Es sind bestimmte Schlagwörter in der Stellenanzeige, auf die wir Mütter auf Jobsuche anspringen: "flexible Arbeitszeiten", "familienfreundlich", "Teilzeitarbeit" und "Work-Life-Balance".
Natürlich geht es bei der Wahl eines neuen Arbeitsplatzes auch um harte Fakten wie Gehalt, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeit. Denn die Kinder brauchen schließlich Essen, Spielzeug und eine zufriedene Mama. Aber für berufstätige Mütter haben die Soft Skills des Arbeitgebers einen hohen Stellenwert – oft sogar den höchsten. Doch viele Versprechungen sind bloß heiße Luft.
Da kann der Job noch so gut bezahlt und prestigeträchtig sein – wenn die Arbeitsatmosphäre voll Konkurrenz statt Kollegialität ist, der Workload so hoch, dass wir den ganzen Tag Stress haben oder Chef:in und Kolleg:innen kein Verständnis dafür aufbringen, dass wir nicht ständig Überstunden abschrubben können oder mal das kranke Kind abholen müssen, singen wir Mamas: "Baby, bye, bye, bye!"
Natürlich wollen viele Mütter – entgegen hartnäckiger Gerüchte – einen guten Job und manchmal auch Karriere machen. Aber wir haben gelernt, dass wir uns dafür selbst nicht aufgeben wollen und schon gar nicht unsere Kinder.
Darum nervt es mich auch so, wenn ich immer wieder aus meinem Umfeld Geschichten aus dem Arbeitsleben höre, wie schlecht berufstätige Mütter behandelt werden. Denn wenn für Frauen die Karriere-Decke gläsern ist, ist sie für Mütter aus Beton.
Da können Arbeitgeber:innen noch so oft beteuern, dass sie in ihrem Unternehmen Mütter fördern und Frauen unterstützen wollen. Wenn mir meine Freundin erzählt, dass ihr Chef ihr dezent nahelegt, ihre Leitungsposition aufzugeben, weil das doch viel angenehmer für sie und ihre Kinder wäre, werde ich fuchsteufelswild. Das nennt man: eiskalt aus dem Job drängen.
Eine andere befreundete Mutter, Anwältin, erzählte mir immer wieder, wie ihre männlichen Chefs sie dafür kritisierten, zu wenig Stunden zu arbeiten.
In einem anderen Gespräch ging es darum, ob sie in Teilzeit arbeiten könne – in einem Kleinbetrieb hatte sie keinen Rechtsanspruch auf Teilzeit und war auf den guten Willen ihrer Arbeitgeber:innen angewiesen – und man sagte ihr allen Ernstes, sie könnte ja nicht erwarten, dass ihr Beruf mit einer Familie vereinbar sei.
In ihrem neuen Job ging es weiter mit der Diskriminierung: Ein Chef ging sogar sie so weit, sie als "Low Performer" zu bezeichnen. Meine Freundin war komplett verdutzt, denn sie erledigte alle ihre Aufgaben gut und gewissenhaft und hatte bisher noch keine Kritik für dafür bekommen.
Solche Geschichten machen mich immer noch sehr, sehr wütend und fassungslos. Wie immer wird hier nur das Symptom statt die Ursache bekämpft. Statt sich zu fragen, ob die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter:innen, auch die ohne Kind, motivierend und unterstützend sind, wird jede:r, der nicht funktioniert, an den Wurzeln gepackt und rausgerissen, also gekündigt. Oder zur Kündigung "ermuntert".
Es gäbe so viele Möglichkeiten, Mütter in ihrer Karriereplanung zu unterstützen: Home Office, flexible Arbeitszeiten, möglicherweise eine Kinderbetreuung im Büro oder – viel zu selten genutzt – Job-Sharing.
Ein Modell, dem viele Unternehmen noch kritisch gegenüber stehen. Beispiele aus der Praxis zeigen aber: Es kann funktionieren. Im besten Fall ergänzen sich die Kompetenzen zweier Personen auf einer Stelle.
Viele Frauen wollen nach der Geburt erst einmal eine Weile kürzer treten. Warum nutzen Arbeitgeber:innen das nicht, um zwei Frauen auf eine Stelle zu besetzen? Statt von der Frau zu verlangen, in Teilzeit die gleiche Leistung wie in einer 40-Stunden-Woche zu erbringen oder sich aufzuregen, dass so viel liegen bleibt.
Der Verband für Fach- und Führungskräfte (DFK) sieht bei einer Führung in Teilzeit viele Vorteilen für den Betrieb. Teilzeitkräfte seien kreativer und oft auch motivierter, da ihnen weniger Arbeitsstunden für ihre Aufgaben zur Verfügung stünden und sie ihren Job mit Familie und Freizeit integrieren könnten.
Immer wieder werden Studien veröffentlicht, dass Mütter sich im Job diskriminiert fühlen. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Appinio und der Digitalmarketing-Plattform OMR ergab 2021: Von den Frauen mit Kind gab mehr als jede Dritte an, dass ihnen der Wiedereinstieg in den Job erschwert worden sei.
38 Prozent der Mütter gaben an, sie seien aufgrund ihrer Mutterschaft im Job diskriminiert worden. Eine traurige Erkenntnis: Von den Führungskräften hatte etwa jede zweite Mutter schon Diskriminierung erfahren.
Befragt wurden 622 Frauen aus unterschiedlichen Bereichen von Gesundheitswesen über Versicherung bis Automobilbranche. Knapp die Hälfte von ihnen (45 Prozent) hatte Kinder, die anderen (noch) nicht.
Ich gebe zu: Mütter sind komplizierter für Arbeitgeber:innen. Unsere Bedürfnisse sind anspruchsvoller als die von zwanzigjährigen Berufsanfänger:innen, die sich für einen Obstkorb und einen Kicker mit einem niedrigen Lohn und Überstunden zufriedengeben.
Unsere Lebensverhältnisse verursachen erst mal ein bisschen Mühe: Erst muss eine Karenzvertretung gefunden werden, später eine Lösung für einen möglichen Teilzeitwunsch und dann auch noch Verständnis und Flexibilität, wenn das Kind das dritte Mal im Monat krank ist.
Aber so ist der Lauf der Dinge. Menschen kriegen Kinder. Auch die Kolleg:innen und Chef:innen können in diese Situation geraten. Kinder werden anfangs oft krank, das kann man nicht verhindern. Meisten arbeiten Mütter dafür aus schlechtem Gewissen weiter, wenn sie dann selbst krank werden.
Wir tun bereits, was wir können, um in der Arbeitswelt mitzuhalten. Wir können zwar im Job so tun, als hätten wir keine Kinder. Aber Fakt ist. Wir haben welche. Und darum brauchen wir im Job Unterstützung und Verbündete. Auch außerhalb der Mutter-Blase. Auch von Menschen ohne Kinder.
Denn: Es lohnt sich, in Mütter zu investieren. Wie ich bereits in einem Artikel geschrieben habe, lernen wir durch die Mutterschaft nicht nur viele nützliche Job-Skills und arbeiten höchsteffizient. Wir sind auch unglaublich dankbar für das Vertrauen einer Firma. Mütter sind, wenn die Bedingungen passen, ihrem Arbeitgeber oft sehr loyal gegenüber.
Außerdem ist die Förderung von Müttern auch eine Investition in die Zukunft: Kinder sind zukünftige Fachkräfte, Steuer- und Rentenzahler. Wie eine weise Kollegin mir sagte. "Eltern leisten die Kraftarbeit, von der die Gesellschaft in 30 Jahren profitiert. Sie dabei nicht zu unterstützen, ist kurzsichtig und zutiefst unsolidarisch."
Und von langjährigen Mitarbeiter:innen mit viel Know-How, die sind auskennen und auch neue Angestellte unter ihre Fittiche nehmen können, profitiert schließlich jede Firma.