Treffen sich die Verlobte des zweitreichsten Mannes der Welt, eine berühmte Popsängerin, eine Moderatorin, eine Unternehmerin und zwei Wissenschaftlerinnen – und fliegen zusammen ins All.
Was sich zunächst anhört wie der Anfang von einem Witz, ist tatsächlich Realität. Heute steigen Lauren Sánchez, Verlobte von Amazon-Gründer Jeff Bezos und Katy Perry in Begleitung von vier weiteren Frauen in die Rakete "New Shepard" von Bezos' Raumfahrtfirma Blue Origin.
Für sage und schreibe zehn bis elf Minuten geht es auf etwa 100 Kilometer Höhe, eine kurze Phase der Schwerelosigkeit ist ebenfalls eingeplant. Kurztrips dieser Art ins All bietet Blue Origin schon seit 2021 an.
Dieser Weltraumtourismus ist an sich auf mehreren Ebenen problematisch. Nun aber sechs Frauen in eine Rakete zu stecken und das als Inspiration für die nächsten Generationen an Mädchen und Frauen zu sehen macht es nicht besser. Perry selbst sagte gegenüber "AP News", sie wolle jungen Mädchen zeigen, dass es keine Grenzen für sie gibt.
Wir brauchen FLINTA-Personen (Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender) als Vorbilder. Aber das muss authentisch ein. Sánchez und Perry funktionieren in diesem Kontext einfach nicht. Verlobe dich mit einem reichen Mann – dann darfst du in seiner Rakete mal ins All. Werde weltberühmt – dann kannst du deine Träume leben.
Die Outfits für die sechs Frauen wurden übrigens von Lauren Sánchez höchstpersönlich gestaltet. Es seien die ersten Weltraumanzüge, die explizit für Frauen konzipiert wurden. Bisher wurden diese für Männer entworfen und dann für Frauen angepasst. An der Stelle soll gesagt sein: Solche Anzüge individuell für unterschiedliche Körpertypen herzustellen, ist ein guter Ansatz.
Aber gegenüber der "New York Times" sagte Sánchez, die von ihr entworfenen Anzüge seien "elegant, bringen aber auch ein bisschen 'spice' ins All". Man habe etwas entwerfen wollen, das komfortabel sei, aber auch ein bisschen "gefährlich" wirke, wie ein Motocross-Outfit, ergänzt einer der Co-Designer. Es solle "schmeicheln und sexy sein".
Für das Outfit sei alles bis ins kleinste Detail geplant, selbst über die Unterwäsche hätte man sich abgestimmt. Sánchez werde hierfür etwas von der Marke Skims tragen, die Kim Kardashian gehört.
Und wieder die Frage nach der Vorbildfunktion. Heißt das, Frauen dürfen gerne ins All fliegen, aber sie sollen bitte ein paar schöne Klamotten dabei haben? Im Kontrast dazu steht, mit welchen Themen Männer sich beschäftigen, bevor sie so eine Reise antreten. Da stehen dann Technik, Wissen und Kompetenzen im Vordergrund. Aber fliegen sechs bekannte Frauen ins All, muss das Outfit sitzen.
Muss man denn wirklich selbst für mickrige zehn Minuten in einer Rakete ein Outfit entwerfen, das den "spice" mitbringt? Kann man als Frau nicht mal ins All fliegen, ohne dass Sexualität und Sexualisierung eine Rolle spielen? Muss man dabei wirklich die Unterwäsche einer Multimilliardärin tragen?
Und ja, natürlich ist das auch immer eine individuelle Entscheidung. Wenn jemand gerne in einem engen Anzug ins All fliegen möchte, ist daran grundsätzlich nichts auszusetzen.
Eine Mission wie die heutige ist aber kein Fortschritt für Frauen, wenn sich die meisten Gedanken um die Outfits der Frauen gemacht werden. Und wenn es sich hauptsächlich um Frauen handelt, die aus der obersten Oberschicht kommen.
Abschließend habe ich eigentlich nur noch eine Frage: Welche Unterwäsche tragen Männer eigentlich auf ihren Missionen ins All?