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Frauentag in Berlin: Verband will Feiertag streichen – nicht mit uns

08.03.2024, Hamburg: Am internationalen Frauentag demonstrieren mehrere hunderte Teilnehmer unter dem Motto "Feministischer Kampftag" auf dem Rathausmarkt in Hamburg f
Der Frauentag als Feiertag schafft Zeit für Demonstrationen.Bild: dpa / Ulrich Perrey
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Verband will Frauentag als Feiertag streichen: Ein unverschämter Vorschlag!

08.01.2025, 18:3308.01.2025, 18:34
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Der feministische Frauentag am 8. März dürfte in diesem Jahr den Herren der Unternehmensverbände (UVB) Berlin-Brandenburg echte Freudentränen in die Augen treiben.

Klingt erst einmal paradox: Wirtschaftler freuen sich, wenn Arbeitnehmer:innen einen freien Tag bekommen? Alte, weiße Männer freuen sich, wenn Frauen für ihre Rechte auf die Straße gehen?

Natürlich nicht, was habt ihr denn gedacht..

Der 8. März fällt in diesem Jahr auf einen Samstag. Aber lieber wäre den UVB-Herren, wenn er auf einen Sonntag fallen würde. Am liebsten hätten sie offenbar, wenn man den Feiertag einfach ganz streichen würde. So stört er schließlich die Wirtschaft nicht, nicht wahr?

Welt-Frauentag - Demonstranten auf der Demo von den Gewerkschaften DGB, Verdi, GEW und dem B�ndnis f�r sex. Selbstbestimmung, Demonstration am Internationalen feministischen Kampftag in Berlin, 08.03. ...
Die Gleichberechtigung ist im Grundgesetz verankert. Gelebt wird sie nicht immer.Bild: IMAGO images / KreativMedia Berlin / Marten Ronneburg

Der Vorstoß zu dieser unrevolutionären Idee stammt von UVB-Geschäftsführer Alexander Schirp.
Hmm?! Alexander Schirp. Schirp, Alexander.

Wo ist einem dieser Name in den vergangenen Tagen schon einmal untergekommen?

Ach ja! Bei der Forderung des Allianz-Chefs Oliver Bäte, dass Angestellte am ersten Tag der Krankmeldung keine Lohnfortzahlung vom Arbeitgebenden mehr bekommen sollen. Schirp findet natürlich auch das eine gute Idee.

Frauentag: Vorschlag von UVB-Geschäftsführer ist unverschämt

Und nun soll auch der feministische Kampftag für die Wirtschaft dran glauben. Er plädiert dafür, den "Frauentag zu flexibilisieren" und ihn jeweils auf einen Sonntag im März zu legen.

Einschub: Schirp hat schon mit einkalkuliert, dass es zu seinem Vorschlag Gegenwind geben wird. Er kenne das schon, mit den empörten Reaktionen auf solche Vorschläge, sagt er.

Okay, dann empöre ich mich mal.

Tatsächlich ist der Vorschlag so unverschämt, dass man sich zunächst wirklich einfach fragt, ob er ernst gemeint ist. So äußerte sich auch schon Berlins Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD). "Wenn das wirklich ein ernstgemeinter Vorschlag des UVB sein sollte, gibt es hier großen Diskussionsbedarf", sagte sie.

Sollte der Vorschlag ernst gemeint sein, bleiben nur zwei traurige Erklärungen, wie er zustande kommen konnte. Der UVB-Geschäftsführer hat entweder keine Ahnung von der Wichtigkeit des Frauentags, oder der Kampf für Frauenrechte ist ihm einfach nicht so wichtig.

Indizien dafür, was der UVB-Geschäftsführer vom Frauentag hält, hält auch die Wortwahl, die er zur Verteidigung seiner Idee nutzt, bereit: "Wir können natürlich so weiterwurschteln und Frauentag machen, aber dann muss keiner Krokodilstränen weinen, wenn wir nicht aus der Kurve kommen." Wurschteln. Krokodilstränen. Aha.

Herr Schirp, es ist wichtig, dass wir weiter "Frauentag machen". Und zwar genau am 8. März, an keinem anderen Tag.

Der Frauentag ist nicht willkürlich verschiebbar

Der Frauentag liegt bereits seit 1921 – seit über 100 Jahren – auf dem 8. März. 1977 wurde das Datum auch von der UNO-Generalversammlung offiziell zum "Tag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden" ernannt.

Das Datum einfach "flexibilisieren" zu wollen, signalisiert, dass der Frauentag – und damit verbunden auch feministische Themen – verhandelbar sind. Sind sie nicht!

Berlin war das erste Bundesland, das den internationalen Frauentag 2019 zum gesetzlichen Feiertag gemacht hat. Mecklenburg-Vorpommern ist das einzige Bundesland, das bisher nachgezogen hat.

Das ist eine wichtige Errungenschaft, nicht nur wegen der Signalwirkung, sondern auch, weil am 8. März traditionell zahlreiche Veranstaltungen und Demonstrationen stattfinden. Der arbeitsfreie Tag gibt den zeitlichen Raum, an diesen teilzunehmen und feministische Themen so in den Fokus zu rücken, zum Beispiel:

  • Seit fünf Jahren steigt die Zahl der Betroffenen von häuslicher Gewalt stetig an.
  • Fast jeden Tag gibt es in Deutschland einen Femizid.
  • Frauen können noch immer nicht selbstbestimmt über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden.
  • Der Gender Pay Gap lag 2023 laut Statistischem Bundesamt bei 18 Prozent.

Wie kann man angesichts dieser Fakten so achtlos und leichtfertig die Streichung des Feiertags und eine Verschiebung des Frauentags fordern?

Kitaplatz-Mangel kostet 23 Milliarden Euro

Für Schirp hingegen stehen die wirtschaftlichen Verluste durch den Feiertag im Vordergrund. Würde dieser wegfallen, "würden zusätzlich 230 Millionen Euro volkswirtschaftlich erwirtschaftet", sagt er.

Viel Geld, keine Frage. Aber es ist Geld, das man auch auf andere Weise erwirtschaften könnte.

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Ein Beispiel: Man könnte sich um den Ausbau der Kita-Plätze kümmern. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen in Deutschland rund 400.000. Viele Eltern und Alleinerziehende, und das sind vor allem Mütter, übernehmen die Betreuung. Sie würden gerne Arbeit aufnehmen oder die Arbeitsstunden erhöhen, können es aber nicht, erklärt Thomas Letixerant von der Bundesagentur für Arbeit dem NDR.

Laut Bericht fehlen der deutschen Gesamtwirtschaft durch den Mangel an Kita-Plätzen rund 23 Milliarden Euro.

Statt es sich also so leicht zu machen und den Frauentag als Feiertag zu streichen, könnte sich der UVB-Männerclub die Zeit nehmen, um mal über solche Lösungen nachzudenken – oder sich ganz generell mal mit Gleichberechtigung zu befassen. Auch dafür eignet sich der 8. März super, ist ja dieses Mal sogar am Wochenende, zwinker.

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