Endlich wieder gemeinsam in Cafés, Restaurants und Bars sitzen, draußen mancherorts sogar ohne Test. Gemeinsam mit Freunden und Freundinnen feiern, tanzen und den Sommer genießen. Gerade viele junge Menschen haben in den vergangenen zwei Jahren stark unter der Einschränkung ihrer Freiheit gelitten. Die neuen Corona-Lockerungen sorgen bei vielen deshalb geradezu für euphorische Stimmung – und bei manchem Virologen für sorgenvolle Warnungen, die neuen Freiheiten nicht zu stark auszureizen.
Watson hat mit acht jungen Menschen darüber geredet, wie sie mit den Lockerungen umgehen und was sie Kritikern und Kritikerinnen eines freieren Lebensstils entgegnen würden.
Franziska S., 26, ist Studentin und wohnt in Berlin.
"Ich habe bisher erst einmal in der Außengastro gegessen, weil mich die Sorglosigkeit der anderen Leute verunsichert. Viele tragen keine Maske mehr, halten keinen Abstand. Zudem hat das Restaurant nicht nach unserem negativen Corona-Test gefragt.
Ich warte deshalb noch, bis ich vollständig geimpft bin, erst dann kann ich Menschenansammlungen wieder unbeschwert entgegentreten. Sich jetzt auf den letzten Metern bis zur Impfung noch anzustecken, würde mich einfach extrem ärgern."
Theresa M. (Name von der Redaktion geändert), 19, Abiturientin aus Berlin.
"Durch die Corona-Lockerungen habe ich die Möglichkeit genutzt, mit meiner besten Freundin auf eine Abitur-Abschlussreise nach Kroatien zu fahren. Dazu mussten wir geimpft, genesen und/oder negativ getestet sein und auch hier in Kroatien werden wir getestet. Wir können hier in Open-Air Clubs feiern und auch in Restaurants gehen, weshalb das Risiko höher ist, an Corona zu erkranken.
Ich kann die Kritik von Außenstehenden nachvollziehen, da Jugendliche durch so ein Verhalten die Pandemie nicht eindämmen, sondern eher verschlimmern. Jedoch muss ich sagen, dass ich hier vor Ort viel weniger Kontakt mit fremden Menschen habe, als wenn ich einfach durch die Stadt in Berlin laufe. Dort ist viel mehr Gedränge, mehr Menschen auf weniger Raum und hier ist deutlich weniger los, weil die Saison gerade gestartet ist und noch keine weiteren Urlauber hier sind.
Außerdem gibt es auch noch Einschränkungen wie zum Beispiel die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen, Vorzeigepflicht des negativen Antigen-Tests oder die Schließung aller Clubs und Bars nach 23 Uhr. Ich habe diesen Urlaub genutzt, da ich sonst mit meinen Freunden in der Abiturzeit nichts machen konnte. Wir hatten keine richtige Motto-Woche, können keinen Abiball feiern und auch sonst bin ich zu Hause in keine Clubs und Bars oder auf private Feiern gegangen.
Ich werde mich hier natürlich, bevor ich nach Deutschland einreise, testen lassen und sofort auch nochmal in Deutschland, um niemanden aus meinem Umkreis zu gefährden. Mir ist sehr wichtig, dass ich meine Eltern oder andere Menschen, mit denen ich täglich Kontakt habe, nicht in Gefahr bringe, weshalb ich mich regelmäßig teste. Aber meine Jugend möchte ich trotzdem genießen."
Laura B., 26, ist Studentin an der UdK Berlin und wohnt in Berlin-Neukölln.
"Ich kann nicht leugnen, dass das Bedürfnis, das letzte Jahr nachzuholen, groß ist. Schließlich wurde ich – wie viele andere junge Menschen – eines Teils meiner Zwanziger beraubt. Ich schwelge immer wieder in der Vergangenheit und ertappe mich dabei, wie ich mich um die Jahreszahl korrigieren muss: 'Letztes Jahr, äh nein, vorletztes Jahr.'
2020 ist teilweise wie ausgeblendet. Heute, im Juni 2021, bin ich optimistischer als vergangenes Jahr um diese Zeit. In meinem Umkreis fällt häufig der Satz 'Diesen Sommer lassen wir uns nicht nehmen'. Als wäre der Sommer eine Art Legitimation, die weltweit herrschende Pandemie kurz an die zweite Stelle im eigenen Leben zu rücken. Vielleicht ist er das auch: Sinkende Inzidenzen und rasante Lockerungen in Berlin sprechen für mich jedenfalls dafür.
Ich freue mich darauf, endlich die Stadt, die mir sonst so viel Energie gibt, zurückzuhaben. Und entgegen allen kritischen Stimmen, die behaupten, die jungen Menschen wollen ja nur Party machen kann ich entgegnen: Ich möchte einfach wieder das Gefühl haben, selbstbestimmt zu leben. Mich mit Freundinnen im Café treffen, sonntags auf dem Flohmarkt bummeln, in der Uni mit echten Menschen und nicht mit kleinen Computer-Kacheln sprechen, Ausstellungen besuchen und zum Sport gehen. Und wenn da ab und zu am Wochenende eine Party dazugehört, dann ist das mit Mitte 20 doch wohl keine Schande, oder?
Aber die jungen Menschen nur auf diesen Party-Aspekt zu reduzieren, ist Schwachsinn. Es fehlten den jungen Menschen im letzten Jahr schließlich wichtigere Dinge für die persönliche Weiterentwicklung, als durchtanzte Nächte in schwitzigen Menschenmengen. Trotzdem blicke ich voller Vorfreude auf genau dieses Szenario. Und empfinde nichts Verwerfliches daran."
Lea C., 19, wohnt in Chemnitz und ist Kauffrau für Büromanagement.
"Ich versuche, den Kontakt momentan trotz der Lockerungen gering zu halten. Es ist dennoch schade, dass ich meine Freunde so selten sehe und wir nichts so richtig unternehmen können. Aber wir gehen von einem Ende aus. Umso mehr schätzen wir es, wenn wir wieder essen gehen, uns in eine Bar setzen können...
Ich wünsche mir natürlich, dass sich die weltweite Lage endlich bessert, wir keine Beschränkungen mehr haben und sich jeder wieder freier fühlen kann. Denn durch Corona kam es in letzter Zeit ja oft zu vielen Unstimmigkeiten und Diskussionen."
Hannah M., 30, wohnt in Berlin-Friedrichshain und arbeitet als Gesundheitswissenschaftlerin
"Vor Corona war ich an den Wochenenden nur unterwegs. Nach diesem letzten verrückten Jahr in einer 'Abstandsgesellschaft' verbringe ich die Wochenenden noch eher in einem kleinen Kreis mit Freunden und Freundinnen und meinem Hund im Park.
Nichtsdestotrotz wünsche ich mir das Freiheitsgefühl und die Leichtigkeit von der Zeit vor Corona zurück, denn das Feiern und die tanzenden, glitzernden Menschen fehlen mir dann einfach doch zu sehr.“
Lea F., 19, aus Barnim ist Studentin in Berlin und tätig im Einzelhandel.
"Ja, ich treffe mich mit einer größeren Gruppe in Bars oder an Seen. Dabei genießen wir die Lockerungen bei dem aktuellen Wetter und das Zusammensein, halten uns aber dennoch an bestehende Regeln und Maßnahmen.
Auf Kritik seitens der Älteren reagieren wir meist kaum oder argumentieren mit dem Aspekt, dass wir alle negativ getestet sind, der Großteil von uns geimpft ist und wir durchgehend darauf achten, uns und andere weiterhin weitestgehend zu schützen."
Marie B., (Name von der Redaktion geändert), 19, aus Berlin.
"Die aktuelle Lockerung empfinde ich als ein bisschen mehr Freiheit. Das Treffen in Bars und das Feiern mit Freunden ist das Beste, was man nach langer Zeit wieder machen konnte, denn diese Einschränkung war sehr belastend und eine Zerreißprobe für viele Freundschaften.
Jeden Tag die Wohnung nicht verlassen zu können, löst in einem schon etwas Trauer und Wut aus. Dass sowas als Kritik angesehen wird, wieder in Gruppen was zu unternehmen, ist wahrscheinlich die Angst anderer, dass die Pandemie schneller wieder zurückkommt, als einem lieb ist, obwohl alles vorschriftsgemäß eingehalten wird. Da alles noch recht neu ist, muss man sich erstmal wieder an die Normalität des Lebens gewöhnen und ich wünsche mir, dass die Pandemie schnellstmöglich ein Ende nimmt."
Tom A. (Name von der Redaktion geändert), 20, ist Student aus Barnim.
"Die Lockerungen verbreiten nach langer Zeit der Einschränkung endlich wieder gute Laune und Momente, auf die man sich freuen kann. Denn wegen der Uni nur zu Hause zu sitzen, alleine, macht uns alle auf Dauer ziemlich fertig. Ich gehe mit meinen Freunden wieder öfter raus, gehe in Bars... Es macht einen einfach wieder glücklich."