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Vollzeit-Erschöpfung: Die verzweifelte Suche nach einem Babysitter

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Babysitter:innen finden, die sich mit dem Kind, den Eltern und gegebenenfalls auch dem Hund gut verstehen – das ist eine echte Herausforderung.Bild: Shutterstock / ProStockStudio
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Erholung gegen Bezahlung: Die verzweifelte Suche nach einem Babysitter

Ehrlich, direkt und subjektiv: Unsere Redakteurin Julia schreibt in ihrer neuen Kolumne "Mom at Work" einmal pro Monat über die Freuden und Leiden einer in Vollzeit arbeitenden Mutter.
29.05.2023, 10:10
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Seit ich nach der Geburt wieder angefangen habe zu arbeiten, suche ich verzweifelt die fehlende Hälfte in meinem Leben: einen Babysitter. Denn bei einer 40-Stunden-Arbeitswoche plus Hund und Kind, beschränkt sich meine freie Zeit pro Tag auf maximal ein bis zwei Stunden am Abend, wenn der Sprössling endlich schläft.

Grob berechnet, hat ein Mensch bei einer Vollzeitstelle 72 Stunden Freizeit pro Woche, über die er frei verfügen kann. Mit Kind bleiben mir davon 7 bis 14 Stunden übrig.

"Meine Freizeit besteht eher aus Zombie-Modus statt entspannter Me-Time."

Und wer denkt, dass nach einem langen Arbeitstag ein bis zwei Stunden Freizeit doch genug sind für Hobbys oder Entspannung, irrt sich leider: Denn oft genug muss ich diese Zeit für den Haushalt opfern oder schaffe es nur noch, vor dem Fernseher zu kollabieren. Meine Freizeit besteht eher aus Zombie-Modus statt entspannter Me-Time.

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Ich weiß, ich weiß: selber Schuld. Ein Kind zu bekommen, war schließlich meine Entscheidung. Jetzt muss ich eben damit leben, dass ich kein eigenes Leben mehr habe. Und Vollzeit zu arbeiten, ist auch meine freie Entscheidung gewesen. Mir war ebenfalls bewusst, dass ich mit der Geburt eines Kindes zwar viel Schönes in mein Leben bringe, aber für sehr lange Zeit eben auch sehr viel Freizeit verliere.

Tired mother, trying to pour coffee in the morning. Woman lying on kitchen table after sleepless night, trying to drink coffee
Ich bin morgens immer müde, aber abends bist du wach: Mutterliebe kennt keinen Schlaf. Bild: iStockphoto / tatyana tomsickova

Trotzdem finde ich, dass ich trotz meiner Lebensentscheidungen auch ein Anrecht auf Erholung habe. Schließlich nützt es weder meiner Familie noch dem Arbeitgeber, wenn ich irgendwann im Burnout lande. Doch wie soll ich diese Erholung finden?

Es gibt kein Dorf zur Kinderbetreuung

Fest steht: Als Vollzeit-Mama brauche ich Unterstützung von außerhalb meiner Kernfamilie.

Laut afrikanischem Sprichwort braucht es ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen. Wir haben nicht mal die Großeltern in der Nähe.

Dann vielleicht die Freunde zum Babysitten anfragen? Klar, geht ausnahmsweise mal. Und wir haben zwar einen treuen Freundeskreis, doch den kann man auch nicht überstrapazieren.

Es ist gar nicht so einfach, dieses vielfach angepriesene Care-Netz außerhalb der Kernfamilie aufzubauen. Nicht in dieser Gesellschaft. Es bleibt also nur der Babysitter als Möglichkeit, um nach der Arbeit auch noch etwas Freizeit zu haben.

Doch eine Kinderbetreuung zu finden, die zu unseren Bedürfnissen passt, erscheint mir inzwischen fast unmöglich. Und das hat mehrere Gründe.

Die schwere Suche nach der perfekten Nanny

Eine Nanny zu finden ist schwerer, als eine günstige Altbau-Mietwohnung im Zentrum Berlins. Zig Babysitter habe ich schon angefragt, mich sogar auf kostenpflichtigen Websites angemeldet und meine wenige freie Zeit nach der Arbeit für die stundenlange Suche vergeudet. Die Recherche ist knifflig, denn natürlich muss der Babysitter zu den eigenen Bedürfnissen passen und erschwinglich sein.

Fremdsprachen wären nett, aber bei einem Kleinkind, das gerade die deutsche Sprache lernt, wäre ein Muttersprachler vielleicht doch besser. Eine 18-jährige Nanny wäre billiger, aber ist sie nicht noch zu sprunghaft? Die hier wäre toll, hat aber nie am Wochenende Zeit, die andere mag keine Hunde. Und überhaupt, ein abgeschlossener Erste-Hilfe-Kurs wäre doch schon wichtig, oder?

Ein guter Babysitter sollte schon etwas Erfahrung damit haben, wie man mit Kindern umgeht.
Ein guter Babysitter sollte schon etwas Erfahrung damit haben, wie man mit Kindern umgeht. Bild: iStockphoto / fizkes

Fragen über Fragen. Neben dem schlechten Gewissen, das Kind neben einer Vollzeitstelle auch noch ab und an fremdbetreuen zu lassen, kommt die Angst dazu: Es ist keine einfache Entscheidung, eine kleines, hilfloses Lebewesen, das man über alles liebt, einer unbekannten Person anzuvertrauen.

"Klar, ein Kleinkind zu betreuen ist anstrengend. Aber auch wieder nicht so schlimm, dass es einen Stundenlohn über dem Niveau einer Pilotin rechtfertigt."

Das finden übrigens auch viele andere fremde Menschen, die anonym ja besonders gerne ihren Senf zu allem möglichen hinzufügen müssen. So erzählte mir eine Mutter, die ihre Babysitter-Suche online gestellt hatte, dass sie statt Angeboten vor allem empörte Zuschriften bekam. Wie könne sie bloß erst ein Kind wollen, dass sie dann abgeben will? Und überhaupt sei es unverantwortlich, in einer gefährlichen Großstadt voller Pädophiler sein Kind jemand anderem anzuvertrauen.

Wie teuer darf Kinderbetreuung sein?

Von solchen Hatern würde ich mich nicht davon abbringen lassen, einen Babysitter zu suchen. Wohl aber von der Frage nach dem Geld: Die Zeiten, in denen Teenager für 20 Euro pro Abend auf die Kinder aufgepasst haben, sind vorbei. Entschuldigung an alle Schwangeren, deren Illusionen einer externen Betreuungshilfe ich gerade zerstöre.

Der durchschnittliche Stundenlohn auf Babysitter-Seiten beträgt 20 Euro – pro Stunde! Manche verlangen dafür sogar 35 Euro. Das ist nicht ohne, bei einem Mindestlohn von 12,50 Euro. Ich meine: Klar, ein Kleinkind zu betreuen ist echt anstrengend. Aber auch wieder nicht so schlimm, dass es einen Stundenlohn über dem Niveau einer Pilotin oder Ärztin rechtfertigt.

Eine nette Babysitterin bereichert das Leben der Eltern und des Kindes.
Eine nette Babysitterin bereichert das Leben der Eltern und des Kindes.pexels/maria orlova

Dazu kommt, dass viele Nannys die Bezahlung bar auf die Kralle wollen, ohne Quittung, womit ich das Ganze nicht mal bei der Steuer absetzen kann. Ich wäre die Letzte, die sich gegen eine faire Bezahlung für eine anstrengende Arbeit ausspricht. Doch viele Babysitter mit hohen Stundenlöhnen haben noch nicht mal groß Erfahrung mit Kindern. Ohne Ausbildung das Doppelte des Mindestlohns zu verlangen und das schwarz an der Steuer vorbei, ist schon happig.

Denn was man gerne vergisst: Wenn man dann schon mal einen freien Abend hat, unternimmt man ja auch was. Damit gibt man nicht nur circa 80 bis 100 Euro für den Babysitter aus, sondern zusätzlich noch 50 bis 100 Euro für ein Essen, ein Konzert oder Drinks.

Diese erkaufte Freizeit mit Babysitter könnte ich mir trotz Vollzeitarbeit vielleicht einmal im Monat leisten. Aber nicht jede Woche, wie es manche Therapeut:innen auf ihre süße, unschuldig-naive Art empfehlen, um die Beziehung und das eigene Wohlbefinden zu erhalten.

Geld weg, Zeit weg, Babysitter weg

Aber zurück zu unserer persönlichen Babysitter-Odyssee: Fünf Frauen haben wir kennengelernt, zweimal hat es für uns nicht gepasst, einmal hatte der Hund eine akute und unerklärliche Ablehnung gegen die Dame und zweimal schien es das perfekte Match zu sein. Eltern happy, Hund friedlich, Kind begeistert und Nanny zufrieden. Also perfekt? Zumindest für eine kurze Zeit.

Wie schön es ist, wenn die Kleinen mal nicht an Mamas Hosenbein kleben.
Wie schön es ist, wenn die Kleinen mal nicht an Mamas Hosenbein kleben.pexels/lina-kivaka

Beide Male hatten die Frauen nach einer teuren Eingewöhnungszeit wieder abgesagt. Weil ihr eigenes Leben dazwischenkam, mit mehr Projekten, einer neuen Ausbildung und sie nun doch nicht genug Zeit für einen Nebenjob hätten.

Somit hatten wir also mehrere Abende eine Nanny bezahlt, ohne etwas davon zu haben. Mehrere hunderte Euro ausgegeben, nur um im Nebenraum zu sitzen und im Notfall erreichbar zu sein, während Kind und Betreuerin im Kinderzimmer eine Vertrauensbeziehung zueinander aufbauten. Schließlich lässt man als vorbildlich besorgte Mama sein Kind nicht von einer Fremden ins Bett bringen, die es zum ersten Mal sieht. Von unserer Nanny-Suche hatten wir außer weniger Geld im Portemonnaie also erst mal gar nix.

Inzwischen habe ich es aufgegeben, einen Babysitter zu finden. Ich habe mich damit abgefunden, dass eine Date-Night mit meinem Mann zum Ausnahmezustand wird. Nämlich nur dann, wenn eine Freundin Zeit hat, oder man sowieso bei den Großeltern ist. Vielleicht können wir ja auf Skype-Dates umsteigen: Einer sitzt im Kinderzimmer und einer im Wohnzimmer. Man muss ja auch mit der Zeit gehen.

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