. Dann übergab sie sich mitten zwischen den anderen Fahrgästen, wir ernteten sehr böse Blicke.
Mit meinem medizinischen Halbwissen reimte ich mir eine Diagnose zusammen, nämlich dass Sarahs Kreislaufschwäche mit einer beginnenden Magen-Darm-Grippe zusammenhängen könnte. Sofort begann ich nachzudenken, ob ich mich angesteckt haben könnte. Was das i-Tüpfelchen auf einem ziemlich miesen Abend gewesen wäre.
Als wir endlich bei Sarahs Wohnung angekommen waren, schloss sie die Tür auf und rannte hastig ins Bad. Von dort aus ging sie direkt ins Bett und versicherte mir, dass es trotzdem ein schöner Abend gewesen sei und wir ja schreiben könnten. "Na klar", antwortete ich. Dann verließ ich die Wohnung, atmete tief durch und ging nach Hause. Gemeldet habe ich mich nie wieder. Und sie auch nicht.
